Corona-Desaster in Spanien

Verheerende Folgen für die Arbeiter*innenklasse

Die Corona-Fallzahlen sind seit der Aufhebung des Ausnahmezustands im Juni massiv angestiegen. Ministerpräsident Pedro Sánchez setzte auf eine schnelle Wiedereröffnung der Wirtschaft. Nun steht ein zweiter Lockdown auf der Tagesordnung.

von Ross Saunders, Socialist Party, CWI in England und Wales

Die Arbeiter*innen und die Armen sind am härtesten betroffen, mit einer Todesrate, die zum Beispiel in den ärmsten Gegenden Kataloniens fünfmal so hoch wie der Durchschnitt ist. Sie werden auch für die Wirtschaftskrise bezahlen müssen, wenn keine Gegenwehr organisiert wird. Das CWI argumentierte von Anfang an, dass die Arbeiter*innenklasse die Kontrolle über den Lockdown übernehmen müsse, da Bosse und kapitalistische Politiker*innen Profite vor Sicherheit stellen. Jetzt, da die zweite Welle anschwillt, sollten die Gewerkschaften Notfallkonferenzen einberufen, um zu erörtern, wie unabhängig von den Bossen Maßnahmen ergriffen werden können, um Leben zu retten und das Vernichten von Arbeitsplätzen zu stoppen.

Es herrscht heftige Wut über 20.000 Todesfälle in Pflegeheimen, die völlig unzureichende Schutzausrüstung für das Gesundheitspersonal (bei denen 14 Prozent der Todesfälle auftraten) und den Mangel an Betten und Geräten in den Krankenhäusern – aber auch über das Jahrzehnt der Kürzungspolitik und der kapitalistischen Politik, die die Dienstleistungen vor der Pandemie geschwächt haben. Drei Viertel der Pflegeheime befinden sich in Privateigentum, viele davon in der Hand riesiger profitorientierter Unternehmen, die ihre Heime unterbesetzen und bei Gesundheit und Sicherheit sparen.

Arbeiter*innen werden auch von einer wirtschaftlichen Katastrophe getroffen. Trotz des Endes des Lockdown ist das Brutto-Inlandsprodukt um kolossale 15 Prozent niedriger als vor der Pandemie.

Die Interventionen des spanischen Staates sind völlig unzureichend. Eine Million Arbeitsplätze sind bereits verloren gegangen, und die Arbeitslosigkeit wird voraussichtlich 25 Prozent erreichen – bei der Jugend doppelt so hoch. Spanien hatte bereits vor der Pandemie eine doppelt so hohe Rate an „größerer Armut” wie der europäische Durchschnitt, und keines der Regierungsprogramme wird ausreichen, um diese Verschlimmerung zu stoppen. 

Wirtschaftskrise

Das EU-Rettungspaket  wird die Lücke auch nicht schließen und ist zudem an Bedingungen geknüpft, die eine gescheiterte Politik der freien Marktwirtschaft fördern, und den Schutz von Arbeitsplätzen erschwert. Die „Notbremse”, die den kapitalistischen Politiker*innen der nördlichen „sparsamen” Staaten zugestanden wird, wird die Spannungen zwischen den Staaten erhöhen, da sich ausländische Regierungen in die Haushaltspläne von Staaten wie Spanien einmischen, die Hilfe erhalten.

Ein wirtschaftlicher Zusammenbruch droht. Dringend muss eine mutige sozialistische Politik umgesetzt werden. Alle Arbeiter*innen sollten während der Notlage vollen Lohn erhalten, sei es am Arbeitsplatz oder in der Isolation zu Hause. Kein einziger Arbeitsplatz sollte geopfert werden. Die unkontrollierbaren Schulden dürfen nicht akzeptiert werden. Das Gesundheitswesen, die Sozialfürsorge und die größten Unternehmen wie Nissan und Airbus, denen der Verlust von Arbeitsplätzen droht, sollten zusammen mit dem Finanzsystem unter der demokratischen Kontrolle der Arbeiter*innenklasse vollständig verstaatlicht werden, ohne dass den Großaktionären auch nur ein Cent Entschädigung gezahlt wird.

Mächtige Bewegungen könnten sehr schnell wachsen und den Kapitalismus und das Establishment herausfordern.  Während des ersten Lockdowns ertönten jede Nacht „Cacerolazo”-Topf-Proteste, und die wütende Stimmung hat sich auf Streiks und Proteste ausgeweitet, bei denen Ärzt*innen in Valencia wegen unerträglicher Arbeitszeiten und Lehrer*innen in Bilbao wegen Sicherheitsfragen auf die Straße gingen.

Widerstand

Ein dreimonatiger Streik bei Nissan, der zwischen der CCOO, der UGT und anderen Gewerkschaften koordiniert wurde, vereitelte Pläne zur Schließung der Fabrik des Unternehmens in Barcelona, wodurch 3000 Arbeitsplätze direkt und weitere 20.000, die von ihnen abhängen, gerettet wurden. Die Beschäftigten werden den Kampf fortsetzen müssen, wenn die Bosse wieder in die Offensive gehen. Der beste Weg, sich darauf vorzubereiten, ist der Aufbau einer Bewegung, die die Beschäftigten, die mit Arbeitsplatzverlusten und Lohnkürzungen konfrontiert sind, in Massen- und Generalstreiks zusammenführt.

Trotz zweier Parlamentswahlen im vergangenen Jahr befindet sich Spanien immer noch in einer politischen Krise.Mit dem Sieg der Interessen des Großkapitals in der PSOE und dem Aufsaugen von Podemos ins Establishment gibt es weiterhin keine Kraft, die in der Lage wäre, die enthusiastische Unterstützung der Arbeiter*innenklasse zu gewinnen. Podemos hat bei den jüngsten Wahlen alle Sitze in Galizien und die Hälfte seiner Sitze im Baskenland verloren. Eine echte sozialistische Kraft würde, selbst wenn sie in der Minderheit wäre, im Parlament ein kühnes sozialistisches Programm vorlegen, um die Kürzungspolitik zu beenden, die anderen Parteien herausfordern, dagegen zu stimmen und den Kampf im Interesse der Arbeiter*innenklasse weiter organisieren. Statt das Programm für ein paar Ministerposten aufzugeben, hätte Podemos diesen Weg gehen müssen.

Arbeiter*innen werden eine neue Partei aufbauen müssen. In der bevorstehenden extremen politischen Unruhe könnte eine neue Formation schnell zu einer Kraft heranwachsen, die um die Macht kämpft. Die Aufgabe ist dringend: Die rechtsextreme Partei Vox steht in den Startlöchern und plant für September ein Misstrauensvotum gegen Sánchez. Es besteht die dringende Notwendigkeit, eine echte, revolutionäre sozialistische Alternative zum verrotteten kapitalistischen Establishment aufzubauen.

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