Gegen US-Embargo und kapitalistische Restauration – für Arbeiter*innendemokratie und wirklichen Sozialismus
Am 11. Juli wurde Kuba von den größten Protesten seit dem Ausbruch der “Maleconazo”-Proteste im Jahr 1994 erschüttert. Die Proteste von 1994 folgten auf den Zusammenbruch der ehemaligen UdSSR und den abrupten Abbruch der Hilfe für Kuba. Dies führte zu einem schwindelerregenden Rückgang des kubanischen Bruttoinlandsprodukts um 30 Prozent und zur Einführung dessen, was Fidel Castro damals als “Sonderperiode” bezeichnete.
Von Tony Saunois, Sekretär des Komitees für eine Arbeiter*inneninternationale (CWI)
Die Proteste im Juli 2021 wurden zweifellos vom Imperialismus hochgejubelt, dennoch könnten sie eine entscheidende Veränderung der Situation in Kuba darstellen. Sie mögen einige in der Linken schockiert haben, die Kuba als Alternative zum Kapitalismus und als widerständig gegen die Macht des US-Imperialismus betrachten.
Viele haben auf die beeindruckenden Errungenschaften geschaut, die in Kuba nach der Revolution von 1959/60 in den Bereichen Gesundheit, Bildung, Alphabetisierung und anderen Bereichen erreicht wurden. Das CWI hat die Errungenschaften der Revolution konsequent verteidigt. Gleichzeitig haben wir die bürokratischen Methoden der Herrschaft von oben nach unten sowie das Fehlen einer echten Arbeiter*innendemokratie und einer demokratischen Arbeiter*innenkontrolle und -verwaltung in der verstaatlichten Wirtschaft kritisiert. Leider sind die meisten Errungenschaften der Revolution in den letzten dreißig Jahren ausgehöhlt worden. Deshalb ist es für Sozialist*innen notwendig, das, was sich in Kuba abspielt, genau zu bewerten und daraus entscheidende Lehren zu ziehen.
Die Proteste am 11. Juli ereigneten sich vor dem Hintergrund einer weiteren dramatischen Wirtschaftskrise, die durch die Pandemie und das vom US-Imperialismus verhängte Embargo beschleunigt und verschlimmert wurde. Im Jahr 2020 schrumpfte die Wirtschaft um mindestens 11 Prozent. Die COVID-19-Pandemie zerstörte die Wirtschaft, die zunehmend vom Tourismus abhängig war.
Die Armut nahm dramatisch zu, und zum ersten Mal seit der Revolution von 1959/60 herrschte wieder Hunger. Die Krise wird durch das rachsüchtige Embargo, das der US-Imperialismus 1960 verhängte und das von Trump verschärft und unter Biden fortgesetzt wurde, erheblich verschärft. Verschärft wurde sie außerdem durch den Zusammenbruch des Tourismus aufgrund der Folgen der Pandemie.
Das CWI und alle Sozialist*innen haben von Anfang an gegen das Embargo gekämpft und fordern, dass es aufgehoben wird. Stromausfälle, Lebensmittelknappheit und ein dramatischer Rückgang des Lebensstandards haben stattgefunden. Doch die Krise wurde auch durch das bürokratische Missmanagement der Wirtschaft, das Fehlen einer echten demokratischen Arbeiter*innenkontrolle und -verwaltung und die historisch falsche Politik des Regimes verschärft.
Wie sich die Situation in den nächsten und übernächsten Monaten entwickelt, ist ungewiss. Doch das kubanische Regime, das jetzt vom Präsidenten und Ersten Sekretär Miguel Díaz-Canel geführt wird, steht vor seiner größten Bedrohung seit der Revolution.
Das Regime steht vor dieser Krise, wenn es zum ersten Mal keinen Castro in der offiziellen Führung gibt. Die Castros, besonders Fidel, und andere Führer der Revolution, hatten aufgrund der Revolution eine immense Autorität, die der jetzigen Führung fehlt.
