Pandemie wirksam bekämpfen statt Ungeimpfte zum Sündenbock machen – Gesundheitswesen endlich nach Bedarf ausbauen
Wir veröffentlichen hier eine aktualisierte Fassung des auf dieser Webseite am 17. November veröffentlichten Artikels “Dem Corona-Chaos ein Ende machen”
Zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe der Solidarität ist die Lage katastrophal, auch wenn die Inzidenzzahlen Anfang Dezember zu sinken begann, nachdem sie wochenlang exponentiell gestiegen waren. Völlig unvorbereitet haben uns die Regierenden in die vierte Welle der Corona-Pandemie geführt und riskieren mit einer planlos-unverantwortlichen Politik das Leben von vielen tausend Menschen. Die Krankenhäuser in Süd- und Ostdeutschland haben vielfach ihre Aufnahmekapazitäten erreicht. Patient*innen müssen in andere Krankenhäuser verlegt werden! Und in dieser Situation taucht die neue, wahrscheinlich weitaus ansteckender Omikron-Variante des Virus aus und macht aus Angst vielfach Panik.
Jeden Tag verkünden die Regierenden neue Maßnahmen. Gleichzeitig findet eine Kampagne gegen Ungeimpfte statt, die diese zu den Hauptverantwortlichen für die aktuelle Situation machen soll – und von der Verantwortung der Regierenden ablenkt. Nötig ist ein Kurswechsel der Corona-Politik, ein Programm zur Bekämpfung der Pandemie, das keine Rücksicht auf die Profitinteressen der Kapitalist*innen nimmt und den Gesundheitsschutz der Bevölkerung zur obersten Priorität erklärt ohne dabei die psychosoziale Gesundheit der Menschen, vor allem der Kinder und Jugendlichen, zu ignorieren. Ein solches Programm ist möglich und die vierte Welle könnte gebrochen werden, wenn endlich sozialistische Maßnahmen im Interesse der Arbeiter*innenklasse und gegen die Interessen der Reichen und Superreichen ergriffen würden. Dazu haben wir einige Vorschläge.
von Sascha Staničić, 4.12.2021
Beinahe im Tagesrhythmus wurden seit Anfang November die Maßnahmen zur Einschränkung der vierten Corona-Welle verschärft. Einschränkungen treffen besonders ungeimpfte Menschen, für die es aufgrund der 2G-Regeln in vielen Bereichen keinen Zutritt mehr gibt und für die Kontaktbeschränkungen eingeführt wurden.
Gleichzeitig wird offenbar die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht ab Februar 2022 geplant und manche*r Politiker*in und Kommentator*in sieht in Singapur ein Vorbild, wo Ungeimpfte in Zukunft selbst für ihren Krankenhausaufenthalt aufkommen müssen, sollten sie an Covid-19 erkranken und hospitalisiert werden.
In dieser Debatte geht etwas Wichtiges unter – und das freut die Damen und Herren in den derzeitigen und zukünftigen Regierungsparteien: das völlige Versagen der Verantwortlichen in den Bundes- und Landesregierungen und ihres kapitalistischen Systems, die Gesellschaft auf die absehbare vierte Welle der Pandemie vorzubereiten. Stattdessen wird die Verantwortung für die drohende Katastrophe den Menschen zugeschoben, die sich bisher nicht haben impfen lassen.
Doch die nahende Überlastung der Intensivstationen und damit die drohende Triage hat nicht nur etwas mit der zu hohen Zahl Ungeimpfter zu tun, sondern auch und vor allem damit, dass es heute fünftausend Intensivbetten weniger gibt, als noch vor einem Jahr! In fast drei Viertel der Krankenhäuser mit Intensivstationen gibt es derzeit weniger Intensivpflegekräfte als noch Ende 2020. Warum? Weil die Regierenden sich geweigert haben, die Arbeitsbedingungen und Löhne für Krankenpfleger*innen so zu verbessern, dass mehr Menschen diesen Beruf ergreifen und stattdessen viele den Beruf verlassen oder Arbeitszeit reduziert haben, um die eigene Gesundheit zu schützen. Auch die Tarifrunde der Länder, die Ende November abgeschlossen wurde, hat daran für die Landeskliniken in der Republik nichts geändert. Das ist der größte Skandal der achtzehnmonatigen Pandemie: die fortgesetzte Zerstörung des Gesundheitswesens und das Ignorieren der Gesundheit der dort Beschäftigten, um an der Profitorientierung des Gesundheitswesens festzuhalten. Wie immer im Kapitalismus sind Profite wichtiger als Menschenleben.
