Coronavirus in Nigeria

Kapitalismus kann Gesundheit von Millionen nicht schützen

Obwohl sie täglich steigen, ist bis jetzt nicht klar, wie verheerend die Auswirkungen von Covid-19 für Nigerianer*innen hinsichtlich der Infektions- und Totenzahlen sein werden. Ökonomisch, da gibt es keinen Zweifel, steht Nigeria – als Ergebnis der weltweiten Folgen der Virus-Epidemie – vor einer weiteren Rezession. Die arbeitenden Menschen haben wieder einmal Angst vor der Zukunft.

von H.T. Soweto, Lagos

Die Auswirkungen einer neuen Rezession werden verheerend sein und die leichten Anzeichen der Erholung nach der letzten Rezession von 2015 zunichte machen. Die politischen Verwerfungen für die herrschende Klasse könnten allerdings auch verheerend sein. Eine Arbeiter*innenklasse, die nichts von den Früchten der letzten leichten Erholung hatte, wird nicht bereit sein, sich als Opferlamm für die nächste Krise herzugeben. Das könnte, früher oder später, zu mächtigen Klassenkämpfen führen.

Akute Gefahr!

Wie die Dinge liegen, könnte Covid-19 zu einer Katastrophe führen, in deren Schatten alles bisher Erlebte erblasst. Die Wirkung könnte einem brennenden Streichholz in einem trockenen Feld gleichen. Bisher ist das Ausmaß noch nicht klar, aber die Bedrohung ist groß.

Die größte Angst besteht darin, dass das neo-koloniale Nigeria mit seiner dysfunktionalen Infrastruktur und einem großen Bevölkerungsanteil, der in Armut leben muss, in erbärmlichen Slums und ungeeigneten Behausungen, ein perfektes Biotop für das Virus ist. Ein Land mit 200 Millionen Menschen, von denen mehr als die Hälfte in Städten wie Lagos leben – hunderttausende eingepfercht in engen Wohnungen und darauf angewiesen, sich täglich in überfüllten Bussen zu quetschen. Einfaches Händewaschen, die grundlegendste Maßnahme, um das Virus zu bremsen, ist in den Wohnungen von Millionen Menschen in den Städten und auf dem Land ohne Zugang zu fließendem Wasser nicht möglich, von sauberen sanitären Einrichtungen ganz zu schweigen!

Auf Facebook fragte jemand, wie eine fünfköpfige Familie, die alle in einem Raum leben und schlafen müssen, sich isolieren sollen. Und selbst wenn eine Person sich unter diesen Bedingungen abschotten könnte, müsste sie Toilette und Dusche immer noch mit sechs oder sieben anderen Familien teilen. An solchen einfachen Tatsachen erkennt man die soziale Katastrophe, die das Virus für die Menschen in diesem Land anrichten wird. Im Falle eines Ausbruchs werden viele potenziell Infizierte gar nicht ermittelbar sein, weil sie keine feste Adresse haben – sie sind arbeits- und wohnungslos. Mindestens 20,9 Millionen Menschen sind arbeitslos. Das alles ist ein Resultat von Jahrzehnten kapitalistischer Politik, die den Wohlstand des Landes in die Hände einer kleinen Minderheit gelenkt hat, während Millionen in Elend leben.

Unter diesen Umständen wird eine Quarantäne für infizierte Nachbarschaften oder die Durchsetzung eines Lockdowns keine leichte Aufgabe. Die Behörden werden die Menschen nicht mobilisieren, um sich gegen das Virus zu schützen, denn die herrschende Klasse hat Angst davor, dass die Menschen sich organisieren. Stattdessen werden sie schnell zu Unterdrückungsmaßnahmen greifen. Sie werden Polizei und Armee schicken, um die infizierten Menschen auszusondern und einzupferchen. Damit geht der Verlust demokratischer Rechte einher und es wächst die Gefahr von gewalttätigen Aufständen, denn die Tagelöhner, die von der Hand in den Mund leben, können nicht einfach zu Hause bleiben und werden solchen Aufforderungen nicht Folge leisten. Die Krankenhäuser werden schnell überfordert sein. Nigeria hat nach Jahren der Vernachlässigung ein schwaches und anfälliges Gesundheitssystem. Unterfinanzierung, Kommerzialisierung und Privatisierung sind die herrschende Philosophie der kapitalistischen Regierung für den Gesundheitssektor. Während eines Ausbruchs von Lassa-Fieber im vergangenen Jahr, beschwerte sich Doktor Chioma Nwakanma, der selbst einen Kollegen an der Krankheit verlor, in einem Interview gegenüber der BBC darüber, dass elementare Ausrüstungen wie Sauerstoff-Flaschen nicht vorhanden sind und dass sich das Personal einfachste Dinge, wie Schutzhandschuhe, von den Patienten borgen müssen (BBC Africa, 24. April 2019).

