Gemeinsam kämpfen ist das Gebot der Stunde
Anfang Dezember 2020 ging bei der Stadt Mainz ein Schreiben ein, das an den Oberbürgermeister Michael Ebling, den Sozialdezernenten Eckart Lensch (beide SPD) und die Leiterin des Jugendamtes Juliane Opelka adressiert gewesen ist. In diesem Schreiben beschrieben die Unterzeichner*innen die unter Corona verschärften Arbeitsbedingungen und vor allem den Mangel an Schutzkonzepten trotz viel höheren Infektionszahlen im Vergleich zum Jahresanfang 2020. Unterschrieben haben den Brief 700 Kolleg*innen aus 45 von 59 städtischen Kitas und damit ein Großteil des Kitapersonals.
von Mitgliedern der Sol in Mainz
In dem Schreiben heißt es, dass die Situation dramatisch sei, da in allen Bereichen durch den hohen Krankenstand bzw. wegen Quarantäne Personal fehlen würde. Die hierdurch gerissenen Lücken seien durch Springkräfte nicht mehr zu stopfen. Diese Methode führe dazu, dass es zu einer „Durchmischung“ von Personal kommen würde, die das Infektionsrisiko massiv erhöhe. Außerdem wird kritisiert, dass trotz der höheren Gefährdungslage im Dezember ein schlüssiges Gesamtkonzept fehlen würde.
Die Zusage der Stadt, Masken umsonst zu verteilen und anlasslose Tests durchzuführen, ist Ergebnis des Drucks, der sich langsam aufbaut. Doch die Zugeständnisse gehen überhaupt nicht weit genug. Insgesamt sollen 16.000 FFP2-Masken sowie 8000 chirurgische Maskenkostenlosverteilt werden. So kommen 13 FFP2-Masken und sieben chirurgische Masken pro Erzieher*in zusammen. Das ist nicht einmal genug für einen Monat. Außerdem ist völlig unklar, wer und wie oft getestet werden soll und vor allem wann. Im Januar fanden gerade einmal 15 Tests statt. Das ist viel zu wenig. Jetzt braucht es flächendeckende, regelmäßige und kostenlose Tests für alle Kolleg*innen während der Arbeitszeit!
Keine Spaltung von Erzieher*innen, Kinder und Eltern!
Als Reaktion versuchte die Stadt die Situation herunterzuspielen. In dasselbe Horn blies auch Andreas Winheller, Sprecher des Stadtelternausschusses und Mitglied im SPD-Vorstand Mainz-Neustadt. Die Situation sei laut Winheller nicht viel dramatischer als in anderen Bereichen (z.B. im Einzelhandel oder bei Angestellten des ÖPNVs). Des Weiteren hätte die Stadt im Januar 15 (!) Kinder getestet, wovon nur eins positiv getestet worden sei. Winheller legte nahe, Erzieher*innen würden nun allein für sich eine „Oase der Sicherheit in einer gefährlichen Welt“ beanspruchen. Das ist ein Schlag ins Gesicht für die Beschäftigten, deren Berufsgruppe mit das größte Risiko aufweist, an einer Corona-Infektion zu erkranken.
Natürlich ist auch für die meisten Eltern die aktuelle Situation eine extreme Herausforderung. Doch solche Äußerungen lenken vom Versagen der Stadt ab, für sichere Arbeitsbedingungen zu sorgen und Eltern zu entlasten, und bieten auch für Eltern keinen Ausweg. Durchsie soll einerseits ein Spaltkeil zwischen die verschiedenen Berufsgruppen, aber auch zwischen Erzieher*innen und Eltern, getrieben werden.Die Interessen der Eltern und der Erzieher*innen müssen aber in keinem Widerspruch stehen. Die Forderungen der Erzieher*innen erhöhen nicht nur ihre eigene Sicherheit, sondern auch die Sicherheit der Kinder und der Eltern.
Was es jetzt braucht!
Wie in den Schulen fehlt es auch in den Kitas an Lüftungsanlagen. Deswegen unterstützen wir die Forderungdes Kitapersonals, diese in allen Kitas einzubauen. Die Erklärung der Landesregierung dies nur in Räumen, die nicht gelüftet werden können und unbedingt gebraucht werden zu tun, ist absurd. Flächendeckende Luftfilteranlagen hätten schon längst in allen Schulen, Kitas und öffentlichen Einrichtungen installiert werden können, wenn das notwendige Geld nicht für Konzerne wie Lufthansa, TUI, der Autoindustrie oder zum Aufrüsten der Landespolizei verschleudert worden wäre! Des Weiteren fordern wir eine bedarfsgerechte Aufstockung des Kitapersonals, so wie eine massive Erhöhung der Löhne in diesem Bereich.