Die hohen Infektionszahlen in den Schulen haben nicht nur etwas mit nicht geimpften Kindern und Eltern zu tun, sondern auch damit, dass es immer noch nicht in allen Klassenräumen Luftfilter gibt und die Schulbusse weiterhin überfüllt und nicht mit UV-Filtern ausgestattet sind.
Und die steigenden Infektionszahlen haben auch etwas damit zu tun, dass von Politiker*innen der „Freedom Day“ und das Ende der Pandemie (Bundesgesundheitsminister Spahn) prognostiziert wurde, die falschen Gründe für die Aufhebung der „epidemischen Notlage von nationaler Tragweite“ kommuniziert wurden und dabei versagt wurde, die Aufmerksamkeit in der Bevölkerung für Hygiene- und Sicherheitsregeln weiter zu sensibilisieren und sich auf den Winter vorzubereiten. Stattdessen wurde zugeschaut, wie zum Beispiel in den Desinfektionsspendern an den Supermärkten und in den Bahnhöfen kein Desinfektionsmittel mehr nachgefüllt wurde, wenn die Geräte nicht ganz abgebaut wurden.
Die nun eingetretene Situation wäre durch eine andere Politik vermeidbar gewesen!
Doch nun ist sie da und ihr muss mit einem Bruch mit der bisherigen Politik begegnet werden – nicht mit dem Abwälzen der Verantwortung auf die Ungeimpften.
Epidemische Notlage
Das Auslaufen der „epidemischen Notlage nationaler Tragweite“ wurde von CDU und CSU heftig kritisiert, obwohl Bundesgesundheitsminister Spahn sie selbst gefordert hatte. Sozialist*innen waren gegen diesen Ausnahmezustand, nicht weil er Lockdowns möglich gemacht hat, sondern weil er zu undemokratischen Entscheidungsprozesse geführt hatte. So begrenzt die Demokratie in einer kapitalistischen Gesellschaft ist: es ist demokratischer, wenn Parlamente Entscheidungen treffen und nicht Gesundheitsminister oder Regierungskabinette oder so genannte Bund-Länder-Beratungen von Kanzler*in und Ministerpräsident*innen der Bundesländer. Gleichzeitig wird das nichts daran ändern, dass von den pro-kapitalistischen Politiker*innen keine wirksame Politik zur Bekämpfung der Pandemie und im Interesse der Arbeiter*innenklasse betrieben wird.
Die bösen Ungeimpften?
Es ist nachvollziehbar, dass viele geimpfte Menschen kein Verständnis für diejenigen haben, die sich bisher nicht haben impfen lassen. Der Schlüssel zur nachhaltigen Bekämpfung der Pandemie liegt auf absehbare Zeit in einer Erhöhung der Impfquote. Gleichzeitig muss aber auch mehr in die Forschung und Produktion von Medikamenten gegen Covid 19 investiert werden. Die Ankündigung von Pfizer mit Paxlovid ein Medikament entwickelt zu haben, das in fast neunzig Prozent der Fälle einen schweren Krankheitsverlauf verhindern kann, muss Anlass sein, dessen Wirksamkeit schnellstmöglich unabhängig zu überprüfen und, sollte sich das bestätigen, eine staatlich geführte Massenproduktion sicherzustellen, die allen Betroffenen weltweit Zugang zu diesem Medikament garantiert.
Trotzdem muss eine Impfpflicht genauso abgelehnt werden, wie ein Lockdown nur für Ungeimpfte, Übernahme von Behandlungskosten durch Ungeimpfte und auch 2G-Regeln. Stattdessen sollten kostenlose Tests, möglichst PCR-Tests, für alle angeboten werden und auf dieser Grundlage negativ getestete ungeimpfte Personen so behandelt werden wie Geimpfte und Genesene.