Die erste Reaktion des Regimes war, die Demonstrant*innen als “Kriminelle”, “Delinquenten” und “Konterrevolutionäre” zu denunzieren. Dies wurde später modifiziert, um anzuerkennen, dass echte Missstände existieren. Bezeichnenderweise wurde berichtet, dass Raul Castro an einem Regierungstreffen teilnahm, um die Situation zu besprechen.
Die entscheidenden Fragen, die sich nun stellen, sind, was hinter den aktuellen Protesten steckt – sind ihre Teilnehmer*innen lediglich reaktionäre Konterrevolutionär*innen, die mit den Exilkubaner*innen in Miami und dem US-Imperialismus zusammenarbeiten? Wie sieht die Zukunft für das kubanische Regime aus und welche Haltung sollten Sozialist*innen gegenüber diesen Entwicklungen einnehmen? Diese Fragen haben international eine Debatte und Diskussion in der sozialistischen Linken ausgelöst. Einige haben die Proteste einfach als konterrevolutionär abgetan und das Regime unkritisch oder nahezu unkritisch unterstützt.
Die Gefahr einer Konterrevolution
Die Gefahr einer vollständigen kapitalistischen Konterrevolution ist jetzt zweifellos eine ernsthafte Bedrohung. Sollte sie eintreten, wäre das ein Schlag für die internationale Arbeiter*innenklasse. Die internationale Kapitalistenklasse würde sie nutzen, um ihre ideologische Offensive gegen die Idee des Sozialismus zu verstärken. Doch es stellt sich die Frage, warum es zu dieser Bedrohung kommt? Die Antwort darauf liegt in den bürokratischen Methoden, der falschen Politik und den verpassten Chancen des Regimes. Das hat dazu geführt, dass Kuba isoliert ist, aber dennoch die Sympathie und Unterstützung vieler Arbeiter*innen und Jugendlicher auf der ganzen Welt genießt, die es weiterhin als Herausforderung für den Kapitalismus, insbesondere den US-Imperialismus, sehen.
Die Revolution von 1959/60 genoss die Unterstützung der Masse der kubanischen Bevölkerung. Sie fegte die verhasste Batista-Diktatur hinweg, die eine Marionette des US-Imperialismus war. Vor der Revolution war Kuba ein Spielplatz für die Reichen und Mächtigen der USA geworden, insbesondere mit seinen Stränden, Casinos und Bordellen.
Millionen begrüßten den Sieg von Castros Guerillatruppen, als sie in Havanna einmarschierten und von einem Generalstreik empfangen wurden. Castros ursprüngliche Idee war nicht, mit dem Kapitalismus zu brechen, sondern einen “modernen” “progressiven Kapitalismus” zu etablieren. Che Guevara vertrat von Anfang an die Idee des Sozialismus, obwohl er keine ausgearbeitete Vorstellung davon hatte, wie dieser erreicht werden sollte und welche Klasse ihn anführen würde.
Der US-Imperialismus konnte es jedoch nicht dulden, dass Castros Regime Reformen durchführte, die sie ablehnten, und ihm einen Schlag nach dem anderen versetzte. Das neue Regime antwortete mit immer radikaleren Maßnahmen. In einer Reihe von schrittweisen Maßnahmen wurde die Wirtschaft verstaatlicht und der Kapitalismus ausgelöscht, und Kuba erklärte sich als “sozialistisch”. Dies löste vor allem in der neokolonialen Welt massive Begeisterung aus. Doch das neue Regime in Kuba geriet zunehmend in das Lager der stalinistischen Bürokratie in der UdSSR, die sich auf ein günstiges Handelsabkommen mit Havanna einließ. Dadurch wurden massive Reformen durch Castros Regime eingeführt. Trotz des Fehlens einer echten demokratischen Arbeiter*innenkontrolle und -führung war das Regime immens populär.
