2020 – Wendepunkt zu einem Jahrzehnt von Unsicherheit und Explosionen

Für eine sozialistische Alternative zur Krise des Kapitalismus

Am Ende des Jahres 2020 setzen sich die Unruhen und Erschütterungen im kapitalistischen System auf der ganzen Welt fort. Für alle Aspekte des Lebens stellt dieses Jahr einen Wendepunkt dar. Zukünftige Kommentator*innen und Historiker*innen werden von einer Zeit vor und einer Zeit nach COVID sprechen. Die COVID-19-Pandemie hat Millionen Menschen Leid und Elend gebracht und den dystopischen Charakter des Kapitalismus für die zwanziger Jahre dieses Jahrhunderts offen gelegt. Die Pandemie wirkte als Beschleunigerin für die politischen, ökonomischen und sozialen Tendenzen, die bereits vor Auftreten der Krankheit vorhanden waren.

von Tony Saunois, Sekretär des Komitees für eine Arbeiter*inneninternationale

Angesichts eines drohenden Zusammenbruchs der Weltwirtschaft beim Ausbrechen der Pandemie, sahen sich die Kapitalisten gezwungen, ihr System zu stützen, um einen totalen Kollaps zu vermeiden. Mit einem Augenzwinkern wischte die herrschende Klasse im März ihre Unterwerfung unter das neoliberale Mantra von freier Marktwirtschaft und Ablehnung von staatlichen Eingriffen beiseite und legte in allen großen Volkswirtschaften massive Unterstützungsprogramme auf. Ergebnis ist eine weltweite Rekordverschuldung in Höhe von 277 Billionen US Dollar. In den Volkswirtschaften der entwickelten Länder hat die Gesamtverschuldung im dritten Quartal 2020 bereits einen Satz von 432 Prozent erreicht und ist seitdem vermutlich noch angestiegen. Für die Schuldenexplosion ist nicht allein die COVID-19 Pandemie verantwortlich. Die grundlegende Krise des Kapitalismus ließ die weltweiten Schulden seit 2016 bereits um 52 Billion US-Dollar ansteigen.

Trotz der massiven Stimulantien ist es dem morschen Gebäude Kapitalismus kaum gelungen, seine Fundamente zu stützen um einen totalen Einsturz zu vermeiden. Selbst wenn es eines Tages zu einer Erholung der Wirtschaft kommen sollte, stehen wir vor der schlimmsten wirtschaftlichen Krise seit den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts, die die Leben von Million Menschen verwüsten wird.

Rezession und Depression treffen die meisten Länder wie ein Tsunami auf eine Küste prallt – von Land zu Land schnellt die Arbeitslosigkeit nach oben. Für die vor uns liegende Dekade ist zu erwarten, dass die Wirtschaft von Krise zu Krise stolpert, mit kurzen Erholungsphasen von geringem Wachstum. In Asien, Afrika, Lateinamerika und dem Mittleren Osten herrscht bereits jetzt ein Alptraum ohne Ende. In Indien haben sich wegen der aussichtslosen wirtschaftlichen Lage im Jahre 2019 100.000 arme Bauern und Bäuerinnen das Leben genommen. 2020 wird es vermutlich zu noch schlimmeren Tragödien kommen. Selbst durch die Industrieländer schwappt eine Welle aus Armut und Entbehrungen, wie sie seit Generationen nicht erlebt wurde. Bis zu 50 Millionen US-Bürger haben Probleme, genug Lebensmittel zu bekommen, bis zu dreißig Millionen müssen befürchten, ihre Wohnungen zu verlieren. In Ländern wie Großbritannien bedrohen Armut und Hunger Millionen Menschen. Die Bilder aus dem Städtchen Burnley in Nordengland, wo Priester in Tränen ausbrachen, als sie Lebensmittel an hungernde Menschen verteilten, machten auf schockierende Weise das Trauma von Millionen Menschen sichtbar, falls die kapitalistische Krise sich weiter zuspitzt.