Warum? Erstens weil die Skepsis gegenüber der Impfung und der Pharmaindustrie zumindest nachvollziehbar ist und weil es ein gewisses Risiko bei Impfungen gibt. Zweitens weil eine Impfpflicht einem Rekrutierungsprogramm für die AfD und Querdenker*innen gleich käme und der Gesellschaft nachhaltig schaden würde. Es würden Risse auch innerhalb der Arbeiter*innenklasse vertieft, die schwer zu kitten sind.
Genauso gilt: Wenn man es zulassen würde, dass die Ungeimpften individuell zur Verantwortung gezogen würden, dann wäre das ein Dammbruch und würde diese Logik früher oder später auch auf Raucher*innen, Alkoholabhängige, Extremsportler*innen etc. angewendet werden. Das würde das Solidarprinzip bei der Krankenversicherung aufheben und für viele Menschen Verarmung und Tod bedeuten.
Stattdessen müssen die Impfangebote wieder so ausgebaut werden, dass diejenigen der Ungeimpften, die mittlerweile zu einer Impfung bereit sind, dazu auch die Möglichkeit bekommen. Dazu müssen aufsuchende Impfangebote in Stadtteilen, vor Supermärkten etc. genauso gehören, wie mehrsprachige Aufklärungskampagnen, um solche Migrant*innen zu erreichen, die die deutsche Sprache nicht gut verstehen.
Eine Umfrage hat gezeigt, dass fünfzig Prozent der (wahlberechtigten) Ungeimpften AfD wählen. Es ist wahrscheinlich, dass die hohe Impfskepsis in Deutschland auch etwas damit zu tun hat, dass ein signifikanter Teil der Bevölkerung sich von dem politischen System und seinen Institutionen abgewendet und Rechtspopulist*innen, Esoteriker*innen, Antroposophen und anderen Scharlatanen zugewandt haben. Das hat auch historische Gründe. Es ist aber auch kein individuelles Problem, sondern Ausdruck gesellschaftlicher Verhältnisse und der Unfähigkeit der kapitalistischen Institutionen Menschen zu überzeugen und Vertrauen zu gewinnen.
Dass es kein Vertrauen in diese Institutionen gibt, ist nachvollziehbar und richtig. Es ist auch eine Verantwortung der Führungen von Gewerkschaften und der LINKEN, dass sie nicht mehr Menschen erreichen und überzeugen, die dieses Vertrauen verloren haben, weil sie viel zu sehr Teil dieser Institutionen sind.
Aber nicht alle Ungeimpften sind unverbesserliche Querdenker*innen, Antroposophen oder Rechtsradikale. Dass diese nun unter einer größeren Schicht der Bevölkerung Resonanz erfahren, hat etwas mit der herrschenden Politik zu tun. Denn es ist verständlich, dass es Ängste vor einer Impfung gibt und kein Vertrauen in die profitorientierte Pharmaindustrie besteht. Umso mehr, wenn Vorwürfe im Raum stehen, dass bei den Forschungsergebnissen des Biontech-Impfstoffs Daten gefälscht wurden. Aber auch, weil das Hin und Her der Corona-Politik, die sich widersprechenden Aussagen zur Bedeutung von Masken, die schwer nachvollziehbare Kommunikation zu den Nebenwirkungen des AstraZeneca-Impfstoffs etc. Skepsis hervorrufen mussten.
Aber pauschales Misstrauen ist kein guter Ratgeber. Alle Erkenntnisse weisen darauf hin, dass die mit einer Impfung einhergehenden Risiken deutlich geringer sind als die Risiken einer Covid-Erkrankung – und angesichts der enormen Infektiosität der Delta-Variante (und nun wahrscheinlich erst recht der Omikron-Variante) müssen alle Ungeimpften davon ausgehen, dass sie sich früher oder später mit dem Virus anstecken werden. Das wird zweifellos zu mehr Todesopfern führen als die extrem wenigen mit einem Impfung in Zusammenhang zu bringenden Todesfälle. Aber diese gibt es und unter Abwägung dieser Tatsache und anderer Faktoren (dass es andere Schutzmaßnahmen gibt, Medikamente gegen Covid-19 in der Entwicklung sind, für eine große Mehrheit eine Covid-Infektion nicht tödlich verläuft etc.) sollte es zum jetzigen Zeitpunkt Privatsache bleiben, ob man sich impfen lässt oder nicht.