Nicht nur die Ausstattung ist unzureichend: Mit nur 40.000 Ärzten in einem Land von 200 Millionen Menschen mangelt es an Personal, das gegen einen Ausbruch kämpfen soll. Die letzten Zahlen der WHO besagen, dass das Arzt-pro-Patient-Verhältnis in Nigeria vier Ärzte pro 10.000 Menschen beträgt (BBC Africa, 24. April 2019). Zusammen mit anderen Beschäftigten im Pflegesektor wie auch Radiolog*innen, Pfleger*innen, Laborant*innen, sind sie nicht nur schlecht ausgestattet, sondern unterbezahlt, so dass es in den vergangenen Jahren zu einer Abwanderung von Fachkräften gekommen ist. Es ist keine Überraschung, dass es am Vorabend der Virus-Epidemie im Federal Capital Territory (FCT) Abuja, dem Verwaltungsbezirk um die Hauptstadt, sowie in den Bezirken Gombe, Enugu, Kaduna und Cross Rivers zu Streiks von Ärzt*innen gegen die Regierung wegen ausstehender Lohnzahlungen und weiterer Forderungen kam.

War der Ausbruch unvermeidbar?

Es war möglich, den Ausbruch zu verhindern, jedoch nicht mit den begrenzten, von der kapitalistischen Regierung Muhammada Buharis und der APC (All Progressive Congress) zur Verfügung gestellten Mitteln. Die Untätigkeit der Regierung ließ das Virus Fuß fassen. Das Virus traf die Regierung in einem Zustand der Agonie, da es, anders als Ebola, in Begleitung einer ökonomischen Katastrophe auftrat, die das Regime augenblicklich aus den Gleisen kippte.

Entgegen den öffentlichen Verlautbarungen unternahm die Regierung bis in die dritte Märzwoche de facto nichts. Drei Wochen, nachdem der erste Fall am 27. Februar bekannt geworden war. Wären zu diesem Zeitpunkt die notwendigen Maßnahmen eingeleitet worden, der internationale Verkehr begrenzt, ernsthafte Kontrollen an allen Einreisepunkten durchgeführt worden, hätte die gegenwärtige Situation abgedämpft werden können. Im Rückblick ist klar, dass die von der Regierung ausgegebene Politik der Selbst-Isolation versagt hat, ganz zu schweigen von den vielen Heimkehrer*innen, wie Rechtsanwält*innen, Regierungsbeamt*innen einschließlich dem Stabschef Abba Kyari, der positiv getestet wurde (der inzwischen an Covid-19 verstorben ist, Anm. d. Ü.) und wie die anderen weiterhin ungeschützt an Meetings teilgenommen hat und politische wie soziale Events wahrgenommen hat. Jetzt hat die Regierung Schulen und religiöse Versammlungsorte schließen müssen, soziale Zusammenkünfte verboten und in einigen Bundesstaaten sind die Beschäftigten aufgefordert worden, von zu Hause zu arbeiten. Ein teilweiser oder völliger Lockdown, zumindest in Lagos und Abuja, ist bereits diskutiert worden.

Traurigerweise wird keine dieser Maßnahme die Verbreitung der Krankheit jetzt noch verhindern können. Die sozialen Bedingungen – Armut, Obdachlosigkeit, Slums, schlechte Gesundheitsversorgung, unzureichend ausgebildetes Medizin- und Pflegepersonal, Gelegenheitsarbeit und prekäre Beschäftigung, schlechte Hygiene, Mangel an sauberem Wasser und Elektrizität –, die das System erzeugt hat, führen dazu, dass in diesem Stadium selbst die besten möglichen Maßnahmen nur geringe Wirkung auf die Verbreitung der Krankheit haben.

