Stellungnahme der Gauche Révolutionnaire (Revolutionäre Linke)
Das sehr gute Ergebnis von Mélenchon, dem Kandidaten für France Insoumise/Union Populaire, ist eine echte Ermutigung: über 7,7 Millionen Stimmen (650.000 mehr als 2017)! Mélenchon liegt unter jungen Menschen (über 32 Prozent bei den 18- bis 34-Jährigen), unter Arbeiter*innen, in den Banlieues der Großstädte (49 Prozent im Département 93, Seine-Saint-Denis) usw. weit vorne. Er liegt in Lille, Toulouse, Montpellier, Le Havre, Rouen, Amiens, Mulhouse, Nantes, Rennes, Grenoble an der Spitze (und hat im Vergleich zu 2017 oftmals zugelegt) … Er hat die Unterdrückung und Ausbeutung, die die Bevölkerung auf den Antillen, in Französisch-Guayana usw. erleiden muss, zum Ausdruck gebracht (56 Prozent in Guadeloupe zum Beispiel! ).
In den letzten beiden Wochen des Wahlkampfs strömten Tausende von Jugendlichen zu den Kundgebungen, während beim Haustürwahlkampf der Empfang immer enthusiastischer wurde.
Der sehr kämpferische Aspekt des Wahlkampfs ermöglichte es, das Programm mit Maßnahmen populär zu machen, die die Sorgen breiter Bevölkerungsschichten widerspiegelten: Erhöhung des Mindestlohns auf 1400 Euro, Ablehnung der Rente mit 65 und Rückkehr zur Rente mit 60, Verteidigung der öffentlichen Dienste, Ablehnung von Rassismus, ökologische Planung der Wirtschaft usw.
Auch wenn viele eine Enttäuschung darüber empfinden mögen, es nicht in den zweiten Wahlgang geschafft zu haben und sich nun mit dem Pseudo-Duell Macron-Le Pen wiederzufinden, sollte das erzielte Ergebnis als echte Ermutigung für die kommenden Kämpfe aufgefasst werden. Wie Mélenchon es ausdrückte: „Eine Kraft ist konstituiert”.
Keine einzige Stimme für Le Pen!
Bei dieser Wahl ist die Wahlenthaltung (plus vier Prozent) im Vergleich zu 2017 gestiegen. Das ist logisch, Ekel oder das Gefühl der Ohnmacht haben manchmal vor allem in den unteren Schichten überwogen.
Macron, der von den kapitalistischen Medien als großer Gewinner angekündigt wurde und teilweise zehn Prozent vor Mélenchon lag, erreichte schließlich 27,8 Prozent (1,1 Millionen Stimmen mehr als 2017).
Macron hat einen großen Teil der Wähler*innenschaft der „traditionellen” Rechten zurückgewonnen, von der er Positionen übernommen hat (Rente mit 65, Elemente der Privatisierung des Bildungswesens …). Seine Wähler*innenschaft befindet sich in den älteren Bevölkerungsschichten. Er ist sich jedoch nicht sicher, ob es ihm leicht gelingen wird, Le Pen zu schlagen. Er schwankt, wie zum Beispiel bei den Renten: „Ich bin bereit, mich zu bewegen und zu sagen, dass wir nicht unbedingt eine Reform bis 2030 machen (…), wenn wir zu viel Angst bei den Menschen spüren”.
Le Pen, Kandidatin für den Rassemblement National, hatte eine Zeit lang Konkurrenz von dem anderen rechtsextremen Kandidaten Zemmour bekommen. Er erreichte schließlich sieben Prozent nach einer Kampagne, die sowohl rassistisch als auch für einen ultraliberalen Kapitalismus war. Le Pen erreichte 23,15 Prozent (460.000 Stimmen mehr als 2017). Sie erzielte ihr Ergebnis vor allem in Kleinstädten (vor allem in solchen, die unter der Deindustrialisierung gelitten haben) und in ländlichen Gebieten, insbesondere im Norden und Osten des Landes. Bei den 18- bis 24-Jährigen hingegen liegt Le Pen weit hinter Mélenchon und Macron.
Selbst wenn sie eine „Sprache des Volkes” spricht und von Kaufkraft spricht, bedeuten in Wirklichkeit alle ihre Maßnahmen nichts anderes, als von den Kollektivlöhnen (Sozialversicherung, öffentliche Dienste…) wegzunehmen und den Bossen und Reichen zu geben, indem man die Unternehmer*innenbeiträge abschafft. Sie ist nicht mehr für die Rente mit 60, sondern mit 62 Jahren.
