In Dresden plant die Stadtspitze massiven Bettenabbau im Klinikum. Beschäftigte wehren sich mit einer Petition gegen die faktische Schließung eines ganzen Standorts
Schon seit Jahren schreibt das Städtische Klinikum Dresden rote Zahlen. Diese sind das Ergebnis einer Veränderung der Krankenhausfinanzierung im Jahre 2005. Damals führte die rot-grüne Bundesregierung die DRGs (Diagnosis Related Groups), die Fallpauschalen, ein.
Von Steve Hollasky, Dresden
Fortan verhandelten die Krankenhäuser nach Ende eines Jahres mit Krankenkassen nicht mehr über die Zahlung der bei Behandlungen real angefallenen Kosten, sondern erhielten festgelegte Pauschalen.
Diese beinhalten Kosten für Untersuchungen und Medikamente, ebenso für Personal und Liegedauern. Nur sind sie bei Weitem zu niedrig bemessen.
Will man als Klinik nicht dauerhaft Minus erwirtschaften, muss man am Personal sparen. Krankenhäuser, die sich im Besitz privater Investoren befinden, spezialisieren sich zudem auf teure Diagnosen. Krankenhäuser im kommunalen Eigentum, die medizinische Vollversorgung anbieten, geraten dadurch unter Druck. Städte werden gedrängt Krankenhäuser zu privatisieren oder zu schließen. Genau hierfür war die Reform ursprünglich auch gedacht gewesen: Die Ökonomisierung des Gesundheitswesens sollte deutlich beschleunigt werden.
Abwrackprämie für Bettenabbau
In Dresden hat die zuständige Sozialbürgermeisterin Kristin Kaufmann (DIE LINKE) nun den Plan entwickelt, durch die Streichung von 180 Betten und den Abbau von 97 Prozent der stationären Leistungen am Standort Trachau, Geld aus dem Krankenhausstrukturfonds zu gewinnen. Diese „Abwrackprämie“ für Krankenhäuser wedelt mit Geld, wenn man bereit ist Kliniken zu schließen oder Betten abzubauen. Ein kleines Stückchen ekelhafter kapitalistischer Realität. Dieses Geld soll nach Vorstellungen der Klinikleitung und der Sozialbürgermeisterin dann in Neubauten an anderen Standorten fließen.
Diese Pläne bedeuten nicht nur eine deutliche Verschlechterung der medizinischen Versorgung, sondern fußen auch auf der trügerischen Hoffnung, dass der Löwenanteil der Mittel aus dem Krankenhausstrukturfonds ins Städtische Klinikum Dresden fließen würde. Das bezweifeln „Bündnis für Pflege Dresden“, die Gewerkschaft ver.di und DIE LINKE Dresden, deren Sozialbürgermeisterin die Pläne jedoch mit vorantreibt. Sehr viel wahrscheinlicher ist, dass das Städtische Klinikum aus dem Prozess als wesentlich verkleinertes Krankenhaus hervorgehen wird und es so gut wie kein Geld für Neubauten geben wird.
Petition unterzeichnen!
Um dieses Szenario zu verhindern organisiert das „Bündnis für Pflege“, in dem Genoss*innen der Sol aktiv sind, schon seit Wochen Widerstand gegen die Pläne. Aktuell läuft eine Petition, die Unterstützung für die Hauptforderungen sammeln soll: Erhalt aller Betten, Standorte und Stellen, Erhalt der Bezahlung nach dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVöD) und den Erhalt des städtischen Eigenbetriebs. In nur gut einer Woche wurde die Petition von mehr als 2.800 Unterstützer*innen unterschrieben.
Das ist deutlicher Rückenwind für all diejenigen, die sich dafür einsetzen, dass Profitstreben und Effizienzdenken aus dem Gesundheits- und Pflegewesen verbannt werden, die die Fallpauschalen abschaffen und Kliniken und Pflegeeinrichtungen rekommunalisieren wollen. Möglich ist dies nur in einem öffentlichen Gesundheitswesen unter demokratischer Kontrolle und Verwaltung durch die Beschäftigten.
Auf die Dauer wird das nur in einer Gesellschaft durchzusetzen sein, die von kapitalistischen Sachzwängen und dem Privateigentum an Produktionsmitteln befreit ist. Gerade die Situation in Pflege und Gesundheitswesen inmitten der Pandemie stellt die Frage nach einer sozialistischen Demokratie, in der die Beschäftigten demokratisch über die Verwendung des gesellschaftlich erwirtschafteten Reichtums entscheiden.