Mainz ist derzeit nicht die einzige Stadt mit katastrophalen Verhältnissen in den Kitas. Landesweit leidet der Erziehungsbereich unter immer weiteren Kürzungen die unter dem Druck, der Verschuldung der Kommunen zu begegnen, durchgeführt werden. Rheinland-Pfalz ist das Bundesland mit der zweithöchsten Verschuldung seiner Kommunen nach dem Saarland. Insgesamt beliefen sich die Schulden pro Einwohner*in 2018 auf 3230 Euro. Deshalb fordern wir auch die Entschuldung der Kommunen und massive Investitionenim öffentlichen Dienst. Dies könnte durch die Reaktivierung der Vermögenssteuer und ein stark fortschrittliches Steuersystem auf Unternehmensprofite und Erbschaften finanziert werden.
Es ist gut, dass Kolleg*innen ihre Forderungen selbstbewusst formulieren. Doch klar ist auch, dass zur Durchsetzung dieser Forderungen eine Petition mit 700 Unterschriften nicht reichen wird.
Was muss also geschehen?
Jetzt wäre es an der Zeit, den Unmut der Kolleg*innen im Erziehungsbereich aufzugreifen und zu mobilisieren. ver.di könnte zusammen mit der LINKEN und anderen linken und sozialen Gruppen sowie den Eltern zu Kundgebungen vor dem Stadthaus aufrufen, die Petition der Erzieher*innen weiterverbreiten und so weiter Druck aufbauen.
Wenn die Stadt von sich aus keine sicheren Arbeitsbedingungen sicherstellen will, solltever.di Verhandlungen für einen Sondertarifvertrag fordern, welcher Schutzmaßnahmen im Erziehungsbereich festlegt (z.B. zur Verfügungstellung von Masken, Arbeitszeiten, Tests etc.). Sollte sich die Stadt weigern auf die Forderungen weiter einzugehen, könnten in diesem Zusammenhang auch Streiks organisiert werden, um die Stadt weiter unter Druck zu stellen.
Eine solche Kampagne sollte drauf abzielen, weitere Unterstützung für die Forderungen der Erzieher*innen in der Gesellschaft zu finden und diese zu gemeinsamen Aktionen zu mobilisieren. Wenn sich die Kolleg*innen und Eltern ihrer gemeinsamen Interessen bewusst werden und zusammen agieren, kann den Spaltungsversuchen entgegengewirkt werden!
An einer solchen Kampagne sollte sich auch der Kreisverband von DIE LINKE in Mainz/Mainz-Bingen und die Landespartei aktiv mit eigenem Material und eigenen Initiativen beteiligen.
Wir stehen solidarisch an der Seite der Erzieher*innen und werden unser Möglichstes tun, um ihre Forderungen populär zu machen und bei ihrer Durchsetzung zu helfen.
Wir kämpfen für:
- Höhere Löhne und mehr Personal in allen städtischen Kitas!
- Flächendeckende, regelmäßige und anlasslose Coronatests für Kinder und Personal!
- Luftfilteranlagen an allen Kitas, Schulen und öffentlichen Einrichtungen
- Erlassung aller Schulden der Kommunen und Städte!
- Massive Investitionen inKitas und öffentlichen Betreuungseinrichtungen!
- Freistellung bei voller Lohnfortzahlung für alle Eltern, die ihre Kinder betreuen!
- Einmalige Vermögensabgabe für Millionär*innen,Reaktivierung der Vermögenssteuer und höhere Steuern auf Unternehmensprofite und Erbschaften!
- Gemeinsame Kampagnen von ver.di, DIE LINKE, Eltern und weiteren sozialen und linken Organisationen zur Durchsetzung aller Forderungen! Notfalls auch die Vorbereitung von Streiks im Erziehungsbereich!
Wenn du unseren Forderungen und Ideen zustimmst, melde dich bei uns und werde aktiv!
E-mail: mainz@solidaritaet.info