LINKS und Wiener Wahlen – wie weiter?

Kandidatur und Kämpfe verbinden und demokratische Strukturen schaffen

Im Herbst sind die Wiener Wahlen. LINKS Wien ist im Januar diesen Jahres gegründet worden, um dort zu kandidieren. 

von Laura Rafetseder, Sozialistische Offensive (CWI in Österreich)

Es ist zu begrüßen dass es ein linkes Bündnis bei dieser Wahl gibt. Es gibt ein Potenzial für ein Wahlbündnis links von der SPÖ. Es ist aber kein Automatismus, dass dieses auch ausgeschöpft wird. Reines Fokussieren auf die Wiener Wahlen birgt die Gefahr, dass Aktivist*innen sich bei einem schlechten Abschneiden enttäuscht zurückziehen. Schwächen von LINKS Wien haben sich schon bei der Gründungskonferenz im Januar gezeigt. Sie war sehr topdown ausgerichtet, das Programm sehr schwammig.

Spitzenvertreter*innen werden nach Kriterien der Identity Politics (also Quoten bezüglich Geschlecht/Migrationshintergrund) statt nach Inhalten ausgesucht. Wenn Programm und Inhalte nicht attraktiv für Lohnabhängige, Frauen, Migrant*innen, Jugendliche, Arbeitslose, Pensionist*innen und unterdrückte Schichten sind, helfen Quoten nicht. Gewerkschaftsaktivist*innen waren kaum vertreten – es wurde auch nicht der Anspruch gestellt die Gewerkschaftsbewegung anzusprechen oder sich in ihr zu verankern.

Eine erste Straßenaktion nach Corona (abgesehen von einer Kundgebung am 1. Mai) war ein Block auf der #blacklivesmatter Demonstration vom 4. Juni. Darin besteht auch eine Chance – nämlich neue Aktivist*innen zu gewinnen, die LINKS tatsächlich mit Leben erfüllen und nach links verschieben könnten.

Bündnis

In der Zwischenzeit wurde von der Koordination via Mail mitgeteilt, dass man sich auf eine gemeinsame Kandidatur mit der KPÖ geeinigt habe (mit dem Anspruch auch noch weitere Kräfte dafür zu gewinnen – vermutlich ist damit die Partei “Wandel” gemeint), mit welchem Programm und welcher Politik ist nicht klar. 

Die KPÖ ist nach wie vor ein starker Bezugspunkt für Linke. Sie hat aber seit Jahrzehnten nicht ernsthaft für sozialistische Maßnahmen argumentiert und konnte kaum neue Schichten ansprechen. Neben ihr hatte 2019 auch der Wandel kandidiert – und mit Forderungen wie jener nach einem Mindestlohn 15.000 zusätzliche Stimmen mobilisiert, was das linke Potenzial über die KPÖ hinaus zeigte. 

Die KPÖ hat durch ihre Top-Down-Methoden häufig neue Projekte vereinnahmt und aufgesaugt und ihnen ihre falsche Politik aufdrückt, auch wenn sie sich diesmal weniger dominant verhält. Ernsthafte Bündnispolitik müsste verschiedene Kräfte der Arbeiter*innenklasse sowie sozialistische Kräfte auf der Basis von bestimmten vereinbarten Zielen zusammenbringen, aber allen Kräfte ihre eigenständige Identität lassen.

Aufgaben

Wenn aus LINKS Wien eine politische Alternative werden soll, ist es nötig, ein Programm zu entwickeln, das Antworten gibt zum Kampf gegen die Auswirkungen der (Corona- und wirtschaftlichen) Krise wie Betriebsschließungen, Kürzungen und Personalabbau und gegen Angriffe durch die Regierung. Es hat seit dem Corona-Ausbruch unter anderem Proteste der Veranstaltungstechniker*innen, Streikdrohungen rund um Lohnrunden (zum Beispiel in der Chemieindustrie) und Proteste gegen Personalabbau gegeben. Eine neue Kraft muss Teil von Kämpfen sein – bzw. sie initiieren und für sie mobilisieren –, die an den Bedürfnissen „normaler“ Menschen anknüpfen, und in den Betrieben aufbauen. Dazu gehört auch der Gewerkschaftsführung gegenüber die Forderung formulieren, dass diese die vereinzelten Kämpfe zu einer bundesweiten Demonstration als erstem Schritt mobilisiert und Gewerkschaftsaktivist*innen einzubinden bzw. einen Kampf für die Umwandlung der Gewerkschaften in demokratische und kämpferische Organisationenzu führen.

Eine neue linke Kraft braucht demokratische Strukturen, in denen Einzelpersonen wie auch organisierte Kräfte mitmachen und sich beteiligen können und muss versuchen jene, die in den aktuellen Bewegungen (zum Beispiel #blm) auf die Straße gehen, einzubinden und ihnen Raum geben für inhaltliche Debatten darüber, welches Programm nötig ist. Um eine Bürokratisierung zu verhindern, wie sie anderen linken Projekten widerfahren ist, sollten unter anderem gewählte Vertreter*innen nicht mehr als einen Durchschnittslohn verdienen.

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