Umso wichtiger wäre es daher, Vertrauen zu schaffen. Die wirkungsvollste Maßnahme, um Vertrauen in die Impfstoffe zu schaffen, wäre es die Profitmacherei mit der Herstellung von Impfstoffen zu beenden. Die Aufhebung der Patente und Überführung der Pharmakonzerne in öffentliches Eigentum unter Kontrolle und Verwaltung der arbeitenden Bevölkerung würden dazu führen, dass niemand mehr Sorge haben müsste, dass bei den Impfstoffen gepfuscht wird, um daran reich zu werden. Unmittelbar könnte aber auch schon durch eine öffentliche und transparente Kontrolle der Testverfahren und Forschung und durch eine allgemeinverständliche Aufklärungskampagne der Bevölkerung ein Effekt erzielt werden. Dafür könnte eine unabhängige Expertenkommission aus demokratisch gewählten Wissenschaftler*innen und Vertreter*innen der in diesem Bereich Beschäftigten gebildet werden.
Gleichzeitig muss dafür gesorgt werden, dass der modernste und wirksamste Impfstoff zur Anwendung kommt. Die Impfstoffe, die angewendet werden, wurden gegen die Ursprungsvariante des Virus entwickelt und wirken bei der Delta-Variante dementsprechend schwächer. Die Hersteller arbeiten an Anpassungen der Impfstoffe an die neuen Varianten, zum Teil gibt es solche schon. Die Forschungserkenntnisse dazu müssen allgemein zugänglich gemacht und dafür gesorgt werden, dass der modernste Impfstoff hergestellt und verabreicht wird.
Boostern für Alle
Die Pandemie ist global und es ist ein Skandal, dass es immer noch keine ausreichende und gerechte weltweite Verteilung des Impfstoffs gibt. Dazu müssen die Patente aufgehoben und die Produktion in öffentlicher Hand und unter Kontrolle und Verwaltung der arbeitenden Bevölkerung ausgeweitet werden.
Gleichzeitig ist es sinnvoll, dass alle zweifach Geimpften, allen voran die Risikogruppen, schnellstmöglich ihre Auffrischungsimpfung erhalten, um die Verbreitung des Virus einzudämmen. Das Schließen der Impfzentren erweist sich nun als Fehler und es droht erneut ein Chaos, weil Priorisierung und Umsetzung der Drittimpfungen neben den weiterhin nötigen Erst- und Zweitimpfungen nicht vorbereitet wurden. Dabei zeigt die Erfahrung aus Israel, dass massenhaft Drittimpfungen das Infektionsgeschehen eindämmen können.
Testen, testen, testen
Statt Ungeimpfte durch 2G-Regeln auszuschließen, sollte auf breiter Front getestet werden. 2G gibt ohnehin nur eine Scheinsicherheit, denn diese Regel erweckt den Eindruck, dass Geimpfte und Genesene das Virus weder übertragen noch sich anstecken können. Die zweifelsfrei größte Wirkung zur Durchbrechung von Infektionsketten hätten massenhafte PCR-Testungen. Wenn Christian Drosten behauptet, das sei logistisch nicht machbar, begibt er sich auf ein Gebiet, wo er als Virologe keine besondere Kompetenz hat und macht das Geschäft der Regierenden. Denn natürlich wären solche Tests logistisch durchführbar, es müsste dafür von Seiten der Regierenden nur das nötige Geld in die Hand genommen werden. Seit Herbst letzten Jahres vertreibt zum Beispiel Bosch (ein Unternehmen, welches massiven Stellenabbau betreibt) ein Schnell-PCR-Testgerät, welches in weniger als einer Stunde ein Ergebnis zeigt und mehrere Proben gleichzeitig verarbeiten kann. Warum wurden und werden solche Geräte nicht auf staatliche Anweisung und unter demokratischer Kontrolle zum Selbstkostenpreis massenhaft produziert? Das hätte schon vor Monaten vorbereitet werden können, stattdessen wurden die kostenlosen Tests abgeschafft und der Eindruck erweckt, Geimpfte brauchen sich nicht mehr testen zu lassen.