Allerdings regierte es von Anfang an nicht auf der Grundlage eines echten Systems der Arbeiter*innendemokratie mit demokratischer Arbeiter*innenkontrolle und -verwaltung. Die Massenorganisationen, die aufgebaut wurden, vor allem die Komitees zur Verteidigung der Revolution (CDRs) obwohl sie anfangs eine hohe Beteiligung der Arbeiter genossen und eine Zeit lang eine gewisse Autorität hatten, waren in Wirklichkeit eher Transmissionsriemen für die Regierung als unabhängige demokratische Organe der Arbeiter*innenmacht. Dies führte zu wirtschaftlichen Zickzackkursen und schweren Fehlern. Repressive Maßnahmen wurden gegen diejenigen ergriffen, die dies kritisierten, auch von links. Dennoch genoss das Regime über einen längeren Zeitraum hinweg massive gesellschaftliche Unterstützung. Dies spiegelte sich in der Fähigkeit des Regimes wider, sich selbst nach dem Zusammenbruch der UdSSR vor dreißig Jahren und seinen verheerenden Auswirkungen auf die kubanische Wirtschaft an der Macht zu halten. Angesichts des katastrophalen wirtschaftlichen Zusammenbruchs ist es erstaunlich, dass große Proteste nicht früher ausgebrochen sind.
Als Fidel Castro 1994 mit den Demonstrant*innen zusammentraf, konnte er seine Autorität nutzen, um die Situation zu stabilisieren, und er versprach einige Reformen. Heute steht das Regime vor einer veränderten Situation und hat nicht mehr die Autorität von Castro oder anderen Führern.
Die repressiven und erdrückenden bürokratischen Methoden haben immer mehr junge Menschen entfremdet, die im Gegensatz zu den Älteren die Errungenschaften der Revolution nicht erlebt haben. Sie haben nur Jahrzehnte des Stolperns von einer Krise in die nächste ertragen. Dass ein angeblich revolutionär-sozialistisches Regime die Unterstützung der Jugend verliert, ist eine gefährliche und negative Entwicklung. Neben der Wirtschaftskrise gibt es auch einen Durst nach demokratischen Öffnungen und Ausdrucksmöglichkeiten. Dies spiegelte sich in den Protesten von Künstler*innen und Musiker*innen im Vorfeld der Ereignisse am 11. Juli wider. Die Forderung nach mehr demokratischen Rechten und Ausdrucksmöglichkeiten ist auch ein starker Faktor, der das Regime untergräbt.
Der westliche Imperialismus versucht, um die Unterstützung der kubanischen Jugend zu werben. George Bush hat auf den Einsatz von Technologie gedrängt, die der kubanischen Jugend den Zugang zum Internet ermöglichen würde.
Konfrontiert mit der wirtschaftlichen Krise und Stagnation vor der Pandemie und dem Verlust des billigen Öls, das es sich gesichert hatte, als Chavez das venezolanische Regime führte, hatte die kubanische Regierung bereits einige weitere Schritte in Richtung der Einführung pro-kapitalistischer Maßnahmen und der Zulassung von Privateigentum in Sektoren der Wirtschaft unternommen. Die Sektoren der Wirtschaft, die sich in privater Hand befinden dürfen, haben sich von 127 auf 2000 erhöht. Wie weit sich dies tatsächlich entwickelt hat, ist fraglich und der Staat behält wohl die Kontrolle über die entscheidenden Wirtschaftssektoren.
Doch diese Maßnahmen haben neben der Einführung der Doppelwährung – dem Peso und dem konvertierbaren Peso CUC – vor fast dreißig Jahren die Ungleichheit enorm vergrößert zwischen denjenigen, die im Tourismussektor arbeiten, und anderen, die den Dollar benutzen. Jetzt hat die Regierung den CUC abgeschafft und Geschäfte eröffnet, die mit einer Bankkarte Dollar akzeptieren. Diese teilweise Dollarisierung der Wirtschaft wird als weiterer pro-kapitalistischer Schritt genutzt.
