AfD – die Vermieterpartei

Nichts am Hut mit den “kleinen Leuten”

Führte man Buch über die Versuche der AfD sich als Partei des sozialen Gewissens darzustellen, dürfte man aus dem Schreiben schwerlich wieder rauskommen. Ebenso unkonkret wie vollmundig erklären da Politiker*innen der Rechtspopulisten wie sehr sie sich doch um das Wohl „der kleinen Leute“ sorgen würden.

von Steve Hollasky, Dresden

Der „Stuttgarter Zeitung“ sagte Alexander Gauland im April 2016, „die AfD müsse auch eine Politik für den kleinen Mann machen“. Und AfD-Rechtsaußen Björn Höcke erklärte dem rechten „Deutschland-Kurier“, der „global-kapitalistische Ansatz“ sei gescheitert. Der Fraktionschef der AfD im Thüringer Landtag lehnte in einer fünfminütigen Videobotschaft den „kalten Kapitalismus“ ab. 

Seinen Freund und Stichwortgeber, den rechten Verleger Götz Kubitschek, dürfte es gefreut haben. Der hatte bereits im Juni 2016 in seinem Magazin „Sezession“ erklärt, die „soziale Frage“ sei das „Kronjuwel“ der Linken. Doch „eine glaubwürdige und entschlossene AfD“ könnte sich die soziale Frage aneignen, so Kubitschek weiter.

Dass es dann damit eben für eine rechtspopulistische Partei doch nicht so einfach ist, beweist ein Blick auf die Dresdner Wohnungspolitik der AfD. 

Steigende Mieten 

Seitdem 2006 alle damals noch kommunalen Wohnungen an einen Privatinvestor verkauft wurden und letzten Endes in den Besitz der Vonovia übergingen, steigen in der sächsischen Landeshauptstadt die Mieten. Selbst in Plattenbauvierteln wie Gorbitz oder Prohlis kann man den Kosten für eine einfache Ein-Raum-Wohnung förmlich beim Wachsen zusehen. Der Dresdner Mieterschutzbund spricht inzwischen von Wohnungsmangel. Gerade billigen Wohnraum für junge Familien oder Azubis sucht man häufig vergebens. Sozialwohnungen sind ein knappes Gut geworden. Auch das eine Folge des Woba-Verkaufs. Der entsprechende Stadtratsbeschluss sah damals auch den Abriss von leerstehenden Gebäuden vor. Häufig handelte es sich dabei um Plattenbauten, die für geringe Mieten zu haben waren.

Inzwischen baut eine neu gegründete städtische Wohnungsbaugesellschaft mit Namen „Wohnen in Dresden“ (WiD) wieder Mietwohnungen in kommunalem Besitz. 

Antworten der AfD

Der AfD kommt das alles andere als recht: Während der Kommunalwahl versprach sie die Auflösung der WiD und die Übereignung der gebauten Wohnungen an Genossenschaften. Dazu fehlten der AfD bislang die Mehrheiten. 

In einem anderen Fall konnte man sich hingegen davon überzeugen, was die AfD unter sozialer Wohnungspolitik versteht: Mitte Oktober stimmten die Rechtspopulisten gemeinsam mit FDP und CDU einem Antrag der Freien Wähler zu und verhalfen ihm damit zur Durchsetzung. Ab sofort müssen bei Bauprojekten privater Immobilienfirmen in Dresden nicht mehr 30, sondern nur noch 15 Prozent Sozialwohnungen gebaut werden.

Offenkundig scheint sich die AfD dieser Pro-Vermieter-Politik nicht im geringsten zu schämen: Denn nur wenige Tage vor der erwähnten Abstimmung im Dresdner Stadtrat verbreitete die AfD ausgerechnet in Dresden-Gorbitz, dem Stadtteil, der wohl mit am schlimmsten vom Verkauf der städtischen Wohnungen getroffen worden ist, ein Flugblatt, in dem man lesen konnte, was sich die Herren im feinen Zwirn unter einer „Politik für den kleinen Mann“ und einem „warmen Kapitalismus“ vorstellen dürften. 

Darin feiert Bernd Lommel, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der AfD im Stadtrat den Verkauf aller städtischen Wohnungen vor 14 Jahren als „erfolgreiche Privatisierung“. 

Und er geht sogar noch weiter und erklärt, dass die „soziale Gerechtigkeit“ die „Fundamente der Marktwirtschaft“ untergraben würden. Stattdessen fordert die AfD „Eigenverantwortung“, was eine nette Umschreibung für weiteren Sozialabbau sein dürfte und lobt das „private Eigentum“. Das kann nach seinem Loblied auf den Verkauf kommunalen Eigentums kaum überraschen.

Deutlicher kann die AfD kaum sagen, wo sie steht: Die AfD möchte gern die Partei der deutschen Unternehmer sein. Wer sich soziale Wohltaten von ihr erwartet, kann nur enttäuscht werden. Für die AfD ist der Erhalt des Kapitalismus – ob nun „kalt“ oder „warm“ macht da nur propagandistischen Unterschied“ – Ehrensache!

Was tun?

Vielleicht müsste man besser fragen: Was sollte man nicht tun? Dem Verkauf der Woba hatte 2005 auch gut die Hälfte der damaligen PDS-Fraktion (eine der Vorläuferparteien der LINKEN) zugestimmt und ihn damit möglich gemacht. Die Personen, die den Verkauf damals innerhalb der PDS mit Nachdruck vertraten, wie Barbara Lässig, sind nicht selten nach ganz rechts abgewandert. Politisch und sozial war die Zustimmung eine Katastrophe für die damalige PDS und eine schwere Bürde für die spätere LINKE.

Inwischen hat DIE LINKE in einer Kooperation mit Grünen und SPD erwähnte WiD gegründet. Neue kommunale Wohnungen zu schaffen ist notwendig und richtig. Tatsache bleibt jedoch auch, dass zu wenige Wohnungen gebaut werden, als dass die niedrigeren Mieten zu Effekten auf dem Markt führen würden. Die Mieten steigen weiter. Auch sind die Mieten zwar niedriger als bei privaten Vermietern, billig sind die Wohnungen hingegen nicht zu haben.

Will man Mieten senken, kommt man um die Rekommunalisierung der Woba-Wohnungen nicht umhin. Dieser Eingriff in kapitalistisches Eigentum ist wiederum in einer Kooperation mit Grünen und SPD, die dieses Eigentum schützen, nicht möglich.   

Statt zu kooperieren wäre es bei Weitem wichtiger gemeinsam mit Gewerkschaften und Mieter*inneninitiativen zusammen eine Kampagne für die Rekommunalisierung der ehemaligen Woba-Wohnungen zu beginnen. 

Nur, wenn man selbst konsequent ist, kann man dauerhaft verhindern, dass es der Rechten gelingt sich als „Kraft der kleinen Leute“ aufzuspielen. Und das heißt eben auch, dass man dem kapitalistischen Irrsinn die Idee einer sozialistischen Demokratie gegenüberstellen und diese auch erreichen wollen muss. Auch das dürfte in einer Kooperation mit Grünen und SPD einer Quadratur des Kreises gleichkommen.

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