Covid-19 hat gnadenlos offengelegt, dass der Kapitalismus es nicht schafft, Rechte und Sicherheit der arbeitenden Menschen zu schützen. Wir Sozialist*innen unterstützen alle Maßnahmen, die in diesen dunklen Stunden Hoffnung verbreiten, wir betonen jedoch, dass nur die Mobilisierung der Arbeiter*innenklasse für ihre eigenen gemeinsamen Interessen, für eine grundsätzlich andere Art von Gesellschaft, einen Weg aus dem Sumpf herauszeigt, den der Kapitalismus der Welt und Nigeria gebracht hat.

Eine ökonomische Katastrophe

Die Krankheit selbst bringt eine Verwüstung für einige Wochen oder Monate – die wirtschaftliche Katastrophe, die sie mit sich bringt, wird viel länger dauern. Eine neue Rezession kann nicht ausgeschlossen werden. Der Verfall der Rohölpreise trifft auf eine bereits angeschlagene Wirtschaft und auf fehlende Rücklagen sowie Verschuldung der öffentlichen Kassen. Es gibt kaum Handlungsspielräume. Die Buhari-Regierung wird die Folgen der Krise mit einem Verarmungs-Programm auf den Rücken der arbeitenden Menschen abladen.

Um die fehlenden Einnahmen wegen der sinkenden Ölpreise auszugleichen, hat die Regierung Kürzungen von 1,5 Billionen Naira (fast 4 Milliarden US-Dollar) angekündigt. Das würde eine Verminderung der Ausgaben für Infrastruktur wie Straßen und Brückenbau um 20 Prozent bedeuten. Die öffentlichen Budgets würden um 25 Prozent gekürzt werden, was Löhne und Gehälter des Öffentlichen Dienstes beträfe. Ebenso wurde ein Stopp von Neueinstellungen im Öffentlichen Dienst angekündigt, mit Ausnahme des Gesundheitssektors und der Sicherheitsbehörden.

Zwar wurde angekündigt, den Verkaufspreis für Brennstoff leicht zu senken (von 145 Naira/Liter auf 125 Naira/Liter). Brennstoff-Subventionen werden jedoch gestrichen, was bedeutet, dass die Brennstoff-Preise wieder steigen, sobald der Rohölpreis wieder anzieht. Außerdem wurde die Währung abgewertet. Diese Maßnahmen müssen noch vom Parlament bestätigt werden, doch die Arbeiter*innenklasse muss diese Maßnahmen jetzt bereits diskutieren und sich darauf vorbereiten Widerstand zu mobilisieren.

Keine Klassen-Zusammenarbeit

Sozialist*innen müssen darauf bestehen, dass dies keine Situation der „Nationalen Einheit“ ist. Nur weil einige Angehörige der oberen Schichten ebenfalls vom Virus befallen sind, heißt das nicht, dass wir alle im selben Boot sitzen. Richtigerweise hat eine Schicht Jugendlicher und Arbeiter*innen mit Spott auf diese Haltung reagiert und verkündet, wenn dieses Virus eine nationale und nicht eine globale Katastrophe wäre, hätte sich die reiche Elite bereits in ihre Privat-Jets gesetzt und die einfachen Menschen und Beschäftigten sich selbst überlassen. Einige haben zu Recht darauf hingewiesen, dass diese Pandemie das Ergebnis einer Politik der Reichen ist, die jahrelang das einheimische Gesundheitswesen vernachlässigt haben, weil sie sich auf ausländische Kliniken verlassen haben.

Es war keine Überraschung, dass nach Berichten der Zeitung Punch (25. März 2020) die Krankenakte von Abba Kyari (präsidialer Stabschef, verstarb am 17. April an Covid-19, A.d.Ü.) aus dem Wellington Hospital in London angefordert werden musste. Die nigerianischen Ärzt*innen brauchten Informationen über relevante Vorerkrankungen, um seine Covid-19-Erkrankung in einem nigerianischen Krankenhaus zu behandeln. Also weder das National Hospital in Abudja noch das Präsidenten-Krankenhaus in Aso-Rock hatten die Akte mit den Vorerkrankungen des Mannes, der als mächtigste Person der Regierung gilt. Stattdessen lagen diese Unterlage in einem elitären Krankenhaus in London, dass sich selbst dort die meisten Einheimischen nicht leisten können. Das ist nur ein kleines Beispiel, wie patriotisch die herrschende Elite Nigerias eingestellt ist.