Neben der katastrophalen wirtschaftlichen Situation ist ein weiterer Faktor, der die jüngsten Proteste angeheizt hat, die sich verschlechternde Gesundheitssituation während der Pandemie. Anfangs hatte das Regime die Situation relativ gut im Griff und es gelang ihm, das renommierte kubanische Gesundheitssystem und seine Armee von ausgebildeten Ärzt*innen und Heilpraktiker*innen zu mobilisieren. Doch in dem verzweifelten Bemühen, Einnahmen aus dem Tourismus zu erzielen, öffnete die Regierung im November letzten Jahres die grenzen und ließ ausländische Tourist*innen aus den USA einreisen, die die Delta-Variante des Virus mitbrachten. Infolgedessen sind die Infektionen in die Höhe geschnellt. Dies vor dem Hintergrund, dass nur etwa 15 Prozent der Bevölkerung mit zwei Dosen vollständig geimpft sind.
An den Protesten, die am 11. Juli ausbrachen, scheinen rechte Konterrevolutionäre mit einigen Verbindungen zu Exilkubaner*innen in Miami beteiligt gewesen sein. Es wurde eine intensive Social-Media-Kampagne unter dem Slogan #SOSCuba gestartet. Diese Kräfte haben den Slogan “Patria y vida” – Heimat und Leben – übernommen, eine verzerrte Version von Castros Slogan “Patria o muerte” – Heimat oder Tod.
Diese Elemente waren zweifelsohne in den Protesten präsent. Gleichzeitig gingen andere aus Frust auf die Straße und forderten Impfstoffe, ein Ende der Stromsperren, ein Ende der Knappheit und ein Ende der Diktatur und mehr Demokratie.
Zur gleichen Zeit, worüber in den meisten westlichen kapitalistischen Medien nicht berichtet wurde, kamen in einigen Gebieten einige Pro-Regierungsanhänger*innen zusammen, um die Büros der Kommunistischen Partei zu verteidigen, was zeigt, dass das Regime noch eine Schicht von Unterstützer*innen hat.
Lehren aus dem Zusammenbruch der stalinistischen Staaten
Ein verwirrtes und gemischtes politisches Bewusstsein ist wahrscheinlich bei allen Demonstrationen vorhanden. Viele, die gegen die Wirtschaftskrise protestieren und mehr Demokratie fordern, werden nicht die Rückkehr zum Kapitalismus fordern. Doch ohne ein organisiertes revolutionär-sozialistisches Alternativprogramm zur Bekämpfung des Imperialismus und gleichzeitig zur Errichtung eines echten Systems der Arbeiter*innendemokratie kann eine Bewegung in der einen oder anderen Form in eine kapitalistische Restauration umschlagen. Ein ähnlicher Prozess fand in der DDR und anderen osteuropäischen stalinistischen Staaten sowie in der UdSSR statt. Der Prozess der kapitalistischen Restauration begann nicht mit Demonstrationen, die eine Rückkehr zum Kapitalismus forderten. Es ging um demokratische Rechte und ein Ende des Mangels, der wirtschaftlichen Stagnation und des Niedergangs.
Das Fehlen von Organisationen der Arbeiter*innenklasse mit einem Programm zur Beseitigung der Bürokratie und ihrer Ersetzung durch Arbeiter*innenregierungen auf der Grundlage einer demokratischen Arbeiter*innenkontrolle und Verwaltung der Planwirtschaft sowie die Anziehungskraft des höheren Lebensstandards in Westeuropa führten dazu, dass die Bewegungen zum Prozess der kapitalistischen Restauration mutierten, den weite Teile der ehemaligen Bürokratie annahmen.
Ein ähnlicher Prozess könnte sich nun in Kuba entwickeln, insbesondere mit Biden statt Trump im Weißen Haus. Die Idee, das Regime zu stürzen, die Wirtschaft zu öffnen und das Embargo zu beenden, könnte eine Schicht anziehen, um die bestehende verheerende Krise zu beenden. Doch ein solcher Prozess würde nicht dazu führen, dass die kubanischen Massen ihren Lebensstandard anheben. Sie würden in das Elend gestürzt werden, dem die Massen im übrigen Lateinamerika gegenüberstehen.