Es geht darum viel zu testen, sicher zu testen und überall da, wo viele Menschen auf engem Raum zusammenkommen und vulnerable Gruppen betroffen sind auch verpflichtend zu testen. Das bedeutet: Testpflicht für alle zwei oder drei mal pro Woche in allen Betrieben, tägliche Testpflicht von Beschäftigten und Besucher*innen in Pflegeeinrichtungen (was auch eine Impfpflicht für Beschäftigte in diesem Bereich unnötig machen würde, die ohnehin nur den Personalmangel vergrößern würde), drei mal pro Woche Testpflicht für Schüler*innen durchgeführt in den Schulen und nicht unkontrolliert durch Eltern. Das würde auch verhindern, dass Arbeitgeber*innen ein Auskunftsrecht über den Impfstatus der Beschäftigten erlangen.
Quarantäne wieder einführen
Der Irrsinn der Corona-Politik wird an der unverantwortlichen Lockerung der Quarantäneregeln deutlich. Geimpfte müssen, auch wenn sie engen Kontakt zu Infizierten hatten, nicht in Quarantäne. Das ist ein Programm zur Ausbreitung des Virus durch Geimpfte und muss sofort geändert werden. Alle Menschen, ob geimpft, genesen oder ungeimpft, sollten nach einer hohen Risikobegegnung in Quarantäne und die Möglichkeit bekommen, sich durch einen PCR-Test nach angemessener Zeit daraus befreien zu können.
Kontaktreduzierungen – auf Kosten der Reichen
Zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses Anfang Dezember werden zwar verschärfte Maßnahmen diskutiert, diese werden aber wahrscheinlich nicht ausreichend sein. Nötig ist es nun, alle nötigen Maßnahmen zu ergreifen, um die von Wissenschaftler*innen geforderte Kontaktreduzierung zu erreichen und gleichzeitig die stattfindenden Kontakte so risikoarm wie möglich zu gestalten. Ziel muss es sein, die Infektionsketten wieder nachvollziehbar zu machen und so weiter eindämmen zu können.
Das bedeutet:
Eine vorübergehende Schließung von Clubs, Absage von Karnevalsveranstaltungen und Konzerten ohne feste Sitzplatzzuweisung etc. sind nötig. Natürlich müssen Künstler*innen und Veranstalter*innen staatliche Unterstützung erhalten, um wirtschaftlich zu überleben.
Alle sonstigen Veranstaltungen und Zugang zu Restaurants, Museen etc. sollten nur mit gültigem Testergebnis für alle, egal ob geimpft oder ungeimpft, möglich sein. Zuschauer*innen bei Großveranstaltungen wie Fußballspiele sollten nur mit Maskenpflicht und ausreichenden Abstandsregeln zugelassen werden.
Gleichzeitig sollte eine Symbolpolitik, die kaum umsetzbar ist und Beschäftigte enorm belastet und Gefahren aussetzt zurückgenommen werden. Das gilt für die Einführung von 3G in Bussen und Bahnen. Es ist unmöglich, eine solche Maßnahme sinnvoll zu kontrollieren und es ist nicht Aufgabe der Schaffner*innen und Fahrkartenkontrolleur*innen den Impf- oder Teststatus von Fahrgästen zu kontrollieren und sich dadurch entsprechenden Anfeindungen und Aggressionen auszusetzen. Gerade für Berufspendler*innen, die vielleicht noch Kinder zur Schule bringen oder von der Kita abholen müssen, ist eine tägliche Testpflicht vor dem Einstieg in den ÖPNV auch schwer umsetzbar.
Die effektivste Maßnahme die Menschenmengen in den öffentlichen Verkehrsmitteln zu reduzieren wäre auch die stärkste Maßnahme zur Kontaktreduzierung überhaupt: Unmittelbare Schließung aller nicht für die Versorgung der Bevölkerung notwendigen Betriebe und Wirtschaftsbereiche bis zum 3. Januar (und dann Bilanz ziehen, ob eine Wiederöffnung aufgrund sinkender Inzidenzen und gestiegener Impfquote vertretbar ist) und Vorziehen der Weihnachtsferien auf den 13. Dezember.
