Sri Lanka: Spontane Massenproteste gegen Preissteigerungen

Tausende Demonstrierende belagern die Residenz von Sri Lankas Präsident Gotabaya Rajapaksa – Erklärung der Vereinigten Sozialistischen Partei und der Tamil Solidarity-Kampagne

Seit etwa 7.30 Uhr am Donnerstagabend, dem 31. März, belagerten Tausende von wütenden Demonstranten die Residenz des Präsidenten von Sri Lanka, Gotabaya Rajapaksa. Busse und andere Fahrzeuge wurden in Brand gesteckt, möglicherweise auch durch staatliche Provokateure. Wasserwerfer und Tränengas wurden gegen die Demonstrierenden eingesetzt, und seit den frühen Morgenstunden kam es zu Massenverhaftungen.

Nachfolgend der Text einer Erklärung von Siritunga Jayasuriya, Sekretär der Vereinigten Sozialistischen Partei [CWI in Sri Lanka].

Siritunga Jayasuriya erklärt, dass der Protest “völlig spontan” entstanden ist. Keine Gewerkschaften oder politischen Parteien hatten dazu aufgerufen. Frauen, die ihre Kinder auf dem Arm hielten, standen an der Spitze. Sie haben es satt, Tag und Nacht für das Nötigste anzustehen und keinen Brennstoff zum Kochen, für Licht oder Klimaanlagen zu haben. Mindestens vier Menschen sind in diesen Warteschlangen gestorben.

Die Regierung hat bei der Bewältigung der massiven Schuldenkrise im Land völlig versagt. Die Hyperinflation hat die Einkommen der arbeitenden Bevölkerung im ganzen Land nahezu vernichtet. Doch die diktatorische Herrscherfamilie der Rajapakses lebt weiterhin im Luxus. “Gotabaya go home!” ruft die Menge, “nach Amerika!”, wohin er vor Jahren geflüchtet war, nachdem er den jahrzehntelangen tamilischen Aufstand in Blut ertränkt hatte.

Siritunga erklärt weiter, dass die Kunde von diesen Protesten über die sozialen Medien verbreitet wurde. “Für diesen Sonntag, den 3. April, wird zu einer landesweiten Aktion aufgerufen. Es kann alles passieren! Die Gewerkschaften und die so genannten linken Organisationen haben bei dem Aufruf zu diesem Massenprotest keine Rolle gespielt und haben nur schwache Kommentare abgegeben und von einer ‘Verschwörung zur Wiedereinführung der Militärherrschaft im Land’ gesprochen.”

In dem kurzen Video beschreibt Siritunga Jayasuriya, wie “um drei Uhr morgens Dutzende von Jugendlichen verhaftet wurden, aber sofort auch Dutzende von Anwälten auftauchten, um ihnen zu helfen. Eine sehr ungewöhnliche Situation! Es war die Polizei, die das Problem geschaffen hatte!”

“Die ‘GotaGoHome’-Bewegung breitet sich wie ein Lauffeuer über die Insel aus. Immer mehr Menschen sollten sich daran beteiligen. Wir – die USP – sind der Meinung, dass sich immer mehr Menschen an diesen Protesten beteiligen sollten. Außerdem müssen die Gewerkschaften zu einem Generalstreik aufrufen”.

Proteste verbreiten sich wie ein Lauffeuer

Siritunga Jayasuriya erläutert, was bei früheren Aufständen wie 1983 unter [dem Präsidenten] J. R. Jayawardene – dem “Schwarzen Juli” – geschehen war und wie die Linke für die Aktionen von staatlichen Provokateuren verantwortlich gemacht werden kann.

“Das wird sich wie ein Lauffeuer verbreiten. Der Sonntag ist ein Schlüsseltag. Die Gewerkschaften sollten mit gutem Beispiel vorangehen und zu einem Generalstreik und einem ‘hartal’1 wie 1953 aufrufen… bis die Regierung ‘nach Hause geht! Dies ist der einzige Weg, Gotabayas korruptes Regime zu stürzen. Die Situation ist heute 100 Mal schlimmer als 1953″.

Am frühen Morgen und wahrscheinlich auch am Sonntag werden Ausgangssperren verhängt, um die Massenproteste im Zentrum von Colombo zu verhindern.

