Corona: Menschen schützen, nicht Profite!

Das sozialistische Programm der Sol gegen Corona, Krise und Kapitalismus 

Die Ausbreitung des Coronavirus ist gefährlich und bedroht das Leben von Tausenden. Ein Blick nach Italien reicht, um eine Vorstellung davon zu bekommen, wie sehr die Situation angesichts eines überlasteten Gesundheitswesens außer Kontrolle geraten kann. In Deutschland wurde, wie in vielen westlichen Ländern, versäumt frühzeitige und entschlossene Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung zu ergreifen, um ein exponentielles Wachstum der Infizierungen zu verhindern. Dass dies möglich war, scheinen Länder zu zeigen, die die Verbreitung des Virus eindämmen konnten, obwohl sie deutlich mehr Austausch mit China haben. Umso wichtiger ist, dass nun nicht weiter gezögert wird, sondern alle Maßnahmen ergriffen werden, die dem Schutz der Bevölkerung dienen können. Dabei dürfen nicht die Profitinteressen von Unternehmen und Banken im Weg stehen. Und nicht die Lohnabhängigen, Erwerbslosen, Rentner*innen, Studierenden und Familien sollen für die Kosten der Corona-Krise bezahlen, sondern diejenigen, die seit Jahren privaten Reichtum in ihren Händen konzentrieren und nicht im Interesse der Gesellschaft einsetzen.

Die Reichen sollen zahlen!

Wir fordern deshalb eine einmalige Corona-Abgabe auf Vermögen ab einer Million Euro zur Finanzierung der nötigen Maßnahmen – zehn Prozent ab der ersten Million, zwanzig Prozent ab zehn Millionen, dreißig Prozent ab hundert Millionen Euro Privatvermögen.

Kontaktverbote und Ausgangssperren

Bundesregierung und die Ministerpräsident*innen der Länder haben am 22. März ein Maßnahmenpaket zur Eindämmung der Corona-Infektionswelle beschlossen. Die weitestgehende Maßnahme ist das Verbot von Menschenansammlungen, die größer als zwei Personen sind. 

Aber die Menschen fragen sich zurecht, wieso viele weiterhin jeden Tag in überfüllten öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit fahren und dort mit oftmals dutzenden oder hunderten Kolleg*innen zusammen treffen sollen, um Dinge herzustellen, die zur Aufrechterhaltung der lebensnotwendigen Versorgung in dieser Krise nicht nötig sind. Waffen zum Beispiel oder Kühlschränke, Kleidung, Werbung und Möbel. 

Die #stayathome-Kampagne lenkt auch davon ab, dass weitergehende, notwendige Maßnahmen nicht ergriffen werden, weil die Profitinteressen der Unternehmen auch in Zeiten der Pandemie im Zweifelsfall vorgehen. Sie individualisiert die Verantwortung für die Ausbreitung des Virus, wo es eigentlich angemessen wäre, die politische Verantwortung der Regierenden in den Fokus zu rücken. 

Wir fordern, die sofortige Schließung aller Betriebe mit Ausnahme derjenigen, die für die lebensnotwendigen Versorgungsabläufe gebraucht werden. Um dies zu entscheiden, sollen demokratische Gremien bestehend aus gewählten Vertreter*innen von Belegschaften, Gewerkschaften, Verbraucherschutzorganisationen, Ärzt*innenschaft und von Regierungen auf allen Ebenen eingerichtet werden, in denen die Vertreter*innen der Arbeiter*innenklasse die Mehrheit stellen. 

Tests ausweiten 

In Deutschland ist es vielerorts unmöglich, überhaupt einen Test zu machen, selbst wenn man über entsprechende Symptome klagt. Wenn man nicht in einem Risikogebiet war oder direkten Kontakt zu einem oder einer Infizierten hatte, werden einem Tests vielfach verweigert. Auf Testergebnisse wartet man tage- oder gar wochenlang. Dringend muss die Zahl der Corona-Tests massiv erhöht werden, damit Menschen nicht unwissentlich das Virus weitertragen.Dazu müssen alle notwendigen Investitionen in einen Ausbau von Testgeräten und Laborkapazitäten getätigt werden. 