Gleichzeitig müssen Schulen und öffentliche Gebäude mit allen technischen Geräten ausgestattet werden, die die Virenlast reduzieren können, ob Luftfilter oder die in den oberbayrischen Aurora Lichtwerken entwickelten LED-Lampen, die Viren vernichten.
Solche Maßnahmen hätten eine effektive Wirkung auf das Infektionsgeschehen. Sie müssten finanziert werden aus den Gewinnen und Vermögen der Unternehmen und Superreichen. Die Löhne müssen weiter ausgezahlt werden und niemand darf seinen/ihren Job verlieren. Eltern müssen für die Kinderbetreuung entweder freigestellt werden oder, sollte das nicht möglich sein, die Kinder müssen in Kleingruppen betreut werden.
Kein Vertrauen in die Ampel – auf die Straße!
Auch die Ampel-Koalition wird die verfehlte Corona-Politik fortsetzen, die sich nicht an einer maximalen Sicherheit für die Bevölkerung orientiert hat, sondern die Profitinteressen der Unternehmen im Fokus hat. Dass zum Beispiel die Lohnfortzahlung im Quarantänefall für Ungeimpfte nicht wieder eingeführt wird, ist ein Skandal. Genauso wie es ein Skandal ist, dass immer noch nicht alle Schulen und öffentlichen Einrichtungen mit Luftfiltern ausgestattet sind und die Zustände in den Krankenhäusern und Gesundheitsämtern, vor allem die Personalausstattung, sich nicht gebessert haben.
Es bleibt umso dringender, für eine wirkungsvolle Politik gegen das Virus zu kämpfen, die die Interessen der Arbeiter*innenklasse nach Gesundheit, sozialer Absicherung, Bildung für die Kinder und Jugendlichen etc. in den Mittelpunkt rückt. Gewerkschaften und DIE LINKE haben bisher dabei versagt, für eine solche Politik den Kampf zu organisieren und Proteste zu organisieren. Dabei brauchen wir dringender denn je eine massenhafte, politische Kraft, die die Interessen der gesamten Arbeiter*innenklasse formuliert und eine Kampfperspektive dafür aufzeigt. Auch in einem der reichsten Länder der Welt erweist sich der Kapitalismus als völlig unfähig die Bevölkerung zu schützen. Nun stehen wir am Beginn der vierten Welle, die schwerer werden kann, als das alle erwartet haben. Höchste Zeit, dass Gewerkschaften und DIE LINKE endlich in Aktion treten und dass sich mehr Menschen für eine sozialistische Alternative organisieren.
Wir fordern:
- Massive Ausweitung der kostenlosen Corona-Tests. Maximales Angebot von kostenlosen PCR-Tests. Verpflichtende tägliche Tests für alle am Arbeitsplatz und in Schulen. Einführung von 1G (Testpflicht für alle) in der Gastronomie und bei Veranstaltungen aller Art.
- Öffentliche und demokratische Kontrolle über die Weiterentwicklung und Herstellung von Impfstoffen; massive Ausweitung der Impfstoffproduktion unter öffentlicher Kontrolle – Offenlegung der Forschungsergebnisse, Überführung privater Forschungseinrichtungen und der Pharmaindustrie in öffentliches, demokratisch kontrolliertes und verwaltetes Eigentum
- Booster-Offensive für alle beginnend mit den Risikogruppen, Wiederöffnung der Impfzentren und aufsuchende Impfkampagne
- Vorübergehende Schließung aller nicht für die Versorgung der Bevölkerung notwendigen Betriebe bei garantierter Lohnfortzahlung und Arbeitsplatzgarantie.