Was ist eine wirkliche „Strategie der Arbeiter*innen“?

Die erste öffentliche Stellungsnahme des Nigeria Labour Congress (NLC, Nigerianischer Gewerkschaftsverband) wurde auf einer Pressekonferenz am 19. März als eine „Strategie der Arbeiter“ um die Pandemie zu bekämpfen angekündigt. Unglücklicherweise hatte die von der NLC-Führung vorgeschlagenen Strategie nicht wirklich viel mit den Interessen der Beschäftigten zu tun. Es war eher eine Rede, die wenige durchaus richtige Vorschlägen mit besorgniseregenden Illusionen in die Zusammenarbeit der Klassen kombinierte. Während er von einer „Arbeiter-Strategie“ sprach, betonte der NLC-Präsident, dass diese Strategie die Ergänzung zur nationalen Strategie der Regierung sein werde, also zu den Plänen der Buhari-Regierung. Das bedeutet, dass die NLC-Führung die Regierungsstrategie unterstützt und verbreitet, just dieselbe Strategie, von der wir bereits wissen, dass sie auf unzureichender Diagnose- und Quarantäneinfrastruktur und unzureichend ausgebildeten Ärzt*innen und Gesundheitspersonal beruht. Es gibt kein besseres Beispiel für eine Gewerkschaftsführung, die die Arbeiter*innen darauf einstimmt, abgeschlachtet zu werden.

Anstatt einen klaren Standpunkt einzunehmen, dass die Unternehmer es nicht wagen sollen, während der Krise Arbeiterrechte anzutasten und welche Maßnahmen die Arbeiterbewegung ergreifen werde, um solche Angriffe zurückzuschlagen, war alles, was die Gewerkschaftsführung in ihrer Rede anzubieten hatte, ein Appell an den guten Willen der Unternehmer, wie: „Die Unternehmer sollen nicht in Panik verfallen und nachteilige Maßnahmen gegen Beschäftigte einleiten“ oder „Obwohl die Regierung unter Druck ist, soll sie eine Politik verfolgen, die Unternehmerinteressen und soziale Verantwortung verbindet“. Dies führte zu der Schlussfolgerung dass „wir von unserer Seite bereit sind, mit Unternehmern und Regierung zusammenzuarbeiten, um sicherzustellen, dass die Beschäftigten die nötige Unterstützung und Unternehmer den nötigen Gewinn bekommen.“ Mit dieser widersprüchlichen Rede hat die NLC-Führung den Klassenkampf de facto für den Zeitraum der Krise ausgesetzt und eine große Niederlage der Arbeiter*innenklasse eingeleitet, indem sie diese in den Schlaf gesungen hat. Was die Beschäftigten in dieser Situation gebraucht hätten, wären wichtige organisatorische und politische Vorbereitungen auf die Auseinandersetzungen, die jetzt zwangsläufig anstehen.

Freundlicherweise hat die NLC-Führung am 25. März ein weiteres Statement abgegeben, das ein wenig wegweisender war, als das ursprüngliche vom 19. März. In ihrem neuen Statement kritisierte die NLC-Führung die „wichtigen Männer“, die sich weigern, in die Quarantäne zu gehen, wenn sie von Trips aus dem Ausland zurückkehren. Das mag richtig sein, doch das größte Verbrechen, das diese wichtigen Männer zu verantworten haben, ist der Zustand, in dem sich das Land derzeit befindet sowie das kapitalistische System, das sie verteidigen.

Zur Unterstützung eines Lockdown erklärte das NLC:

„Arbeiter dürfen nicht zum Kanonenfutter dieser sozio-ökonomischen Unwetter werden. Wir fordern Schutz von Löhnen und Arbeitsplätzen. Um dies zu ermöglichen, brauchen Fabriken und und Unternehmen Steuererleichterungen, Finanzspritzen und andere makroökonomischen Hilfen in dieser schwierigen Zeit.“

„Für die Millionen Beschäftigten des informellen Sektors, einschließlich unserer Mitglieder im Transportwesen, den Märkten, sowie allen Bereichen des Handwerks die von unfreiwilligen Schließungen betroffen sind, fordern wir Geldleistungen durch ihre Verbände, um diese schwere Zeit überstehen zu können.“