Ihr Programm ist in Wirklichkeit ein großer Betrug an denjenigen, die daran glauben. Sie ist also nicht besser als Macron. Und darüber hinaus ist sie dafür, Streiks in bestimmten öffentlichen Diensten zu verbieten. Sie will die Diskriminierung von Ausländer*innen verschärfen und ausländischen Arbeiter*innen „Sozialleistungen” vorenthalten (obwohl sie Beiträge zahlen und Steuern entrichten). Ihre beiden Hauptachsen bleiben die Verstärkung der Sicherheitspolitik und die Denunzierung von Einwanderer*innen, alles zum Schutz der Milliardär*innen und zum Versuch, die Arbeiter*innen und die Bevölkerung zu spalten.
Es darf also keine einzige Stimme für Le Pen geben! Einige werden sich ihr entgegenstellen, indem sie sich der Stimme enthalten, Macron wählen oder weiß wählen.
Die Gewerkschaften, die Organisationen der Arbeiter*innenbewegung und die Kampforganisationen müssen bereits im Mai einen massiven und kämpferischen Warnstreiktag vorbereiten, um unsere Stärke gegenüber Macron zu demonstrieren – und noch mehr, wenn es Le Pen wäre, die durchkommt.
Die Notwendigkeit einer neuen Partei des Kampfs der Arbeiter*innen und der Jugend.
Die PCF, die sich dafür entschieden hat, ihre eigene Kandidatur aufzustellen, um dann bei den Parlamentswahlen Vereinbarungen mit der PS treffen zu können, hat trotz des Engagements ihrer Aktivist*innen ein sehr niedriges Ergebnis erzielt. Mit 2,28 Prozent hat sie nur 100.000 Stimmen mehr als 2007, als ihre letzte Kandidatur das niedrigste Ergebnis war, das die PCF je erzielt hat. Ihr Niedergang setzt sich also fort, und ihre Wahl hat sicherlich dazu beigetragen, dass Mélenchon nicht in die zweite Runde gekommen ist.
Die traditionelle Rechte, LR, brach auf 4,8 Prozent ein, die PS auf 1,75 Prozent, EELV, die vorgibt, die Ökologie gepachtet zu haben, erreichte gerade einmal 4,6 Prozent. Die Menschen haben eindeutig genug von diesen Parteien, die in Wahltaktik gefangen sind.
Millionen von Menschen können weiterhin Vertrauen fassen, wenn die Union Populaire eine echte Möglichkeit bietet, ein Instrument zur Veränderung der Gesellschaft zu sein. Und unter ihnen gibt es Zehntausende, die weiter gehen wollen, die sowohl über die Situation diskutieren, um sie zu verändern, als auch handeln wollen. Einige Verantwortliche von France Insoumise sprechen davon, die Bewegung besser zu strukturieren und zu organisieren. Das ist eine gute Sache. Das hätten wir schon 2017 tun sollen, wie es Gauche Révolutionnaire vorgeschlagen hat. Dann wären wir im Präsidentschaftswahlkampf effektiver gewesen und hätten die paar Hunderttausend Stimmen holen können, die uns am 10. April gefehlt haben.
Man muss diese Debatte jetzt eröffnen, denn sie ist sowohl für die kommenden Kämpfe als auch für die Parlamentswahlen von grundlegender Bedeutung. Die Möglichkeit, eine breite Partei der Arbeiter*innen und der Jugend, eine Partei des Kampfes und der Massen gegen den Kapitalismus, eine demokratische, kämpferische Partei aufzubauen, ist real. Man wird sowohl über Aktionen und das Programm als auch darüber diskutieren können, wodurch diese auf Ausbeutung basierende und der Diktatur des Profits unterworfene Gesellschaft ersetzt werden soll. Wir brauchen eine Partei, die gegen den Kapitalismus kämpft, um ihn durch den Sozialismus zu ersetzen, in dem die Wirtschaft in öffentlichem Eigentum ist, unter demokratischer Kontrolle der Arbeiter*innen steht und die Bedürfnisse aller befriedigt.
Eine solche Veränderung wird durch eine Massenrevolution erreicht, und indem man sich jetzt schon organisiert, um sie vorzubereiten. Deshalb unterstützen wir zwar weiterhin die FI/UP und treten für die Idee ein, dass sie eine neue Partei gründet, aber wir bauen auch weiterhin unsere revolutionäre Partei auf, die für den Sturz des Kapitalismus und die Machtübernahme durch die Arbeiter*innen kämpft, um den Sozialismus aufzubauen.