BioNTech: Impfpatente freigeben, Pharmaindustrie verstaatlichen!

Protestaktion in Mainz

Das Mainzer Unternehmen BioNTech hat mit der Entwicklung des Impfstoffs gegen das Corona-Virus Milliarden verdient. Das Geschäft mit unserer Gesundheit ist sehr profitabel. Dabei haben große Teile der Welt weiterhin keinen Zugang zu den Impfstoffen. Am 12. Februar versammelte sich deshalb ein linkes Bündnis vor der Zentrale des Pharmakonzerns in Mainz und forderte die Freigabe der Patente.

Von Max Klinkner, Mainz

Etwa fünfzig Menschen kamen am Samstag „An der Goldgrube 12“ zusammen. Zuvor gab es einen gemeinsamen Aufruf von linksjugend [‘solid] Mainz, Ökosozialistische Initiative Mainz-Wiesbaden, attac und der Sol Mainz und anderen Gruppen. An der Aktion beteiligten sich aber auch Aktivist*innen aus der LINKEN, der EVG Jugend und sozialen Bewegungen. Die zentrale gemeinsame Forderung war die Freigabe der Impfpatente, die Bildung von Wissenschaftspools, um die Forschungsergebnisse allen zur Verfügung zu stellen und die Zurverfügungstellung von Technik, Knowhow und Ausbildungskapazitäten vor allem für die neokoloniale Welt. Ebenso wurde in Redebeiträgen nochmals betont, dass die Gewerbesteuersenkung, welche die Stadt Mainz durchgeführt hat, um BioNTech in der Stadt zu halten und weitere Firmen anzuziehen, zurückgenommen werden muss. Mit dem Geld könne sozialer Wohnungsbau, kostenloser und gut ausgebauter ÖPNV oder Investitionen ins Bildungs- und Gesundheitswesen vorangebracht werden, statt Krisen-Profiteure weiter zu belohnen.

Von den Organisator*innen wurde auch die IG BCE Jugend (Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie) angefragt. Diese lehnte es aber ab, vorbeizukommen, mit dem Hinweis auf einen Beschluss der letzten Bundesjugendkonferenz der DGB Jugend. Dieser spricht sich gegen eine Patentfreigabe aus, weil dies Arbeitsplätze gefährden würde. BioNTech geriet dabei bereits in die Kritik der Gewerkschaften. Die Arbeitsbelastungen seien massiv, die Vergütungsstrukturen ungleich und intransparent. Am Standort Idar-Oberstein lehnte das Unternehmen einen Haustarifvertrag ab. Es gibt also genügend Anlass, dass sich auch die Gewerkschaften, vor allem die IG BCE, an solchen Aktionen beteiligen. Die vielen Neueinstellungen die BioNTech vorgenommen hat, um die Produktion abzudecken, sind meist befristet. Wenn zu einem zukünftigen Zeitpunkt die Produktion des Corona-Impfstoffes zurückgeht, wird dies Stellenabbau bedeuten. Diese Politik gefährdet Arbeitsplätze, nicht die Freigabe von Patenten. Umso wichtiger war es, dass trotzdem Gewerkschaftsaktive an der Kundgebung teilnahmen und damit auch dem Beschluss der Bundesjugendkonferenz widersprachen. Dies sollte Beispiel für andere Aktivist*innen aus den Gewerkschaften sein.

Verstaatlichung und demokratische Kontrolle notwendig

In dem Redebeitrag der Sol Mainz haben wir weitere unserer Forderungen vorgebracht. Die Freigabe der Impfpatente ist zwar notwendig, aber auch nicht ausreichend. Nur durch eine Verstaatlichung der Pharmaindustrie unter demokratischer Kontrolle und Verwaltung durch die Belegschaften, Gewerkschaften und den Staat ist es möglich, die Profitinteressen der Konzerne auszuhebeln und die Impfstoffproduktion und -weiterentwicklung im Interesse der Mehrheit der Bevölkerung voranzutreiben. Diese Maßnahmen würden das Vertrauen in Impfungen und Medikamente auch deutlich stärken. Es wäre deshalb auch richtig gewesen, wenn der Aufruf auch diese Forderung aufgestellt hätte, wofür wir uns im Vorfeld aussprachen.

Wir betonten aber auch, dass die Impfung allein nicht das Allheilmittel in der Pandemiebekämpfung sein kann. Es ist notwendig, dass wir auch für kostenlose PCR-Tests und Masken, mehr Personal im Gesundheitswesen und Luftfilter in allen Schulen und öffentlichen Gebäuden kämpfen. Die Bundesregierung hat den Kampf gegen die Pandemie faktisch aufgegeben. Es braucht deshalb Druck von unten, um einen Kurswechsel in der Corona-Politik im Interesse der arbeitenden Bevölkerung zu erwirken.

Für eine linke Alternative gegen Querdenken und die Regierung

Aktuell sind vor allem die reaktionären Querdenken-Spaziergänge medial präsent. Von einer linken Alternative ist leider kaum etwas zu spüren. Diese ist aber notwendiger denn je. Ein Sprecher der linksjugend [‘solid] Mainz rief deswegen bei der Kundgebung auch dazu auf, nicht nur gegen die Montagsspaziergänge der Querdenker*innen auf die Straße zu gehen, sondern auch ein linkes Gegenprogramm aufzustellen. Das Bündnis wird darüber hinaus auch am 5. März in der Mainzer Innenstadt für die gemeinsamen Forderungen werben. Dies sollte Vorbild für Linke und Gewerkschaften in allen Städten sein, um die Kritik an der verfehlten Corona-Politik der Regierung nicht den Rechten zu überlassen. 

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