Die Superreichen gewinnen, der Rest leidet

Während Millionen Menschen unter den Folgen der Pandemie leiden, konnten die superreichen Oligarchen des modernen Kapitalismus weitere Unsummen anhäufen, insbesondere im Technologie-Sektor. Der reichste unter ihnen, Jeff Bezos, der Gründer von Amazon, hat inzwischen ein Vermögen von 186 Milliarden US-Dollar. Er verdient etwa 149.353 US-Dollar – pro Minute! Sein Imperium, das mehr Vermögen umfasst, als viele Nationalstaaten, verkörpert den Kapitalismus des 21. Jahrhundert in typischer Weise. Wie eine gigantische Krake umschlingen die Tentakeln von Amazon den gesamten Erdball und dringen in viele Bereiche des täglichen Lebens ein. Wirtschaftlich fußt dieses Imperium im Wesentlichen auf Ausbeutung und Entrechtung der Angestellten des Konzerns. Aber Bezos steht nicht alleine. Der zweitreichste der Oligarchen, Elon Musk, der Boss von Tesla, sah sein Vermögen im vergangen Jahr von 100 Milliarden US-Dollar auf 128 Milliarden anwachsen. Zwischen März und September 2020 wuchs das Vermögen von 643 Milliardären um etwa 845 Milliarden US-Dollar. Im Gleichen Zeitraum fiel der Stundenlohn der ärmsten achtzig Prozent der Lohnabhängigen um vier Prozent. Bereits vor der Pandemie, im Jahr 2017, besaßen die acht reichsten Menschen der Erde soviel wie die ärmste Hälfte der Menschheit. Dieser grotesken Akkumulation von Reichtum, die während der Pandemie zu beobachten war, steht der Absturz von 150 Millionen Menschen in extreme Armut spiegelbildlich gegenüber. Die Wut vieler Millionen Menschen über dieses beispiellose Unrecht wird eine entscheidende Rolle bei den explosiven Ereignissen spielen, die für das Jahr 2021 zu erwarten sind.

Die Pandemie von Armut und Ungerechtigkeit existiert parallel zu Entwicklungen in Wissenschaft und Technik, die deutlich machen, welches enorme Potential die Menschheit im 21. Jahrhundert eigentlich besitzt. Die gezielte Entwicklung eines Impfstoffes gegen eine neue Krankheit innerhalb nur eines Jahres macht das Potential für wissenschaftliche Entwicklungen deutlich. Andere mögliche Sprünge in der Forschung, wie die Früherkennung von Krebs oder die Entwicklung von Quantencomputern, haben das Potential, die Gesellschaft fundamental zu verändern. Doch unter Bedingungen des Kapitalismus können diese Errungenschaften nicht der Mehrheit der Menschen zu Gute kommen. Der Kapitalismus befindet sich in einer Sackgasse und ist das Haupthindernis für die Entwicklung der Menschheit.

Impfstoff-Ungerechtigkeit

Das Gefälle zwischen den Klassen und zwischen den Nationalstaaten wird sich in der Verteilung des Impfstoffs widerspiegeln. Etwa neunzig Prozent der Bevölkerung in den siebzig ärmsten Ländern der Erde werden während des Jahres 2021 nicht mit ausreichend Impfstoff versorgt werden. Derweil haben die reichen Länder genug Impfstoff bestellt, um ihre Bevölkerung während des gleichen Zeitraumes dreimal zu impfen. Aber sogar zwischen den reichen Ländern könnte es zu einem Streit über die Verteilung der derzeit knappen Substanz kommen.

Die politischen Verwerfungen, die die Welt 2020 erschüttert haben, geschahen mit enormem Tempo. In den Vereinigten Staaten, die in die Phase ihres historischen Niedergangs eingetreten sind, erreichte die Polarisierung zwischen den unterschiedlichen Interessen während des Wahlkampfes sogar Elemente von Bürgerkrieg. Es war klar, dass eine Mehrheit der herrschenden Klasse den erratischen und zunehmend despotisch auftretenden Trump loswerden wollte. Die Polarisierung zwischen den Klassen innerhalb der US-amerikanischen Gesellschaft ist inzwischen zu einem klaffenden Abgrund geworden, der nach einer Massenpartei der Arbeiter*innenklasse schreit. Die zunehmende Spannung drückt sich aus in dem Anstieg der Stimmen für Trump während gleichzeitig breite, radikale Opposition gegen ihn existiert. Obwohl es Biden gelungen ist, Trump zu besiegen, haben die angepassten Demokraten keine Lösung für die Krise des amerikanischen Kapitalismus anzubieten, geschweige für die existenziellen Probleme, denen sich Millionen angehörige der Arbeiter*innenklasse ausgesetzt sehen. Unter der Präsidentschaft Bidens werden sich neue, zugespitzte Kämpfe entwickeln. Dabei wird sich die Frage nach einer neuen Partei in zugespitzter Form weiter stellen. Der Trumpismus wird, mit oder ohne Trump, nicht von der Bildfläche verschwinden. Nur eine neue Arbeiter*innenpartei wird in der Lage sein, ihn politisch herauszufordern und eine Alternative anzubieten.

