Für eine gewerkschaftliche Kampagne in den Betrieben
Jedes Jahr zum 8. März werden Fakten und Zahlen veröffentlicht, welche die Lage der Frauen weltweit und in Deutschland vergegenwärtigen.
von Angelika Teweleit, Berlin
Doch Bekenntnisse zur allgemeinen Betroffenheit, wie sie insbesondere von Vertreter*innen der etablierten Parteien von CDU bis SPD und Grünen verlautbart werden, verändern rein gar nichts.
Immer noch beträgt die Lohnungleichheit zwischen Frauen und Männern etwa 21 Prozent in Deutschland, doch der Niedriglohnsektor bleibt bestehen. Immer noch wird im Schnitt jeden dritten Tag eine Frau durch häusliche Gewalt ermordet, doch es gibt kein flächendeckendes Angebot an Frauenhäusern und es fehlen tausende von Plätzen für Frauen mit Kindern, die Zuflucht suchen. Stetig steigt die Zahl der von Menschenhandel betroffenen Frauen, und Deutschland bleibt ein Eldorado für Zuhälter. Dies sind nur einige der Missstände, die das Leben von Millionen von Frauen und Mädchen beeinträchtigen. Hinzu kommt ein durch Werbung und Medien verbreitetes diskriminierendes Frauenbild, welches dazu beiträgt, dass sich das Bewusstsein, Frauen könnten als Objekt behandelt werden, in vielen Köpfen weiterhin festsetzt.
Feministischer Streik
Seit einigen Jahren kursiert die Idee des feministischen Streiks, um auf die Missstände aufmerksam zu machen und die Stärke von Frauen zu befördern. Es ist absolut richtig, die Idee von Arbeitsniederlegungen als effektivstes Mittel für den Protest und die Durchsetzung von Forderungen aufzubringen. Der Weg dorthin scheint aber noch weit.
Der Kampf für gleiche Rechte, Lohngleichheit, ein Ende von Gewalt gegen Frauen und gegen Diskriminierung ist ein Teil des Kampfes gegen Sozialabbau, Kürzungspolitik und Kapitalismus. Deshalb ist es wichtig, nicht die männlichen Kollegen als Gegner zu verstehen, sondern sie für das gemeinsame Handeln zu gewinnen, so wie es zum Beispiel 2019 in Schottland Solidaritätsstreiks von männlichen Arbeitern für den Streik von Frauen für gleiche Löhne im öffentlichen Dienst gab. Das ist der richtige Weg: größtmögliche Einheit im Kampf für Lohngerechtigkeit und gegen Diskriminierung – von deutschen wie nichtdeutschen Frauen und Männern in Ost und West.
Die Gewerkschaften könnten mit ihrer Mitgliederstärke in Kampagnen gegen sexistisches Bewusstsein auch eine enorm wichtige Rolle spielen. Würden sie offensiv die Themen “Gewalt gegen Frauen” und “Sexismus am Arbeitsplatz” aufgreifen, es in Versammlungen diskutieren und zu gemeinsamen Aktionen von weiblichen wie männlichen Kolleg*innen mobilisieren, könnten sie helfen, das Bewusstsein zu verändern. Ein Streik für gleiche Löhne, ein Ende jeglicher Diskriminierung, für die ausreichende Finanzierung von selbstverwalteten Frauenhäusern, für massive Investitionen in alle Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge, für ein Verbot sexistischer Werbung müsste – um wirklich flächendeckend und effektiv zu sein – von den Gewerkschaften vorbereitet und umgesetzt werden und sollte auch mit einer antikapitalistischen Perspektive verbunden werden. Von den jetzigen Gewerkschaftsführungen ist so etwas nicht zu erwarten. Der Aufbau einer kämpferischen Alternative, wie mit der “Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften” (VKG), kann dafür ein Hebel sein.