Weiterhin stellte der NLC fest, dass „großflächige Lockdowns durch angemessene Unterstützungssysteme abgefangen werden müssen, die die Arbeiter in die Lage versetzen, sich und ihre Familien zu versorgen und zu schützen.“

„Lockdowns müssen in einer Weise praktiziert werden, die allen Bürgern, insbesondere den schutzlosen Teilen der Gesellschaft ohne Einkommen, Zugang zu essentiellen Waren und Diensten ermöglicht.“

Das DSM (Democratic Socialist Movement, Schwesterorganisation der Sol und Sektion des CWI in Nigeria), erkennt an, dass einige dieser Forderungen einen Schritt nach vorne markieren. Doch den Worten müssen Taten folgen. Schöne Worte allein ändern nichts. Der NLC sowie der TUC und ULC (andere Gewerkschaftsverbände in Nigeria, A.d.Ü.) müssen für wirksame Maßnahmen zur Eindämmung der Krankheit kämpfen und gleichzeitig beginnen dafür zu mobilisieren, ihre Maßnahmen zum Schutz der Arbeiter während eines Lockdown durchzusetzen.

Den Klassenkampf vorantreiben

Um es deutlich zu sagen: Covid-19 hat den Klassenkampf weder aufgehoben, noch verschoben. Die Kapitalistenklasse, die hervorragend organisiert und vernetzt ist, weiß das ganz genau. Während sie versuchen, die sich abzeichnende Krise abzuwenden, überlegen sie bereits, wie sie die Arbeiter*innenklasse und nicht die Reichen für die Ausfälle zur Kasse bitten können. Während die Nigerianische Zentralbank (CNB) beispielsweise Budgetkürzungen plant, die Löhne und Renten beschneiden werden, legt sie ein 50 Milliarden Naira (128 Millionen US-Dollar) schweres Subventionsprogramm für Geschäftsleute auf, die von der Pandemie betroffen sind.

Sollte die Arbeiterbewegung den Heilsversprechen der nationalen Einheit aufsitzen, werden die arbeitenden Massen zu Opferlämmern der Krise. Bundesregierung und Bundesstaaten werden Löhne schuldig bleiben. Sogar in der Zeit der Erholung von 2016 bis 2019 blieben bis zu 20 Bundesstaaten ihren Beschäftigten Löhne und Renten bis zu 20 Monate lang schuldig. Das kann sich in der beginnenden Periode verallgemeinern. Neue Verhandlungen, über Löhne und Arbeitsbedingungen, wie die zwischen Universitätsdozent*innen und der Bundesregierung, werden eingefroren, weil die Regierung die Wirtschaftskrise benutzt, um keine Zugeständnisse machen zu müssen. Trotz gegenteiliger Versprechen des Finanzministers sollten auch Kürzungen im Personalwesen nicht ausgeschlossen werden.

In der Privatwirtschaft geht das Gespenst der Arbeitslosigkeit um. Sobald Covid-19 die Wirtschaft beutelt, werden Firmen, die auf Importe angewiesen sind, ihre Produktion einstellen und Mitarbeiter*innen entlassen. In der katastrophalen Situation, die heraufzieht, brauchen die nigerianischen Arbeiter*innen eine kämpferische und kampfbereite Führung, um die gegen die Versuche zu mobilisieren, die Arbeiterklasse für die Krise bezahlen zu lassen.

Um die sich beginnende Katastrophe abzuwenden müssen der Nigeria Labour Congress (NLC), Trade Union Congress (TUC) und der United Labour Congress (ULC) eine wirkliche „Arbeiter-Strategie“ ausarbeiten, die Mobilisierung an den Arbeitsplätzen und in den Communities umfasst und sich darauf vorbereiten, mit Protesten und Streiks für die folgenden Forderungen zu kämpfen:

(1) Ein öffentlich finanzierter Notfallplan, um die Verbreitung von Covid-19 zurückzudrängen – durch ein Netz von Test-Einrichtungen an Flughäfen, Grenzstationen, Parkplätzen, Bushaltestellen und Marktplätzen.

(2) Kostenlose Verteilung von Handdesinfektionsmitteln, Seife und Gesichtsmasken. Sofortige Wiederausstattung von Krankenhäusern mit Betten, Beatmungsgeräten, Ventilatoren etc.