Eine Komplikation im Prozess der kapitalistischen Restauration ist die Aussicht, dass ehemalige Landbesitzer und kapitalistische Kubaner in Miami nach Kuba zurückkehren, um das zurückzufordern, was sie oder ihre Familien während der Revolution verloren haben. Die reaktionärsten Kubaner*innen in Florida, die sogenannten “Gusanos” (Würmer), fordern eine militärische Intervention. Der Bürgermeister von Miami und der Bürgermeister von Miami-Dade County haben sich auf die “Monroe-Doktrin” berufen und Biden aufgefordert, militärisch zu intervenieren. Obwohl es äußerst unwahrscheinlich ist, dass Biden ihren Forderungen zustimmt, ist dies eine Warnung, wie sich die Ereignisse entwickeln könnten. Selbst wenn Teile der kubanischen Bürokratie bereit wären, die kapitalistische Restauration zu unterstützen, würden sie riskieren, Macht und Reichtum an die Exilant*innen zu verlieren. Ein solches Szenario birgt die Möglichkeit, dass sich Zusammenstöße und sogar Elemente eines Bürgerkriegs entwickeln. In der DDR wurde die ehemalige stalinistische Bürokratie einfach hinweggefegt und der deutsche Kapitalismus übernahm die Macht. In den anderen osteuropäischen Staaten und der UdSSR plünderten die ehemaligen stalinistischen Bürokraten einfach die staatlichen Ressourcen und verwandelten sich in kapitalistische Oligarchen.
Andere Teile der internationalen kapitalistischen Klassen, wie die EU und Kanada, haben sich in Wirklichkeit für eine “schleichende” kapitalistische Restauration entschieden, die in Kuba stattfindet.
Das CWI ist gegen die kapitalistische Restauration in Kuba oder jede Intervention des Imperialismus, die einen schweren Rückschlag oder eine Niederlage für die Arbeiter*innenklasse bedeuten würde. Aber dies in unserem Programm festzuschreiben, reicht nicht aus.
Einige Linke argumentieren, dass das kubanische Regime keine andere Wahl hatte, als die Politik umzusetzen, die es aufgrund des US-Embargos und der Isolierung des Regimes durchgeführt hat. Jede revolutionäre sozialistische Regierung kann sich isoliert wiederfinden und gezwungen sein, vorübergehende Notmaßnahmen zu ergreifen, um ihre Position zu sichern. Die Bolschewiki fanden sich nach 1917 in dieser Situation wieder. Sie ergriffen Notmaßnahmen, darunter 1921 die Neue Ökonomische Politik, ein Notpaket, das eine vorübergehende Wiedereinführung einiger kapitalistischer Wirtschaftsmethoden, vor allem in der Landwirtschaft, erlaubte. Gleichzeitig wurde das Staatsmonopol für den Außenhandel aufrechterhalten.
Die Bolschewiki unter der Führung von Lenin und Trotzki sahen dies als einen vorübergehenden Rückzug, der ihnen durch die Situation aufgezwungen wurde, mit der sie konfrontiert waren, der Isolation der Revolution, besonders nach der Niederlage der deutschen Revolution in dieser Phase, und mit dem Bürgerkrieg, der in der jungen Sowjetunion tobte. Es war ein vorübergehend notwendiger Schritt, um Zeit zu gewinnen, und wurde nicht als dauerhaftes Programm angesehen. Nur dadurch wäre es möglich gewesen, mit dem Aufbau des realen Sozialismus zu beginnen. Das ist nicht die Herangehensweise des kubanischen Regimes, das die prokapitalistischen Maßnahmen, die sie eingeführt haben, als den Weg nach vorne ansieht und sich nicht die Frage der Verbreitung der sozialistischen Revolution stellt.
