Akzeptierte Durchseuchung

Omikron rauscht durch unsichere Schulen

Mit Inzidenzen über der 1000er Marke (in manchen Landkreisen auch drei, vier Mal so hoch) rauscht Omikron seit Ferienende durch die Schulen und wieder nehmen die Sorgen bei allen Betroffenen zu: vor Ansteckung und Weitergabe, vor Long-Covid, aber auch vor den psychosozialen Auswirkungen erneuter Einschränkungen des Schulbetriebs. Auch die neue Ampel-Regierung setzt die pro-kapitalistische Politik fort, die das mutwillig seit zwei Jahren in Kauf nimmt.

von Tom Hoffmann, Berlin

Denn es liegt nicht nur an der höheren Infektiösität der neuen Variante, dass in den Schulen gerade ein Durchseuchungsprogramm abläuft. In gerade einmal zwei von 16 Bundesländern, den Stadtstaaten Hamburg und Bremen, sind fast alle Klassenräume mit Luftfiltern ausgestattet. In vielen Schulen wird auch im zweiten Corona-Winter wieder nur gelüftet. Die übergroße Mehrheit der Schulen muss sich mit Antigentests statt PCR-Pool-Tests zufrieden geben, weil entsprechende Laborkapazitäten und Logistik nicht aufgebaut wurden. FFP2-Masken werden nicht kostenlos verteilt und die niedrige Impfquote (dreißig Prozent der 5-17-jährigen sind doppelt immunisiert) ergibt sich auch aus den fehlenden Impfangeboten an den Schulen.

Profitinteressen gehen vor

Wenn Politiker*innen jener Parteien, die das seit zwei Jahren in Bund und Ländern mitverantworten, jetzt vor Schulschließungen warnen, weil die schweren psychosozialen Folgen davon immer mehr zutage treten, dann ist das pure Heuchelei. Natürlich sind allein die Zahlen zum Anstieg von psychischen Erkrankungen und Suizidversuchen bei Kindern und Jugendlichen schwer zu ertragen und haben diese auch mit geschlossenen Schulen zu tun. Aber es geht den Regierenden um die Arbeitsfähigkeit der Eltern, damit die Profite des Kapitals nicht leiden, und nicht um die Gesundheit der Kinder. Denn die nötigen Schutzmaßnahmen für sichere Schulen haben sie genauso wenig sichergestellt, wie den dringend nötigen Ausbau von psychologischen Hilfs- und Therapieangeboten für Kinder und Jugendliche. Und: Es ist nicht so, als bestünde die Wahl nur zwischen unsicherem Präsenzunterricht und Isolation zuhause. Man stelle sich vor in den letzten zwei Jahren wäre neben Schutzvorkehrungen massiv in zusätzliches pädagogisches Personal und Lernräume investiert worden. Kleinere Lerngruppen wären genauso möglich, wie Exkursionen oder andere Lernangebote in Museen etc. Im Gegenteil steigt aber die Belastung für die Lehrkräfte, die zusätzlich zum seit Jahren bestehenden Lehrermangel nun auch die zu erwartende Krankheitswelle in den Kollegien durch Omikron abfangen müssen.  

Eine Alternative erkämpfen

Über Wechselunterricht und Schulschließungen sollten jetzt demokratisch gewählte Vertreter*innen von Eltern, Lehrer- und Schüler*innenschaft entscheiden. Aber vor allem ist es nötig, für sichere Schulen und massive Investitionen zu kämpfen und eine gemeinsame Bewegung aufzubauen. Die Gewerkschaften und DIE LINKE sollten sich das zur Aufgabe machen. Die Sol verbindet das mit dem Ziel einer sozialistischen Demokratie, denn sonst ist das Bildungssystem auch nach Omikron durchseucht – von der Logik des Kapitalismus.

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