(3) Mehr Ärzt*innen und bezahlte Freiwillige. Alle Ärzt*innen und medizinisches Personal, die an der Front der Krankheitsbekämpfung arbeiten, müssen die notwendigen Schutzausrüstungen und ein monatliches Zusatzgehalt von nicht weniger als 100.000 Naira (255 US-Dollar) zu ihrem sonstigen Einkommen erhalten.

(4) Garantierte Zahlung von 30.000 Naira Mindestlohn an alle Arbeiter*innen im öffentlichen und privaten Sektor.

(5) Eine Sonderzahlung von mindestens 50.000 Naira monatlich an alle Haushalte von Beschäftigten und Armen, um in der Zeit eines Lockdown oder während Selbstisolation Lebensmittel und andere Notwendigkeiten kaufen zu können. Kontrolle dieser Auszahlungen durch demokratisch gewählte Komitees aus Gewerkschafter*innen, Community-Gruppen und anderen Einrichtungen der Öffentlichkeit, um Betrug und anderen Missbrauch auszuschließen.

(6) Streichung aller Schulden für Elektrizität privater Haushalte. Moratorium auf Wohnungs- und Geschäfts- und Marktstandsmieten. Senkung der Kosten für Mobilfunk, Fernsehen und Datenverkehr, um armen Menschen Zugang zu Kommunikation, Information und Zugang zu Ersthelfer*innenn zu ermöglichen.

(7) Im Falle eines teilweisen oder völligen Lockdowns müssen die Beschäftigten mit ihren Parteien und Organisationen die demokratische Selbstorganisation für Versorgung und Verteilung sicherstellen, einschließlich Maßnahmen gegen Krisen-Profiteure und Schwarzhändler.

(8) Nein zu Entlassungen wegen Covid-19. Die Regierung soll Arbeitsplatzgarantien aussprechen und Unternehmen, die diese brechen, verstaatlichen.

(9) Aussetzung aller Gebühren an öffentlichen Krankenhäusern. Der Staat muss kostenlose Gesundheitsversorgung einschließlich kostenloser Tests und Behandlung gewährleisten, damit die Ärmsten der Armen nicht zögern, sich zu melden, wenn sie krank sind.

(10) Schluss mit allen Angriffen auf demokratische Rechte. Alle inhaftierten Aktivist*innen müssen in Freiheit, alle politisch motivierten Entlassungen und Inhaftierungen von Beschäftigten und Studierenden zurückgenommen werden.

(11) Für Presse-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Gewährung von Grundrechten auch in der Zeit des Kampfes gegen das Virus.

(12) Widerstand gegen die geplanten Kürzungen im Bundeshaushalt und den öffentlichen Haushalten. Stattdessen alle politischen Beamten auf Mindestlohn. Alle unvermeidlichen Ausgaben müssen vom Staat getragen werden.

(13) Nein zum Einstellungsstopp im Öffentlichen Dienst. Die Staatsfinanzen müssen offen gelegt werden, um der arbeitenden Bevölkerung einen Einblick in die tatsächliche wirtschaftliche Situation des Landes zu ermöglichen.

(14) Nein zur Aussetzung der Treibstoff-Subventionen. Treibstoff muss unter 100 Naira pro Liter kosten. Rücknahme aller Privatisierung und armenfeindlichen Wirtschaftsmaßnahmen.

(15) Schluss mit dem korrupten Vergabesystem für öffentliche Aufträge. Für ein öffentliches Arbeitsprogramm unter demokratischer Arbeiterkontrolle für öffentliche Projekte.

(16) Streichen der Staatsschulden! Entschädigung nur auf Basis erwiesener Bedürftigkeit. Für ein staatliches Außenhandelsmonopol!

(17) Für einen öffentlichen Untersuchungsausschuss aus Arbeitervertretern zur Kontrolle von Beamten! Verhängung harter Strafen gegen Schuldige einschließlich Beschlagnahme des Vermögens!

(18) Verstaatlichung der Schlüsselindustrien unter demokratischer Arbeiterkontrolle und -verwaltung

  1. Für eine Massenpartei der Arbeiter*innen, um die Bewegung zur Überwindung des Kapitalismus anzuführen und eine Arbeiter- und Armenregierung mit sozialistischem Programm einzusetzen

Dieser Artikel erschien am 27. März 2020 in englischer Sprache auf
www.socialistworld.net

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