Internationale Rolle von Kuba
Die falschen Methoden und das falsche Programm des kubanischen Regimes haben in der Vergangenheit dazu gedient, das Regime zu isolieren. Bei zahlreichen Gelegenheiten war es möglich, dass die sozialistische Revolution in anderen Ländern Latein- und Mittelamerikas hätte durchgesetzt werden können. Die kubanische Revolution, auf dem Höhepunkt ihrer Popularität, warf die Idee des Internationalismus und der internationalen Revolution auf. Das spiegelte sich in der “Zweiten Erklärung von Havanna” wider, die im Februar 1962 veröffentlicht wurde und die zeigte, wie weit der revolutionäre Prozess sich entwickelte. Später wurden kubanische Streitkräfte nach Afrika entsandt, um den Kampf gegen das Apartheidregime in Südafrika zu unterstützen. Die Stimmung des Internationalismus, die sich auf dem Höhepunkt der Revolution entwickelte, spiegelte sich auch in der Entsendung kubanischer Ärzt*innen vor und während der Pandemie in andere Länder wider.
Allerdings war die internationalistische Stimmung nicht mit der Idee verbunden, für eine sozialistische Revolution der Arbeiter*innenklasse zu kämpfen. Che Guevara strebte zwar nach der Ausbreitung der Revolution. Leider verfolgte er die Idee einer Guerillaarmee und nicht die der Arbeiter*innenklasse, um eine sozialistische Revolution durchzusetzen. Castro und das Regime nutzten die Interventionen jedoch als Teil einer Strategie, um einen geopolitischen Vorteil oder eine Einflusssphäre zu erlangen, insbesondere für die Bürokratie in der UdSSR.
Dies ermöglichte es dem kubanischen Regime, eine starke Anhänger*innenschaft zu entwickeln, besonders in der neokolonialen Welt. Es nahm den Mantel des “Antiimperialismus” an, was ihm einige Unterstützung einbrachte. Dies war jedoch nicht Teil eines Programms des Klassenkampfes, um den Imperialismus oder die reaktionären bürgerlich-feudalen Regime zu besiegen, die in den neokolonialen Ländern herrschten. Unter dem Banner des “Antiimperialismus” hat sie die iranischen, nordkoreanischen und andere Regime unterstützt. Nach dem Massaker an den Tamilen in Sri Lanka unterstützte Kuba im Jahr 2009 eine Resolution in der UNO, die das blutige Regime von Mahinda Rajapaksa unterstützte.
Als sich andere revolutionäre Bewegungen auf dem Kontinent entwickelten, nutzte das kubanische Regime seinen Einfluss, um die Führungen zu ermutigen, die Bremse zu ziehen, und setzte sie unter Druck, den Kapitalismus und die Grundherrschaft nicht zu stürzen. Vor dem Putsch in Chile 1973 besuchte Castro Allende in Santiago. Vor einem Publikum von Hunderttausenden überreichte Castro Allende ein Maschinengewehr. Doch gleichzeitig rieten Castro und seine chilenischen Unterstützer*innen Allende, die Revolution zu verlangsamen und keine rechte Reaktion zu provozieren.
Als 1979 in Nicaragua die Sandinisten die Macht übernahmen und die Somoza-Diktatur stürzten, setzte das kubanische Regime die Sandinisten erneut unter Druck, sich auf die “demokratische Revolution” zu beschränken und nicht mit dem Kapitalismus zu brechen.
In jüngerer Zeit, mit den revolutionären Umwälzungen in Venezuela unter Chavez, Bolivien unter Morales und Ecuador unter Correa, hätten diese Regime mit dem Kapitalismus gebrochen und demokratische Arbeiter- und Bauernregierungen auf der Grundlage einer verstaatlichten Planwirtschaft eingeführt, wäre es möglich gewesen, die Isolation zu durchbrechen und sich zusammen mit Kuba in einer sozialistischen Föderation unabhängiger Republiken zusammenzuschließen. Dies hätte ein erster Schritt sein können, um den Kontinent zu elektrisieren und die Unterstützung der Arbeiter*innenklasse in ganz Lateinamerika und international zu gewinnen. Tragischerweise wurde auch diese Chance vertan. Wieder waren es die Kubaner, die davon abrieten, “zu weit” zu gehen und eine kapitalistische Reaktion zu provozieren.