Produktionsplan nötig 

Außerdem ist ein Notfallplan zur Herstellung von Medikamenten, Schutzkleidung, medizinischen Geräten und für den Ausbau von Krankenhauskapazitäten nötig. Die Umstellung von Produktion auf sinnvolle und notwendige Produkte ist möglich, wie sich gerade an der – viel zu späten – Umstellung der Produktion beim Sportartikelhersteller Trigema auf Mundschutze und bei Volkswagen auf Medizingeräte zeigt. Betriebsräte der „Alternative“-Gruppe bei Daimler haben weitere Vorschläge gemacht, was in ihrem Werk in Berlin-Marienfelde für den Kampf gegen das Virus produziert werden könnte. Es ist nötig, dass die Produktion sofort überall unter die Kontrolle der Beschäftigten und ihrer Gewerkschaften gestellt wird, um eine solche Umstellung der Produktion zu erreichen. Zusätzlich sollten Atemschutzmasken in solchen Betrieben konfisziert und an die Krankenhäuser verteilt werden, deren Produktion eingestellt werden kann. 

Arbeiter*innenrechte schützen!

Keine der notwendigen Maßnahmen darf auf Kosten der lohnabhängigen Bevölkerung umgesetzt werden. Alle Beschäftigten, die freigestellt werden oder zur Kinderbetreuung zu Hause bleiben müssen, müssen ihren vollen Lohn gezahlt bekommen. Beschäftigte, die in der jetzigen Situation weiter arbeiten müssen und sich so einem erhöhten Risiko aussetzen, sollen Zuschläge von mindestens fünfzig Prozent erhalten. 

Mehr Personal in Krankenhäusern 

Beschäftigte im Gesundheitswesen sollten einen Zuschlag von hundert Prozent erhalten. Auf dieser Basis sollten ehemalige Krankenpfleger*innen – von denen es 200.000 gibt! – und Ärzt*innen mobilisiert werden, um dem Personalmangel in den Krankenhäusern unmittelbar entgegenzuwirken. Alle nicht medizinisch absolut notwendigen Tätigkeiten müssen in den Krankenhäusern verschoben werden. Die Aufhebung der Personaluntergrenzen durch Krankheitsminister Spahn muss rückgängig gemacht werden.

Preiskontrollen!

Geldgierige Hersteller und Händler treiben die Preise für Medikamente, Desinfektionsmittel und Schutzkleidung in die Höhe. Die Produktion muss unmittelbar an die öffentliche Hand unter demokratischer Kontrolle und Verwaltung der arbeitenden Bevölkerung übergehen. Preise müssen demokratisch kontrolliert und Obergrenzen festgelegt werden.

Millionen retten, nicht Milliardäre

Die Bundesregierung hat ein milliardenschweres Rettungspaket beschlossen, um einen völligen Absturz der Wirtschaft zu verhindern. Das Problem ist, dass Geld sowohl an diejenigen fließen soll, die davon eh schon zu viel haben und in den letzten Jahren Rekordprofite gemacht haben – die großen Banken und Konzerne -, als auch an kleine Gewerbetreibende, deren Existenz nun bedroht ist. Erstere sollten jedoch für die Kosten der Krise zahlen, letzteren muss schnell geholfen werden. 

Betriebe, die Entlassungen vornehmen, sollten in öffentliches Eigentum überführt und die Privatvermögen der Eigentümer*innen und Anteilseigner*innen konfisziert werden. DIE LINKE fordert zurecht einen Pandemie-Zuschlag auf Sozialleistungen. Aber jetzt ist die Zeit gekommen, dass ganze Hartz IV-System über Bord zu werfen und eine soziale Mindestsicherung von 750 Euro plus Warmmiete einzuführen. 

Nicht zuletzt muss jetzt auch den Mieter*innen geholfen werden. Das zeitlich begrenzte Kündigungsverbot der Regierung greift zu kurz. Nötig sind unter anderem ein Stopp von Mieterhöhungen, Wohnungskündigungen, Zwangsräumungen sowie von Strom- und Gassperren; die  Beschlagnahmung leerstehender Wohnungen, Büros und Hotels zur Unterbringung von Wohnungslosen und von Menschen in beengten Wohnungen und Sammel- & Geflüchtetenunterkünften; ein Erlass von Mietschulden und Aussetzung von Hypothekenzahlungen auf selbsgenutztes Wohneigentum für Menschen mit Einkommensausfällen, sowie die Einführung einer reglementierten und kontrollierten Kostenmiete und die Enteignung großer Wohnungskonzerne wie VONOVIA zur schnellen Mietsenkung. 

