„Es sind immer noch die Väter, die die Kinder bekommen“

 Manifest Verlag hat den Klassiker „Die Töchter Egalias“ neu aufgelegt 

Das Buch “Die Töchter Egalias” von Gert Brantenberg erschien in den  späten 1970er Jahren. Es nimmt die Leser*innen mit in eine Welt, in der die Männer das unterdrückte Geschlecht sind und hält damals wie heute der realen Gesellschaft einen Spiegel vor.

von Alexandra Arnsburg, Berlin

Der junge Petronius muss erkennen, welche Schwierigkeiten ihm das Leben bereitet: eine übergriffige Diskussion um die Anschaffung eines Penishalters, Gewalterfahrungen, die Suche nach dem, was für Liebe gehalten wird, die Unmöglichkeit bestimmte Berufe zu ergreifen, der Druck und die Schwierigkeiten ein umsorgender Familienvater und Hausmann werden zu wollen und immer den der Natur zuwider geltenden Schönheitsansprüchen gerecht werden zu müssen.

Aber das Buch schildert auch die Diskussionen unter Freunden, ihre Bewusstwerdung und Auseinandersetzung mit verschiedenen Theorien. Der Roman begleitet Petronius, seine Freunde und das Herrlein Uglemose in ihren Anfängen, sich zu organisieren, was nicht ohne Folgen für den Umgang mit den Liebsten und in der Familie bleibt. Denn ihre Bestrebungen bleiben natürlich nicht ohne Widerspruch des herrschenden Geschlechts. „[…] Habe ich etwa Zeit für mich? Das Einzige, was mir etwas bedeutet im Leben, ist, für andere dazusein, sonst wäre ich ja ein unwibschlicher Roboter. Ich schufte den ganzen Tag für dich und die Kinder. Und alles, was du dafür machen musst, ist, dass es  uns hier zu Hause gut geht. Und dann beklagst du dich, dass wir noch ein Kind bekommen werden! Das ist doch die Erfüllung der Natur, lieber Kristoffer. Ich gebäre die Kinder und du empfängst. Schließlich sind es noch immer die Männer, die die Kinder bekommen!“ beschwert sich Petronius Mutter über dessen Vater.
Mit vielen Andeutungen auf die Frauenbewegung der 60er und 70er Jahre und Fragen über Ungleichheit und Geschlechterdiskriminierung, die wir bis heute diskutieren, gelingt es der Autorin auf unkonventionelle und eindringliche Weise, Menschen aller Geschlechter die Augen zu öffnen und sich über die eigene Unterdrückung und die Rolle der Geschlechterdiskriminierung in der Gesellschaft bewusst zu werden.

Und heute

Auch heute werden Frauen immer noch als minderwertiges Objekt dargestellt. Jede dritte Frau und jede zweite Transperson werden in ihrem Leben angegriffen und Frauen verrichten zwar den größeren Anteil der Arbeit , verfügen aber über den geringeren Anteil am Reichtum. In solchen Zeiten und für solche Missstände ist ein Buch natürlich keine Lösung. Aber es kann helfen, dass Menschen aller Geschlechter und auch Menschen, die sich selbst als fortschrittlich sehen, hinterfragen, warum in einer Gesellschaft, wo der Profit vor den Menschen steht, Geschlechterdiskriminierung immer wieder reproduziert wird und warum Menschen sich gegenseitig beschimpfen und angreifen, anstatt sich gegen Unterdrückung gemeinsam zu organisieren.

Die zunehmende wirtschaftliche, soziale und ökologische Krise kann dazu führen, dass mehr Menschen sich in die scheinbare Sicherheit von festen Rollenverteilungen und Partnerschaften flüchten oder sich erhoffen, in oft rückwärtsgewandten Theorien Lösungen zu finden. Ohne ehrliche Angebote zur Diskussion und zum gemeinsamen Streiten für Verbesserungen, die allen Geschlechtern das Leben erleichtern, kann dieser Trend zu einem regelrechten Backlash führen. Die Corona-Krise hat einmal mehr dem Kapitalismus die Maske von seiner hässlichen Fratze gezogen und Bedingungen geschaffen, die nicht dazu geeignet sind, die Situation von Frauen und allen unterdrückten Gruppen zu verbessern – im Gegenteil!

“Die Töchter Egalias” kann ermutigen, gemeinsam gegen dieses kapitalistische System und für eine  Gesellschaft zu kämpfen, in der es wirkliche Gleichberechtigung gibt.

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