Die regionale bolivarische ALBA war kaum mehr als ein Handelsblock und nicht vergleichbar mit einer freiwilligen Föderation sozialistischer Staaten. Eine sozialistische Föderation würde die ersten Schritte zur Integration der Volkswirtschaften unternehmen und sie planen, um die Ressourcen zu nutzen und die Produktion zu planen. Dies war nicht das, was ALBA darstelle.
Eine solche sozialistische Föderation hätte nicht alle wirtschaftlichen und sozialen Probleme lösen können und wäre immer noch mit dem Koloss des US-Imperialismus und dessen Sanktionen konfrontiert gewesen. Sie wäre jedoch in einer viel stärkeren Position gewesen und hätte als Leuchtturm für die Arbeiter*innenklasse in anderen Ländern wie Brasilien, Argentinien und Chile fungieren können.
Eine neue revolutionäre Welle entfaltet sich in Lateinamerika. Doch mit der Wahl des linken Präsidenten in Peru, Pedro Castillo, gab das kubanische Regime Erklärungen ab, die besagen, dass die Aufgabe darin besteht, den Neoliberalismus zu beenden und nicht in einer sozialistischen Transformation.
Programm für Arbeiter*innendemokratie und Sozialismus
Sozialist*innen lehnen das US-Embargo gegen Kuba und jeden Versuch einer imperialistischen Intervention oder kapitalistischen Restauration ab. Gleichzeitig ist es notwendig, für die Errichtung eines wirklichen Systems der demokratischen Arbeiter*innenkontrolle und -verwaltung und für demokratische Rechte zu kämpfen. Die Kapitalisten und der Imperialismus reden heuchlerisch von der Notwendigkeit der “Demokratie” in Kuba. Sie meinen damit die kapitalistische Restauration und die Einführung der korrupten “kapitalistischen Demokratie”, die von der herrschenden Klasse kontrolliert wird.
Das CWI und die Sozialist*innen verteidigen die Eroberung der demokratischen Rechte für das kubanische Volk, aber nicht so, wie es die Kapitalistenklasse heuchlerisch vertritt. Der Kampf um demokratische Rechte für die Arbeiter*innenklasse, die Armen und die Jugend in Kuba ist entscheidend. Das CWI unterstützt Komitees an jedem Arbeitsplatz und in jeder Gemeinde, die mit Delegierten gewählt werden, die sofort abberufen werden können. Alle Funktionäre müssen ebenfalls gewählt werden und der sofortigen Abberufung unterliegen und nicht mehr als den Durchschnittslohn von Facharbeitern erhalten. Die Arbeiter*innenklasse und die Masse der Bevölkerung müssen eine umfassende Debatte führen, um einen wirtschaftlichen Notfallplan zur Bewältigung der Krise auszuarbeiten. Es muss ein Ende des Einparteiensystems geben, mit dem Recht aller Sozialist*innen und des Volkes, politische Parteien und Gruppen zu organisieren, wenn diese es ablehnen, zu den Waffen zu greifen, um den US-Imperialismus oder die kapitalistische Restauration zu unterstützen. Es müssen Volkstribunale eingerichtet werden, um die Fälle derjenigen politischen Gefangenen zu öffnen, die derzeit vom Regime inhaftiert sind. Arbeiter*innen und Jugendliche sollten das Recht haben, Zeitungen und Zeitschriften frei von staatlicher Kontrolle zu produzieren, ebenso wie freien Zugang zum Internet. Wir unterstützen das Recht der Arbeiter, unabhängige, demokratisch geführte Gewerkschaften zu bilden.
Ein solches Programm, verbunden mit einem Appell an die Arbeiter*innenklasse Lateinamerikas und der USA zur Unterstützung und Solidarität und zum gemeinsamen Kampf für die Errichtung einer sozialistischen Föderation Lateinamerikas und Amerikas, ist der Weg nach vorn, um die kapitalistische Restauration und Konterrevolution zu verhindern.