Demokratische Rechte verteidigen

Die Große Koalition wird diese Forderungen nicht ohne massiven Druck aus der Arbeiter*innenklasse umsetzen. Dazu ist es nötig, dass vor allem die Gewerkschaften eine Kampagne beginnen und zum Mittel des Streiks greifen, wie es zur Zeit zum Beispiel Beschäftigte in Italien, Spanien und Österreich getan haben-.

In der Bevölkerung gibt es eine große Bereitschaft, die beschlossenen Regeln zum „social distancing“ zu befolgen. Keine Frage: die Angst geht um. Angst sollte es aber auch machen, dass mit einem Federstrich demokratische und soziale Rechte ausgehebelt werden. Da werden mal eben die Ladenöffnungszeiten verlängert, in Bayern das Arbeitszeitgesetz ausgesetzt und die Personaluntergrenzen in den Krankenhäusern aufgehoben. Diese Entscheidungen werden von genau den Politiker*innen gefällt, die dafür verantwortlich sind, dass das Gesundheitswesen über Jahre nicht nach Bedarf, sondern nach Gewinnmaximierung ausgerichtet wurde und die viel zu spät auf die sich anbahnende Corona-Pandemie reagiert haben. So sehr Merkel, Spahn und Co. jetzt auch den Eindruck erwecken, entschlossen und gleichzeitig besonnen zu handeln – es gibt keinen Grund dieser Regierung im Kampf gegen die Pandemie zu vertrauen. Nötig ist eine radikale Demokratisierung des Kampfes gegen das Virus – indem die Beschäftigten und ihre Gewerkschaften, Ärzt*innenverbände und Wissenschaftler*innen alle Maßnahmen kontrollieren und Veto einlegen können bzw. selbst darüber entscheiden, welche Betriebe weiter laufen und wo die Produktion auf Beatmungsgeräte, Schutzkleidung und andere nötigen Güter umgestellt werden soll. 

Die Herrschenden nutzen die Corona-Krise dafür, demokratische Rechte weiter einzuschränken und Massenproteste zu verhindern. Keine Frage: Massenversammlungen bergen Gefahren, aber es dürfen nicht die Kapitalisten und deren willfährige Regierungen sein, die entscheiden, ob wir für unsere Rechte auf die Straße gehen oder streiken. Das ist ganz allein unsere Entscheidung, die wir demokratisch in den entsprechenden Gewerkschaften und Organisationen fällen müssen. Deshalb müssen politische und gewerkschaftliche Versammlungen von allen staatlichen Verboten ausgenommen und die Entscheidung über die Durchführung in die Hände der Arbeiter*innen- und sozialen Bewegungen gelegt werden.

Für ein bedarfsgerechtes, öffentliches Gesundheitswesen

Die Corona-Krise hat gezeigt, dass das Gesundheitswesen nicht an den Bedürfnissen der Menschen ausgerichtet ist. Es muss sofort vom Kopf auf die Füße gestellt werden. Das muss unter anderem beinhalten,

  • dass privatisierte Krankenhäuser wieder in öffentliches Eigentum überführt werden und demokratisch kontrolliert und verwaltet werden
  • dass die Falkostenpauschalen abgeschafft werden und alle anfallenden Kosten durch die Kassen übernommen werden
  • dass eine gesetzliche Personalbemessung nach realem Bedarf eingeführt wird und es ein massives Investitionsprogramm im Gesundheitswesen gibt

Für sozialistische Demokratie

Die Corona-Krise ist auch eine System-Krise. Nicht nur, weil sie die – ohnehin kriselnde – Weltwirtschaft gerade in den Abgrund reißt, sondern schon weil die Verbreitung solcher Pandemien ihre tiefere Ursache in der Profitmaximierung des Kapitalismus hat. Der Kapitalismus hat enorme Zerstörungskräfte entwickelt und setzt diese frei, ob hinsichtlich von Kriegen, des Klimawandels oder gesundheitsgefährdender Ereignisse, wie der Corona-Pandemie. Solange private Konzerne das Sagen haben, wird sich das nicht ändern. Nur wenn der kapitalistische Konkurrenzkampf durch demokratische Planung und Kooperation ersetzt wird, nur wenn statt einiger weniger Privateigentümer*innen und Großaktionär*innen, die arbeitende Bevölkerung selbst über Produktion, Forschung etc. entscheiden kann, werden diese Gefahren für die Menschen eliminiert werden können. Deshalb muss der Kampf gegen die Corona-Krise mit dem Kampf gegen den Kapitalismus und für eine sozialistische Demokratie verbunden werden.

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