Sudan: Massenproteste und Generalstreik gegen Militärputsch

Foto: Lana Hago/CC

Für eine Regierung der Arbeiter*innenklasse und der Armen

Das sudanesische Militärregime sieht sich massivem Widerstand gegenüber. Angesichts der drohenden erneuten Militärdiktatur haben Millionen Menschen im ganzen Land protestiert und gestreikt, zuletzt mit einem zweitägigen Generalstreik, der das Land lahmlegte. Fast vier Jahre sind seit dem Beginn der Revolution vergangen, die nach vielen Opfern die diktatorische Herrschaft al-Bashirs stürzte, und die meisten Sudanes*innen wollen keine neue Diktatur.

Von Robert Bechert, Komitee für eine Arbeiter*inneninternationale (zuerst veröffentlicht am 3. November 2021)

Die während der Revolution von 2019 entstandenen Nachbarschaftswiderstandskomitees waren bei der Organisation der aktuellen Proteste zentral. Trotz der fast vollständigen Abschaltung von Mobiltelefonen und Internet sowie des massiven Einsatzes von Sicherheitskräften verteilten die Aktivist*innen Flugblätter und gingen von Tür zu Tür, um Unterstützung für die Proteste zu mobilisieren.

Die Geschwindigkeit, das Ausmaß und die Entschlossenheit des Widerstands gegen den Putsch und die Bereitschaft, sich mit dem Militär anzulegen, sind alles Anzeichen dafür, dass die Bewegung das Potenzial hat, nicht nur die Generäle zu besiegen, sondern auch die Revolution zu vollenden. Mut und Entschlossenheit reichen jedoch nicht aus, um den Sieg zu erringen.

Die Ereignisse in Myanmar seit dem Militärputsch vom Februar sind eine wichtige Lehre, dass Massenproteste und sogar Streiks nicht automatisch Diktaturen zu Fall bringen. Wenn die Unterdrückungskräfte einer Diktatur sich nicht spalten, dann hängt ihr Untergang damit zusammen, dass die Opposition ihre eigene Stärke und Organisation aufbaut, bewusst versucht, die Reihen des Militärs, der Paramilitärs und der Polizei zu spalten, und sich auf einen Aufstand zum Sturz des Regimes vorbereitet.

Der Putsch fand zu einem Zeitpunkt statt, als die zivile Komponente der gemeinsamen militärisch-zivilen Übergangsregierung an Unterstützung verlor, insbesondere wegen der Umsetzung der Forderungen des Internationalen Währungsfonds, die Subventionen für Lebensmittel und Treibstoff zu kürzen. Die Generäle sahen dies als Gelegenheit, ihre volle Kontrolle wiederherzustellen, und unterstützten Demonstrationen, die die Absetzung der so genannten „Hungerregierung” und ihre Ersetzung durch ein reines Militärregime forderten.

Diese Putschdrohung führte zu massiven Protesten gegen das Militär mit Slogans wie „Entweder zivile Macht oder ewige Revolution” und „Alle Macht sollte in den Händen des Volkes liegen”.

Angesichts dieser wachsenden Opposition gegen ihre Regierungsrolle beschlossen die Militärs zu handeln und führten ihren Putsch rasch durch. Aber dies schüchterte die Bewegung nicht ein, ebenso wenig wie die Anwendung von Gewalt, die zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Berichts mindestens 15 Tote und Hunderte von verletzten Demonstrant*innen zur Folge hatte.

Imperialistische Mächte

Die wichtigsten imperialistischen Mächte, die sich vor der möglichen Entwicklung dieser Opposition fürchten, nutzen derzeit die Vereinten Nationen, um vorzuschlagen, dass der abgesetzte Premierminister Hamdok an die Spitze einer Technokrat*innenregierung zurückkehren solle, in der das Militär eher eine Rolle im Hintergrund spielt.

Dies würde zwar die direkte Militärherrschaft beenden, wäre aber ein Versuch, auf undemokratische Weise eine weitere pro-kapitalistische Regierung zu installieren und gleichzeitig die Grundstruktur des Militärs und des Kapitalismus intakt zu halten. Auch wenn dies zu einer vorübergehenden Wiederherstellung einiger demokratischer Rechte führen könnte, wäre es keine grundlegende Lösung im Interesse der Masse der Sudanes*innen, die der Kapitalismus nicht bieten kann.

Seit Beginn der Revolution hat das Komitee für eine Arbeiter*inneninternationale davor gewarnt, dass die Lehre aller modernen Revolutionen darin besteht, dass die Arbeiter*innen und die Armen in Stadt und Land kein Vertrauen in eine prokapitalistische Regierung setzen können.

Der Zusammenschluss der Nachbarschaftswiderstandskomitees und anderer solcher Organe könnte möglicherweise zu einer Bewegung führen, die die Militärherrschaft und das gesamte verrottete System hinwegfegt. Die Massen wollen Wandel. Die Herausforderung für Sozialist*innen besteht darin, Unterstützung für die Idee zu gewinnen, dass dies nur mit einer Regierung möglich ist, die sich auf die Arbeiter*innenklasse und die Armen stützt. Eine solche Regierung, die demokratische Rechte verteidigt und gleichzeitig die Schlüsselsektoren der Wirtschaft unter Arbeiter*innenkontrolle und -verwaltung verstaatlicht, würde das sudanesische Volk wirklich befreien und gleichzeitig ein Beispiel für Afrika und den Nahen Osten setzen.

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