- Einrichtung einer zentralen Forschungskommission in öffentlicher Hand und demokratisch durch Wissenschaftler*innen und gewählte Vertreter*innen aus Gewerkschaften und Belegschaften organisiert, um die vielfältigen Forschungsergebnisse zusammenzutragen, auszuwerten und gemeinverständlich zu publizieren
- Verschärfung der Quarantäne-Regeln: alle Personen mit hohen Risikobegegnungen müssen in Quarantäne bis in angemessenem Zeitraum ein negativer PCR-Test vorliegt
- Ausstattung aller Schulklassen mit Luftfiltern
- Maskenpflicht im Unterricht und kostenlose Bereitstellung von FFP2-Masken für alle Schüler*innen und Lehrer*innen
- Entscheidung von demokratisch gewählten Vertreter*innen von Lehrer*innen, Eltern und Schüler*innen über Wechselunterricht und Schulschließungen
- Einstellung von Personal um die Betreuung der Schüler*innen zu gewährleisten, wenn sie nicht am Unterricht teilnehmen können
- Nutzung von Kongresszentren, Hotels etc. für diejenigen Schulen, der räumliche Verhältnisse zu beengt sind, um Abstandsregeln einzuhalten
- Vervielfachung der Schulbusse, um Abstandsregeln auch beim Schulweg einhalten zu können
- Investitionsprogramm Bildung für Lehrer*innen-Neueinstellungen, Digitalisierung, Laptops für alle Schüler*innen, Gebäudesanierung etc.
- Ausarbeitung eines an den Bedürfnissen des Gesundheitsschutzes und der Bevölkerung orientierten Pandemieplans für zukünftige Pandemien, Einrichtung ausreichender Lagerbestände an medizinischen Masken, Schutzkleidung, Beatmungsgeräten und anderem nötigen Material nicht für einen Monat, wie von der Regierung beschlossen, sondern für mindestens sechs Monate.
- Risikozuschläge für Beschäftigte, die sich erhöhter Gefahr aussetzen müssen.
- Sofort-Rekrutierungsprogramm für Pflegekräfte in Krankenhäusern, um die Intensivstationen zu entlasten. Hohe Anwerbeprämien, mindestens 500 Euro monatliche Lohnerhöhung für alle Pflegebeschäftigten und einen monatlichen Corona-Zuschlag von 500 Euro für die Dauer der Pandemie.
- Ausreichend Schutzkleidung und Masken für Beschäftigte im Gesundheitswesen und der Pflege, kostenlose Abgabe in ausreichender Zahl von hochwertigen Masken an Menschen aus Risikogruppen und sozial Benachteiligte
- Voller Lohn für alle Beschäftigten, die freigestellt sind oder wegen Kinderbetreuung zu Hause bleiben müssen
- Massive Investitionen ins Gesundheitswesen – Personalbemessung nach Bedarf jetzt! Abschaffung der Fallkostenpauschalen – Übernahme aller Kosten
- Ausbau der Gesundheitsämter durch Neueinstellungen und Einsatz von Call Center-Beschäftigten (zu den Tariflöhnen des öffentlichen Dienstes) und Bundeswehrsoldat*innen in zivil und außerhalb des Bundeswehr-Kommandos
- Überführung aller privaten Krankenhäuser in öffentliches Eigentum – Für ein staatliches Gesundheitswesen unter Kontrolle und Verwaltung der Beschäftigten, Gewerkschaften und Kommunen/Länder
- Ausbau des ÖPNV durch Investitionen in neue Busse und Bahnen, Einsatz der Fuhrparks privater Busunternehmen und massive Neueinstellungen
- Demokratische Rechte verteidigen – Entscheidung über Demonstrations- und Versammlungseinschränkungen durch Gewerkschaften und demokratisch gewählte Komitees in den Betrieben und Nachbarschaften
- Corona-Abgabe für Millionär*innen: dreißig Prozent ab der ersten Million!
- Keine Millionenhilfen für Banken und Konzerne, aber effektive Hilfe für Studierende, Erwerbslose, Selbständige, Kleinunternehmer*innen
- Öffnung der Geschäftsbücher der Banken und Konzerne
- Überführung von Banken und Konzernen in öffentliches Eigentum unter demokratischer Kontrolle und Verwaltung durch die arbeitende Bevölkerung
- Wir zahlen nicht für die kapitalistische Krise – Nein zu Arbeitsplatzabbau und Entlassungen, Sozialabbau, kommunalen Kürzungen und Abbau von Arbeiter*innenrechten – Gewerkschaften und LINKE müssen jetzt den Widerstand organisieren und zusammen fassen
- Statt Marktkonkurrenz und Profitwirtschaft – demokratische Wirtschaftsplanung und internationale Kooperation – für sozialistische Demokratie weltweit