Für eine klar Antikriegsposition in der Linken

Dokumentiert: Erklärung von AKL- und Sol-Mitgliedern aus Niedersachsen

Wir dokumentieren hier eine Erklärung von Mitglieder der Antikapitalistischen Linken (AKL) und Sol aus Hannover, Hildesheim und Göttingen zum Krieg in der Ukraine. Der Text war zuvor dem Landessprecher*innenrat der AKL Niedersachsen vorgelegt worden, dort konnte sich aber nicht auf einen Text geeinigt werden.

Wir, Mitglieder der Antikapitalistischen Linken (AKL) Niedersachsen und der Sozialistischen Organisation Solidarität (Sol), verurteilen den russischen Eroberungskrieg in der Ukraine und sehen darin einen Versuch der herrschenden Klasse in Russland, Macht und Einfluss in der Region auszubauen, Rohstoffquellen zu kontrollieren  und den Einfluss der NATO-Truppen in Osteuropa einzugrenzen. Es handelt sich damit um einen imperialistischen Krieg eines kapitalistischen Staates der als solcher von Sozialist:innen klar benannt und bekämpft werden muss. Wir stehen für den sofortigen Rückzug aller russischen Truppen in Ukraine und dem sofortigen Ende aller Bombardierungen.
Imperialistische Handlungen lehnen wir auch seitens der EU- und NATO-Staaten ab, die ihrerseits einen Einfluss in Osteuropa zu verteidigen versuchen. Wir stehen damit gleichsam für den sofortigen Rückzug aller NATO-Soldat:innen aus Osteuropa und dem sofortigen Stopp der NATO-Osterweiterung. Wir lehnen insbesondere die deutschen Waffenexporte und Auslandseinsätze der Bundeswehr ab, die die Kriegsparteien SPD, Grüne, FDP und CDU zu verantworten haben. Insbesondere in diesen Tagen verurteilen wir scharf die Doppelmoral der deutschen Regierung, die sich als friedenswillig im Ukraine-Krieg inszeniert, gleichzeitig aber imperialistische Aggression wie den gegenwärtigen Angriff des türkischen Militärs auf Nordsyrien toleriert!
Wir betonen: Die Grundlage des Konflikts liegt im Kapitalismus begründet, in denen die herrschenden Klassen kapitalistischer Staaten im Kampf um Macht und Einfluss das Leben der von ihnen unterdrückten Arbeiter:innen opfern. Sie sind es, die bombardiert werden, durch Sanktionen vor der Perspektivlosigkeit stehen oder als Soldat:innen im Krieg traumatisiert werden oder sterben. Sie haben keinen Vorteil aus diesem Krieg, aber jedes Interesse, sich mit den Arbeiter:innen aller Staaten – insbesondere der kriegsbeteiligten – zusammenzuschließen und gemeinsam um Frieden und Sozialismus zu kämpfen!
Als Internationalist:innen und Antikapitalist:innen stehen wir damit auch in Opposition zur prokapitalistischen Regierung unter Selenskyi, in der seit Jahren nationalistische und arbeiter:innenfeindliche Politik betrieben wird und insbesondere russische und russischsprachige Teile der Gesellschaft Diskriminierungen ausgesetzt sind.
Die Linke steht in Deutschland vor der besonderen Verantwortung, sich jetzt klar gegen das Kriegsbündnis NATO und den deutschen Imperialismus zu stellen und nicht wie Teile der Parteiführung Illusionen in jene zu schüren! Wir bekräftigen die Forderung nach einem sofortigen Stopp aller Waffenexporte, Ablehnung von Investitionen in Militarisierung und Aufrüstung, Auflösung der NATO und Austritt Deutschlands daraus, wie sie noch im Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2021 aufgestellt wurden. Wir fordern die Enteignung der Rüstungsindustrie und eine zivile Produktionsumstellung in öffentlicher Hand, kontrolliert und verwaltet durch die arbeitende Bevölkerung. Es gilt gleichzeitig, nicht nur die friedenspolitischen Grundsätze in der Linken zu wahren, sondern sozialistische Perspektiven zum Konflikt aufzuzeigen. Wo die Parteivorsitzende Hennig-Wellsow das Nein zur NATO in einem Text mit dem Titel “Wir müssen reden” relativierte, sagen wir: Reden müssen wir allerdings! Nach §6 Abs. 3(c) der Bundessatzung sind Mandatsträger:innen sogar verpflichtet, die “demokratische Willensbildung in der Partei bei der Wahrnahme des Mandates zu berücksichtigen”. Gerade jetzt bräuchte Die Linke offene Debatten in der Mitgliedschaft zu dem Konflikt und einem Programm gegen den Krieg und gerade jetzt könnte die Linke den Aufbau von Widerstand über Ländergrenzen hinweg vorantreiben. Die Linke muss jetzt Landesparteitage zu dieser Frage einberufen! Für uns ist klar: Eine solche Perspektive ist nur mit einer unabhängigen sozialistischen Position möglich, die sich auf die Unterdrückten aller kriegsbeteiligten Länder stützt und keine Illusionen in prokapitalistische Regierungen oder ihre diplomatischen Taschenspielertricks schürt. Wer sich im Konflikt zu einer Seite der Konfliktparteien hinziehen lässt, wie in Teilen der Parteiführung zur NATO, in anderen Teilen zum Putin-Regime, wird willentlich oder unwillentlich die Handlungen des jeweiligen Staates eben nicht entblößen und attackieren, sondern erklären oder sogar verteidigen und damit eben auch imperialistische Interessen. Schon Lenin nannte damals die Führer der SPD “Sozialimperialisten”, weil sie Sozialismus in Worten predigten, aber Imperialisten in der Tat waren. Die Arbeiter:innenklasse ist international, deshalb muss es auch unsere Politik sein. Und nur ein unabhängiges Programm auf sozialistischer Grundlage wird einen Ausweg aufzeigen können!
Da der Konflikt auf Grundlage kapitalistischer Wirtschaft entstand, wird er auch nicht durch einen bloßen Politikwechsel gelöst, als ob so der Wettkampf zwischen kapitalistischen Staaten einfach verschwinden könne. Solange die Beziehungen zwischen kapitalistischen Staaten in Konkurrenz zueinander und um Einfluss in der gesamten Welt gebildet werden, wird es immer wieder imperialistische Kriege geben und da, wo Frieden hergestellt wird, wird es nur auf imperialistischer Grundlage sein, d.h auf militärischer oder wirtschaftlicher Durchsetzung der Interessen eines unterdrückenden Staates.
Die AKL Niedersachsen steht ein für internationale Proteste von Arbeiter:innen und den Aufbau multinationaler Organisationen gegen diesen und alle zukünftigen Kriege, wie etwa von Gewerkschaften oder Arbeiter:innenparteien. Es ist höchste Zeit, dass auch Die Linke ein unabhängiges, internationalistisches und sozialistisches Programm entwickelt und internationale Friedenskämpfe voranbringt!

14. März 2022


Nils Gampert

Hans Neumann

Katja Sonntag

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