Streikrecht verteidigen! Solidarität mit den Berliner Krankenhaus-Streiks

Gewerkschaften müssen breite Solidarität organisieren

Nachdem die Klinikleitungen von Vivantes und Charité in Berlin und der Berliner Senat ein hunderttägiges Ultimatum haben verstreichen lassen, begann heute der für drei Tage angesetzte Warnstreik der Krankenhausbeschäftigten. Die Vivantes-Klinikleitung eskalierte den Konflikt, indem sie vor dem Arbeitsgericht zwei einstweilige Verfügungen erwirken ließ, die zuerst den Beschäftigten der Tochterunternehmen und dann auch den Pflegekräften das Streiken verbieten. Letzteres wurde während einer Kundgebung der Streikenden vor der Vivantes-Zentrale in der Aroser Allee 72 – 76 bekannt, woraufhin die Streikenden und die Gewerkschaft ver.di entschieden, den Platz nicht zu verlassen. Wir rufen alle dazu auf, sich diesem Protest anzuschließen. Auf zur Vivantes-Zentrale!

Von Sascha Staničić

Die Beschäftigten kämpfen für mehr Personal, um die Patient*innenversorgung zu sichern und für gleichen Lohn für gleiche Arbeit, konkret für die Eingliederung der Tochtergesellschaften bei Vivantes in den Tarifvertrag des Öffentlichen Dienstes (TVÖD).

Auf der Kundgebung konnten sie die verbale Unterstützung der Spitzenkandidat*innen von SPD, Grünen und der LINKEN für die Berliner Abgeordnetenhauswahlen hören und auch deren Empörung über das Streikverbot – die Frage, warum der von genau diesen Parteien geführte Senat in der jetzt auslaufenden Legislaturperiode nicht dafür gesorgt hat, dass die Forderungen der Kolleginnen und Kollegen erfüllt werden, beantwortete keine*r der Spitzenpolitiker*innen. Wen wundert‘s …

Jetzt ist die ganze Kraft gewerkschaftlicher Solidarität gefragt. Wenn dieses Arbeitsgerichtsurteil Bestand hat, sind alle Streiks in Krankenhäusern in Zukunft gefährdet, weil die Arbeitgeber sich einfach weigern können, eine Notdienstvereinbarung abzuschließen, was dann zum Streikverbot führt, weil das Arbeitsgericht argumentiert, einer solchen muss von beiden Seiten zugestimmt werden.

Eine Wiederaufnahme der Arbeit, sollte das Urteil Bestand haben, darf und wird nicht das Ende des Kampfes bedeuten. Nicht nur weil der Streik an der Charité legal durchgeführt werden kann, was die Absurdität dieses Gerichtsbeschlusses schon deutlich macht. Denn wieso sollte bei Vivantes das Patient*innenwohl gefährdet sein, bei der Charité aber nicht? Darauf müssen ver.di und alle Gewerkschaften mit einer Ausweitung der Mobilisierung reagieren.

Beim Krankenhausstreik wurde auch für die Demonstration “Gemeinsam auf die Straße” am 18.9. mobilisiert

So könnte schnell zu einer gewerkschaftlichen Demonstration aufgerufen werden, zu der alle Gewerkschaften ihre Mitglieder mobilisieren. Es könnten schnellstmöglich in allen Krankenhäusern und im öffentlichen Dienst Betriebsversammlungen durch die Betriebs- und Personalräte einberufen werden, die zu Protestversammlungen gemacht werden können und einen ganzen Tag oder sogar länger dauern können. Die Urabstimmung für einen Erzwingungsstreik sollte unmittelbar eingeleitet werden.

Das Vorgehen der Vivantes-Geschäftsführung zeigt, dass die Bosse einen Klassenkampf von oben führen und dabei keine Samthandschuhe tragen. Das Streikrecht wurde sich erkämpft, indem trotz Verboten gestreikt wurde. Die Gewerkschaftsbewegung muss sich darauf vorbereiten, dass Kampfbedingungen wie zu den Anfangszeiten der Arbeiter*innenbewegung wieder kommen können. Umso wichtiger ist es, dass mit dem Märchen aufgeräumt wird, es gebe in der Bundesrepublik ein Verbot politischer Streiks. Das ist mitnichten der Fall. Hier herrscht nur Richterrecht, das gegen Grundrechte verstößt. Es ist höchste Zeit, dass die Gewerkschaften das Grundrecht auf Streik, auch auf politischen Streik, mit einer Kampagne durchzusetzen versucht.

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