Die USA, China, regionale Blöcke und Allianzen

Der Niedergang der USA und der Aufstieg Chinas haben sich 2020 fortgesetzt, was sich in dem zunehmenden Handelskrieg zeigt. Dabei ist China, mit seiner speziellen Form von Staatskapitalismus, stabiler aus der Krise hervorgegangen, als die rivalisierenden kapitalistischen Länder. Aber auch China hat mit Widersprüchen und Konflikten zu kämpfen. Die chinesischen Regierung hat 2020 eine bedeutende Wende zur sogenannten Politik der zwei Kreisläufe vollzogen. Dahinter steckt eine Hinwendung der Wirtschaft zum Binnenmarkt. Während der nächsten Jahre sind in China bedeutende soziale Bewegungen unter Beteiligung der Arbeiter*innenklasse, der größten der Welt, zu erwarten. Dies zusammen mit den zu erwartenden Aufständen in den USA wird einen entscheidenden Einfluss auf die Ereignisse im Weltmaßstab haben.

Die 2020er Jahre werden von fortgesetzten Auseinandersetzungen zwischen den USA und China sowie zwischen regionalen Mächten und sich entwickelnden Blöcken gekennzeichnet sein. China versucht einen Block in Asien und dem Pazifikraum anzuführen, der jedoch sehr instabil sein wird. Dies zeigt sich beispielsweise in dem Regional Comprehensive Economic Partnership (RECEP) genannten Abkommen, das von 15 Ländern, darunter Japan und Australien, unterzeichnet wurde, die zusammen circa dreißig Prozent der Weltbevölkerung ausmachen. Die Aussicht auf instabile Blöcke und Allianzen resultiert aus den Konflikten zwischen den Großmächten und einem Prozess von De-Globalisierung der Wirtschaft, den man weltweit beobachten kann. Ein Beispiel dafür ist die Einbeziehung Kubas in die Eurasische Wirtschaftsunion, die von Russland dominiert wird. Zwischen diesen instabilen Blöcken wird es ebenfalls zu Spannungen kommen. Das zeigt sich etwa in der EU. Neben dem Brexit hat der portugiesische Ministerpräsident Antonio Costa wegen des wachsenden EU-Budgets den Vorschlag aufgeworfen, die EU zu spalten und damit den „unüberwindlichen internen Spannungen“ Rechnung zu tragen.

Die zunehmende Krise hat zu einer Intensivierung der De-Globalisierung geführt, zur Herausbildung von regionalen Allianzen und zu zunehmenden Spannungen in einer Reihe von Gebieten. Die brutalen Zusammenstöße zwischen Armenien und Aserbaidschan, die zu ethnischen Säuberungen führten, spiegeln die schrecklichen Szenarien, die die Fortsetzung des Kapitalismus mit sich bringt. Der Krieg in Äthiopien und das Eindringen von Regierungstruppen in das Tigray-Gebiet wird dramatische Auswirkungen auf die gesamte Region haben. Das Aufkommen nationaler Unabhängigkeitsbewegungen in der kapitalistischen Krise ist eine Herausforderung für Sozialisten und die Arbeiterbewegung. Widerstand gegen jede nationale Unterdrückung und die Verteidigung nationaler und ethnischer Rechte ist ein zentraler Bestandteil des Kampfes gegen Kapitalismus.Das CWI hat immer erklärt – und wurde durch die realen Ereignisse bestätigt – dass völlige nationale Selbstverwaltung und demokratische Rechte unter kapitalistischen Bedingungen nicht erlangt werden können.

