Nach einer monatelangen Kampagne sind der geplante Abbau von hundert Betten und die faktische Schließung eines Standorts des Städtischen Klinikums Dresden vorerst vom Tisch.
Von Steve Hollasky, Dresden
Bereits seit 2012 in einer großen Kampagne, an der Mitglieder der heutigen Sol führend beteiligt waren, die Umwandlung der damals als zwei städtische Eigenbetriebe in kommunale GmbHs verhindert wurde, jagt ein Kürzungsplan im Städtischen Klinikum den nächsten. Zwar konnte durch den erfolgreichen Bürger*innenentscheid 2012 die Bezahlung der Beschäftigten nach TVöD erhalten und weitere Privatisierungen ausgeschlossen werden, doch seither wird kräftig an der Sparschraube gedreht.
So wurden inzwischen beide Häuser fusioniert, was für das ehemalige Krankenhaus Dresden-Neustadt unter anderem den Verlust der Apotheke bedeutete. Später wurde dann der Plan bekannt, die Psychiatrische Institutsambulanz im Stadtteil Weißer Hirsch zu schließen. Nach Protesten nahm man von diesem Vorhaben wieder Abstand.
Hintergrund der Einsparpläne sind die roten Zahlen, die das Klinikum seit mehreren Jahren schreibt. Diese sind ein Ergebnis der Fallpauschalen (DRGs), die seit 2005 das Abrechnungswesen der Krankenhäuser deutlich verändert haben. Statt bei den Krankenkassen reale Kosten abzurechnen, erhalten Krankenhäuser Pauschalen nach Diagnosen. Diese Sätze sind deutlich zu gering bemessen und benachteiligen kommunale Krankenhäuser, die medizinische Vollversorgung anbieten. Hingegen sind private Krankenhäuser im Vorteil, die sich auf teure Diagnosen spezialisieren. Somit machen kommunale Krankenhäuser häufig Verluste. Zudem geraten Kliniken unter Druck, am Personal zu sparen.
Kürzungspläne
Im letzten Jahr wurden die Wirtschaftsprüfer von Ernst & Young durch die Stadtspitze beauftragt ein „Zukunftskonzept“ für das Städtische Klinikum zu entwickeln. Die Firma, die tief in den Skandal um den Finanzdienstleister Wirecard verwickelt war, erhielt für ihre Arbeit ein Honorar in Höhe von 500.000 Euro von der sächsischen Landeshauptstadt.
Im Gegenzug legte sie ein Konzept vor, bei dem mindestens 100 Betten abgebaut und der Standort Trachau faktisch geschlossen werden Sollte. Etwa 97 Prozent der stationären Leistungen an diesem Standort Sollten entweder gestrichen oder an den Standort Friedrichstadt verlegt werden.
Quasi im Austausch erhoffte sich die Stadtspitze Geld aus dem Krankenhausstrukturfonds des Bundes. Der gibt jedes Jahr 750 Millionen Euro dafür aus, dass Kommunen ihre Krankenhäuser schließen oder deutlich schrumpfen lassen.
Gegen die Verlängerung dieser Krankenhausabwrackprämie stimmt regelmäßig die Bundestagsfraktion der LINKEN. Umso grotesker, dass der Plan für das Dresdner Klinikum, der auf einer Finanzierung durch die Krankenhausabwrackprämie fußt, maßgeblich von einer LINKEN Sozialbürgermeisterin mit erarbeitet wurde. Kristin Kaufmann rührte denn auch in den Monaten seither kräftig die Werbetrommel für ihr Konzept.
Widerstand
Das Dresdner „Bündnis für Pflege“, dass Sol-Mitglieder mit ins Leben gerufen haben, und die Betriebsgruppe der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) des Städtischen Klinikums sind monatelang gegen die Pläne angegangen.
Zusammen organisierten sie zahlreichen Protest- und Flugblattaktionen und eine Petition mit 5000 Unterschriften. Vertreter des Bündnisses sprachen bei einer Expertenanhörung vor dem Stadtrat, im Petitionsausschuss, vor den Stadtbezirksbeiräten von Dresden-Pieschen und verteilten Material an Abgeordnete.
Zudem suchten Sol-Mitglieder immer wieder die Debatte innerhalb des Dresdner Stadtverbandes der LINKEN und forderten deren klares Bekenntnis gegen die Pläne von Kristin Kaufmann. Häufig wurden die Positionen des Bündnis auch in der lokalen Presse zitiert.
Erfolg
Im Ergebnis beschloss der Stadtrat am 10. Juni, bis auf eine Enthaltung einstimmig, einen Antrag von LINKEN, SPD und Grünen, dass die Entscheidung über die Einsparung von hundert Betten und die weitgehende Schließung eines Standortes nicht auf dieser Sitzung, sondern erst 2025 getroffen werden soll. Damit sind die Kürzungspläne um mehrere Jahre verschoben. Auch nach Einschätzung der Dresdner LINKEN ist dies ein Ergebnis der außerparlamentarischen Aktionen. Zu Beginn waren diese gerade von einigen CDU-Abgeordneten noch verlacht worden.
Dennoch ist auch schon vor 2025 mit weiteren Angriffen zu rechnen. Wir stehen in den Startlöchern, um auch diese abzuwehren. Doch dazu müssen wir stärker werden! Komm zur ver.di-Betriebsgruppe des Städtischen Klinikums oder zum „Bündnis für Pflege“! Kämpft mit uns für ein öffentliches Gesundheitswesen und eine Pflege in öffentlicher Hand; für eine gesetzliche Personalbemessung nach realem Bedarf; gegen Fallpauschalen, Profitstreben und Effizienzdenken! Wir wollen nicht nur ein Stück vom Kuchen, wir wollen die ganze Bäckerei!