Sozialistisches Programm für die Autoindustrie

Corona-Pandemie macht Dringlichkeit deutlich

„Der Kapitalismus ist ein chaotisches System mit vielen Sprengsätzen“. So steht es im ersten Kapitel zur  Einleitung der Broschüre  „Arbeitsplätze und Klima retten – ein sozialistisches Programm für die Autoindustrie“, das der Manifestverlag Ende Februar 2020 herausgegeben hat. 

Von Ursel Beck, Stuttgart

Weiter wird ausgeführt, dass die bereits eingesetzte Rezession in der Autoindustrie durch solche Sprengsätze „enorm verschärft“ werden könnte. Zweifellos ist mit der Corona-Pandemie ein weiterer Sprengsatz explodiert. 

Wenn die Autobosse erklären, sie würden die Produktion zum Schutz vor Infektionen für einige Wochen einstellen, dann ist das  pure Heuchelei. Entlarvend ist die Aussage des Chief Operation Officer von VW, Ralf Brandstätter: „Die Ausbreitung des Corona-Virus in Europa belastet die Nachfragesituation zunehmend. Zugleich wird die Versorgung unserer Werke mit Zulieferteilen immer schwieriger. Wir haben deshalb beschlossen, mit dem Ende der Spätschicht am Donnerstag (19.3., A.d.R.) die Produktion koordiniert herunterzufahren.“ Was für VW gilt, gilt auch für andere Autowerke. Als am 10.3.2020 im Daimler-Werk Rastatt drei Kollegen der Spätschicht positiv auf das Virus getestet wurden, erklärte die Daimler-Pressestelle, dass sich die Betroffenen in ärztlicher Behandlung befänden und ein Kollege (!) , der mit den Infizierten Kontakt hatte, aufgefordert worden sei, sich in Selbstquarantäne zu begeben. Aber: „Unser operativer Betrieb läuft uneingeschränkt weiter“. Und auch seit dem 23.3. gibt es keinen durchgehenden Produktionsstopp in der Autoindustrie. In welchen Werkshallen die Kolleg*innen Schulter an Schulter weiter arbeiten, hängt nach Aussagen der Konzerne von den „globalen Lieferketten“ ab. Der Schutz der Beschäftigten vor einer Infektion hat eben nicht „oberste Priorität“. Für ihre Profite gehen die Konzerne über Leichen. 

Profite über alles

Und sie haben entdeckt, dass sie mit der Corona-Krise neue Profite generieren können. VW hat angekündigt in die Herstellung von Medizintechnik einzusteigen. Mit ihren 3-D-Druckern könnten sie Kunststoffteile und Prototypen herstellen: „Sobald wir die Anforderungen kennen und die entsprechenden Blaupausen erhalten, können wir starten“. Beim Autohersteller GM wurde in China bereits im Februar 2020 die Produktion auf Atemschutzmasken umgestellt. Die Umstellung der Produktion in der Autoindustrie auf gesellschaftlich und ökologisch sinnvolle Produkte ist eine der zentralen Forderungen des sozialistischen Programms für die Autoindustrie der Sol. Unser Programm erklärt, dass dafür die Autoindustrie in Gemeineigentum überführt, von der Profitproduktion befreit und demokratisch verwaltet und kontrolliert werden muss. 

DIE LINKE und Gewerkschaften

Wenn jetzt selbst hartgesottene Neoliberale aufgrund des extremen Mangels im Gesundheitswesen zugeben, dass der Markt die Verteilung der Ressourcen nicht angemessen regelt, mehr Staat und notfalls die Verstaatlichung verlangen, dann ist das eine Steilvorlage für die Gewerkschaften und die Partei DIE LINKE. Dafür ist ein antikapitalistischer und sozialistischer Kurswechsel in den Gewerkschaften und in der LINKEN notwendig. Die Autokonzerne müssen sofort verstaatlicht werden. Damit kann die demnächst geplante Ausschüttung der hohen Gewinne aus dem Jahr 2019 an die Aktionäre verhindert werden. Arbeiter*innen, Ingenieur*innen, Mediziner*innen müssen demokratisch entscheiden, wo unter welchen Bedingung für ein nationales und internationales Notprogramm zur Unterstützung des Gesundheitswesens gearbeitet wird und wie die Produktionskapazitäten der Autoindustrie dafür genutzt werden können. Was, wie unter welchen Bedingungen in der Industrie produziert wird, darf nicht länger den Aktionären und Managern der Autoindustrie überlassen bleiben. Das Programm der Sol zur Lösung der kapitalistischen Krise und in der Autoindustrie, für den Erhalt der Umwelt bei Erhalt aller Arbeitsplätze, hat durch Corona an Brisanz gewonnen. 

Ursel Beck ist Mitglied des Sol-Bundesvorstands und Autorin der Broschüre.

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