Wachsende Unterdrückung – die Grenzen der Reaktion

Die herrschenden Klassen haben die COVID-Krise als Deckmantel benutzt, um autoritäre Maßnahmen einzuführen. Das CWI unterstützt alle Maßnahmen, die die Gesundheit der Arbeiter*innenklasse und der Gesamtbevölkerung schützen. Es wurden jedoch von den kapitalistischen Regierungen repressive Maßnahmen durchgeführt, die die Rechte der Arbeiter*innenklasse einschränken und die den Zweck haben, Widerstand und Protest zu unterdrücken. Laut der schwedischen Forschungseinrichtung V-Dem waren im Jahr 2020 92 Länder, in denen 54 Prozent der Weltbevölkerung leben, unter der Kontrolle von autokratischen oder autoritären Regierungen. Der Kampf für den Erhalt oder gar die Erlangung demokratischer Rechte war und ist eine entscheidende Aufgabe für die Arbeiter*innenklasse. Die Unterdrückung durch autoritäre Regimes wie in Indien, Sri Lanka, Chile und anderen Ländern, war brutal. In Frankreich haben massive Proteste gegen die undemokratische Gesetzgebung die Regierung zum Rücktritt gedrängt.

Wir haben 2020 eine Stärkung von rechtspopulistischen und teilweise sogar faschistischen Kräften in einer Reihe von Ländern erlebt, die eine reale Bedrohung darstellen. Rechte Regierungen, wie Modi in Indien oder Bolsonaro in Brasilien nutzen die Pandemie um Angriffe auf Arbeitnehmer*innen-Rechte und undemokratische repressive Maßnahmen durchzuführen. Unmittelbar vor dem Ausbruch der Pandemie im November 2019, kam es zu einer Attacke der Rechten auf die Regierung von Evo Morales in Bolivien und zu einem Versuch, eine Welle von Angriffen und Repression auf die Rechte der Arbeiter*innenklasse und der indigenen Bevölkerung auszuführen.

Gegen Ende des Jahres 2020 wurden die Grenzen der Reaktion von einer Reihe von Bewegungen demonstriert, die als Vorboten auf die zu erwartenden Bewegungen im neuen Jahr zu sehen sind. Lateinamerika ist voll von Massenbewegungen gegen rechtspopulistische Regierungen. Massenproteste in Peru haben in einer Woche drei Präsidenten hinweggefegt. Die Regierung von Guatemala musste ein Kürzungspaket unter dem Druck einer Bewegung zurücknehmen, die das Parlament gestürmt hatte. Kolumbien hat einen Generalstreik und einen Bergarbeiter-Streik erlebt. In Bolivien wurden die Wahlen, die die MAS von Evo Morales zurück an die Macht gebracht haben, von einem Generalstreik gefolgt, der die rechte Bewegung abgelenkt hat. Bolsonaro hat bei den Kommunalwahlen eine krachende Niederlage erlebt. Obwohl die traditionellen Mitte-Rechts-Parteien sich erholen konnten, hat in den Städten die radikale sozialistische Partei PSOL wichtige Erfolge erzielt. Sie wurde zum ersten Mal zweitstärkste Kraft im größten Staat, Sao Paulo. Die Arbeiter*innenpartei (PT) hat zu Gunsten der PSOL Verluste erlitten und ein neues Kapitel im Aufbau einer sozialistischen Alternative für die Arbeiter*innenklasse eingeläutet, um das Bolsonaro-Regime zu bekämpfen.

Auch die Wahlen in Venezuela haben eine Niederlage für die Rechten und Imperialisten gebracht. Trotz des wirtschaftlichen Niedergangs und der Korruption, die für die Maduro-Regierung charakteristisch sind, ist es ihnen nicht gelungen, sie zu beseitigen. Der amerikanische Imperialismus zahlt damit den Preis für die Präsidentschaft von Donald Trump. Dessen Unterstützung für die rechte Opposition und die Drohung einer US-Intervention, um Maduro abzusetzen, provozierten eine Massenbewegung und gestatteten es Maduro, sich zu halten. Das, obwohl Maduro ebenfalls repressive Maßnahmen gegen Arbeiter*innen anwendete, die gegen die Regierung gekämpft haben sowie gegen Linke, die sich gegen die herrschende Partei PSUV und deren Wahlfront Polo Patriotico gewendet hatten.

