Rüstungsdeal abblasen, Rüstungsindustrie verstaatlichen!
Es ist kaum zu fassen: Inmitten der Krise um die Auswirkungen des sich pandemisch verbreitenden Coronavirus SARS CoV-2 bläht die Bundesregierung das neue Beschaffungsprogramm der Bundesluftwaffe noch einmal auf. Ab 2025 will die Bundesluftwaffe nicht mehr nur, wie ursprünglich geplant, 90 Kampfflugzeuge kaufen, es sollen ihrer 135 werden.
Von Steve Hollasky, Dresden
Es sind wenigstens drei Umstände, die an diesem Rüstungsdeal sauer aufstoßen müssen. Es geht nicht mehr nur um die Ersetzung der neunzig letzten, nun seit mehreren Jahrzehnten im Dienst befindlichen Kampfflugzeuge vom Typ Tornado, was an sich schon eine kostspielige Aufrüstungsmaßnahme wäre. Die Bundesluftwaffe will ihren Kampfwert mit diesem Kauf deutlich steigern.
Ab 2025 sollen weitere neunzig Eurofighter durch die Wolken donnern. Hinzu kommen dann dreißig F/A-18E Superhornet, die ausdrücklich deshalb gekauft werden sollen, weil sie im Rahmen der nuklearen Teilhabe Atomwaffen ins Ziel tragen können – Einsatz gegen Zivilist*innen inklusive. Und weitere 15 F-18F Growler sollen demnächst feindliche Radaranlagen attackieren können. Wichtig ist diese Fähigkeit vor allem dann, wenn man offensiv operieren will. Im Grunde wäre allein schon der Kauf dieser 15 Kampfflugzeuge ein Fall für das Bundesverfassungsgericht (BVerfG), immerhin verbietet das deutsche Grundgesetz die Vorbereitung eines Angriffskrieges.
Aber gerade in dieser Frage hat das BVerfG durch seine Rechtsprechung mehr als einmal bewiesen, dass bürgerliche Rechtsetzung häufig darauf hinausläuft, Gesetze zu formulieren, an die man sich später nicht mehr gebunden fühlt. Wann immer gegen Auslandseinsätze der Bundeswehr geklagt wurde, hat das BVerfG diese nicht als Verstoß gegen den entsprechenden Artikel im Grundgesetz angesehen.
Teure Aufrüstung
Doch die Beschaffung der 135 Jets ist nicht nur eine klare Aufrüstungsmaßnahme und ein wenigstens potentiell aggressiver Akt, er ist zudem enorm teuer. Die Steuerzahler*innen können sich darauf freuen, pro Eurofighter einen Systempreis von 170 Millionen Euro hinzublättern und für jede F-18 noch einmal 93 Millionen Euro.
Dass allein müsste im Angesicht steigender Armutsquoten schon genug Anlass zum allgemeinen Aufschrei sein. Doch inmitten der Corona-Krise fällt es angesichts dieser Zahlen schwer mit dem Kopfschütteln aufzuhören. Denn so spendabel wie die Bundesregierung in der Frage der Beschaffung neuer Spielzeuge für ihre Militärs zu sein scheint; so knausrig ist sie bezüglich der Ausgaben für Gesundheit.
Jedes Intensivbett kostet ein Krankenhaus 85.000 Euro. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) verspricht die Kliniken mit 50.000 Euro zu unterstützen. Auf der Differenz von 35.000 Euro dürften die Häuser dann sitzen bleiben. Da braucht man kein*e Rechenkünstler*in zu sein, um eine Vorstellung davon zu entwickeln, wie viele Intensivbetten die Bundesrepublik schaffen könnte, wenn man Geld nicht zum Töten, sondern zum Retten ausgeben würde.
Es sollen nach Angaben der Industriegewerkschaft Metall gut 100.000 Arbeitsplätze in Deutschland sein, die daran hängen, dass man im bayerischen Manching den Eurofighter zusammenschraubt. Arbeitsplätze, die man auch ohne den Kauf der Kampfflugzeuge erhalten könnte, wenn man die Produktionsanlagen verstaatlicht und die Produktion, demokratisch durch die Beschäftigten und die Gesellschaft kontrolliert und verwaltet und auf sinnvolle Güter umstellt. Ein Vorschlag läge – nicht nur im Hinblick auf die aktuelle Situation, sondern auch auf den Umstand, dass jeder Eurofighter mit einer Anlage zur Versorgung des Piloten mit Sauerstoff ausgeliefert wird – wohl auf der Hand: Die Herstellung von Beatmungsgeräten!