Das Pinera-Regime in Chile steht ebenfalls neuen Kämpfen gegenüber und muss 2021 ein Aufflammen von Auseinandersetzungen mit den Massen erwarten. Das Referendum um die Verfassung aus der Pinochet-Ära wurde zu einer vernichtenden Niederlage für die Herrschenden, weil sich achtzig Prozent der Wähler*innen für eine Veränderung aussprachen. Das Referendum war ein Nebenprodukt der revolutionären Aufstände, die das Land 2019 erschütterten und wurde abgehalten, obwohl bereits halbherzige Änderungen an der Verfassung vorgenommen worden waren.

In Indien hat das verhasste Modi-Regime einen Rückschlag hinnehmen müssen. Der gewaltige Generalstreik mit 250 Millionen Teilnehmer*innen im Dezember 2019 zog unerwartet einen Protest der armen, verzweifelten Kleinbauern und -bäuerinnen nach sich. Sie haben nur die Wahl, sich zur Wehr zu setzten oder in ihrer verzweifelten Armut festzustecken. Diese Massenbewegungen öffnen ein neues Kapitel im Kampf gegen die Modi-Regierung.

In der Türkei setzt die Regierung Erdogans mehr und mehr auf das Militär, um seinen Einfluss in der Region auszudehnen und Nationalismus anzustacheln. Doch es regt sich Widerstand und die Opposition wächst. Die Regierung war gezwungen, Angriffe auf das Arbeitslosengeld zurückzunehmen, nachdem es zu Streiks und zu einem Marsch von Bergleuten und Metallarbeitern auf Ankara gekommen war. Diese und andere Bewegungen, wie eine Generalstreik in Indonesien am Ende von 2020, folgen auf die sozialen Massenbewegungen in Nigeria, Libanon, Irak, Belarus, Thailand und anderen Ländern. Die Black-Lives-Matter Bewegungen in den USA, Großbritannien und vielen anderen Ländern, waren Teil dieser sozialen Aufstände. Einige dieser Bewegungen, wie die „End SARS“-Revolte in Nigeria, begannen unpolitisch, politisierten sich dann aber sehr schnell, insbesondere gegen Korruption und die „Alte Ordnung“.

Revolution und Konterrevolution – die Notwendigkeit einer sozialistischen Alternative

Der globale Kampf zwischen Revolution und Konterrevolution entfaltet sich. Die kapitalistische Gesellschaft ist in einer ausweglosen Situation angekommen und befindet sich in einem Todeskampf. Es ist dringender, als jemals zuvor, dass neue Massenparteien der Arbeiter*innenklasse mit sozialistischem Programm aus den Kämpfen hervorgehen und das verfaulte Profitsystem abschaffen. Die vielfältigen Krisen von Wirtschaft, Politik, Sozialem und Umwelt können innerhalb des Kapitalismus nicht gelöst werden.

Es ist der Mangel an einer starken Alternative, die Abwesenheit oder die Schwäche einer sozialistischen Alternative zum Kapitalismus im Bewusstsein der Menschen und in der politischen Wirklichkeit, die die Ablösung des Kapitalismus unnötig langwierig und kompliziert macht, länger und schwieriger, als es notwendig wäre. Die Aufstände, die gegen die existierenden Regimes stattgefunden haben, boten keine klare politische Alternative und waren daher dazu verurteilt, im Ansatz stecken zu bleiben und ihre Wirkung nicht voll zu entfalten, geschweige zu einem erfolgreichen Ergebnis zu kommen. Dementsprechend konnten sich die bestehenden Regimes an der Macht halten und es konnten nur kosmetische Änderungen erzielt werden, die den Kapitalismus nicht in Frage stellten.

Dieser Umstand findet seinen Ausdruck in den Führer*innen der linken politischen Parteien, der PODEMOS in Spanien, dem Linksblock in Portugal, der LINKEN in Deutschland und France Insoumise (Unbeugsames Frankreich), die sich weigern, die Arbeiter*innenklasse mit einem unabhängigen sozialistischen Programm auszustatten. Unglücklicherweise versuchten Teile der Linken, wie die Corbynistas in in der britischen Labour-Party, Frieden mit den rechten und prokapitalistschen Kräften zu schließen. Gerade jetzt zahlen sie den Preis für diese Politik, denn die Rechte wurde dadurch gestärkt und wird ihr eigenes Programm durchziehen und ist bereit, die verbliebenen Linken aus der Labour Party herauszudrängen. Diese Situation erfordert eine kampfbereite Führung auf der Linken. Davon ist unglücklicherweise nichts zu sehen. In den USA hat es Bernie Sanders vermieden, einen Bruch mit den Demokraten herbeizuführen und damit den Prozess der Bildung einer neuen linken Massenpartei verlangsamt. Auch wenn Millionen von Menschen erleichtert sind über die Niederlage Donald Trumps, bieten die unternehmerfreundlichen Demokraten unter der Führung Bidens der Arbeiter*innenklasse keine politische Alternative.

Die Führungen großer oder einflussreicher kommunistischer Parteien, wie in Indien, Portugal oder Chile, haben es nicht geschafft, einen wirkungsvollen Kampf der Massen oder eine sozialistische Alternative zu organisieren. In Indien hat die Abwesenheit einer kampfbereiten Führung sowie Niederlagen bei den Wahlen die Massen allein gelassen und zu Krisen in diesen Parteien geführt. Das droht auch in anderen Ländern.

Der Aufbau von neuen Massenparteien der Arbeiter*innenklasse sowie von marxistischen Parteien zusammen mit dem entscheidenden Kampf für eine Umwandlung der Gewerkschaften in kämpferische Organisationen der Arbeiter*innenklasse sind die wichtigsten Herausforderungen für Sozialist*innen. Die Tiefe der gegenwärtigen Krise macht diese Aufgabe dringender als je zuvor.

Die unvergleichliche Krise, die den Kapitalismus 2020 traf, wird 2021 nicht überwunden werden. Ihre Folgen werden in 2021 und danach stärker und stärker die Leben von Millionen Menschen beeinflussen. Der Horror von Krieg und Armut werden 2021 zunehmen, ebenso die sozialen Umwälzungen. Der Kapitalismus hat eine beispiellose neue Krise erreicht. Daraus erwachsen viele Unsicherheiten – politisch, sozial, wirtschaftlich und geopolitisch. Diese vielfältigen Krisen erfordern eine globale Lösung. Die Notwendigkeit für einen Bruch mit dem Kapitalismus mit dem Ziel einer demokratisch geplanten, sozialistischen Wirtschaft, ist die Herausforderung dieser Epoche.

Das CWI hat die Krise von 2020 vom ersten Moment an analysiert und die zu erwartenden Trends und Entwicklungen für die kommenden Monate und Jahre erklärt. Nach wie vor gilt Marx’ Wort „Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kommt aber darauf an, sie zu verändern“. Die Analysen des CWI gehen Hand in Hand mit der Beteiligung am täglichen Kampf der Arbeiter*innenklasse. In London waren Mitglieder der Socialist Party die Speerspitze bei der Durchsetzung von Forderungen zum Schutz der Busfahrer*innen und Pflegekräfte vor COVID. In den zahlreichen Streiks, die in Irland 2020 stattfanden, war das CWI an der Seite der beteiligten Arbeiter*innen und unterstützte deren Kämpfe. Die Proteste und Massenbewegungen in Nigeria, Indien, Chile und Südafrika sahen kämpferische Beteiligung der CWI-Aktivist*innen, die Zustimmung zu ihren konkreten Kampfmaßnahmen und für sozialistische Forderungen erhielten. In den USA haben CWI-Unterstützer*innen sich in den Wahlkampf von Howie Hawkins eingebracht und dort für sozialistische Ideen gekämpft. In Deutschland und Frankreich haben CWI-Unterstützer*innen aktiv am Kampf gegen die Rechten teilgenommen.

2021 wird neue Möglichkeiten eröffnen. Wichtige Schichten von kämpferischen Jugendlichen und Arbeiter*innen suchen nach Alternativen und kämpfen um einen Weg, sich vom kapitalistischen System zu befreien. Aufgabe des CWI wird es sein, mit gründlicher Analyse der Ereignisse und Intervention in die Ereignisse für sozialistische Ideen und Organisationen zu kämpfen. Das sind die notwendigen Waffen, um Arbeiter*innen und Jugendlichen dabei zu helfen, die notwendigen Schlussfolgerungen zu ziehen und die Herrschaft des verfaulten Kapitalismus zu beenden und an dessen Stelle eine sozialistische Alternative zu setzen, die einzige Zukunft, in der die Menschheit sich wirklich entwickeln kann.