“Das ist erst der Anfang”, sagt Siritunga. “Das könnte unser arabischer Frühling werden. Morgen werden wir eine Pressekonferenz abhalten, um unseren Aufruf für Massenaktionen, ein vollständiges Aktionsprogramm für einen Kampf bis zum Ende vorzutragen”.

Erklärung der Kampagne “Tamil Solidarity”

Kostenexplosion bei Lebensmitteln löst Massenproteste in Sri Lanka aus

In Sri Lanka finden derzeit spontane und landesweite Proteste statt. Viele Jugendliche und Arbeiter*innen versammeln sich in Teilen des Landes, um ihre Wut gegen die Regierung zum Ausdruck zu bringen. Die Preise für wichtige Bedarfsgüter sind in die Höhe geschnellt. Öl und Gas sind unerschwinglich geworden, und es kommt zu langen Stromausfällen. Mehrere [laut früheren Angaben “mindestens vier”, A.d.Ü.] Menschen sind gestorben, als sie stundenlang in langen Schlangen standen, um sich mit dem Nötigsten zu versorgen. Die Regierung hat bisher nichts unternommen, um die Lage der Menschen zu verbessern. Wenn die Zustände so weitergehen, werden immer mehr Menschen an Hunger sterben. Wir müssen uns zur Wehr setzen. Die Gewerkschaften müssen Streikaktionern organisieren, um die Massenaktionen auf den Straßen zu unterstützen.

Wir fordern den sofortigen Rücktritt der Regierung Rajapaksa. Wir fordern die Bildung demokratisch gewählter Volksversammlungen auf lokaler und nationaler Ebene, um alle am Kampf Beteiligten zusammenzubringen, d.h. Arbeitervertreter*innen, Jugendliche, Landwirt*innen und ethnienübergreifend alle Teile der Gesellschaft, um ein Aktionsprogramm zur Bewältigung des Notstands zu beschließen sowie eine Regierung zu wählen, die die arbeitenden Menschen vertritt, um dieses umzusetzen.

Wir unterstützen voll und ganz die Forderungen und die Kampagne der United Socialist Party (USP), die zu Massenaktionen und einem [General]streik aufruft, um diese Regierung zu stürzen. Nachfolgend die Zusammenfassung der USP-Erklärung.

Wir müssen vorwärts kommen, um unsere Kraft zu stärken!

Wir fordern:

  • Nichtbezahlung der Staatsschulden
  • Einführung von Kapitalverkehrskontrollen
  • Reinvestition des verfügbaren Geldes in lebenswichtige Industrien und die Nahrungsmittelproduktion
  • Stopp aller Privatisierungsversuche und sofortige Verstaatlichung aller Banken und Schlüsselindustrien, um sie unter die demokratische Kontrolle der Arbeiter*innen zu stellen
  • Einführung von Preiskontrollen für alle wesentlichen Bedarfsgüter.
  • Streichung aller Mikroschulden
  • Begleichung aller Lohnrückstände bei Lehrer*innen und allen Arbeiter*innen
  • Erhöhung des Grundmindestlohns und Einführung von Mindestlöhnen für alle Arbeiter*innen, einschließlich der Arbeiter*innen in Plantagen und Freihandelszonen, wie von den Gewerkschaften gefordert wird
  • Wir appellieren an alle Gewerkschaften, Studentenverbände und sozialistischen Organisationen, sich auf den Aufbau einer Massenopposition zu einigen, die Tamil*innen, Muslime und Muslimas und Plantagenarbeiter*innen einschließt. Wir müssen uns gemeinsam auf ein grundlegendes Programm einigen, das die oben genannten Forderungen beinhaltet.

Wir appellieren an alle Arbeiter*innen und Studierenden, Komitees an den Arbeitsplätzen, Hochschulen, Universitäten und in den lokalen Gemeinden zu bilden, um den Massenwiderstand zu mobilisieren.

Bildet eine nationale Versammlung, die sich aus aktiven Gewerkschafter*innen, sozialistischen Organisationen und anderen Aktivist*innen zusammensetzt, um den Kampf vorzubereiten.

  • Nieder mit der Gotabaya-Regierung!
  • Verweigert die Zahlung und streicht alle Staatsschulden! Führt Preiskontrollen ein. Senkung der Preise für alle lebenswichtigen Güter
  • Gewerkschaften – ruft jetzt zum Streik auf!
  • Für eine nationale Volksversammlung, um alle am Kampf Beteiligten zusammenzubringen

Diejenigen, die die Erklärung unterstützen wollen, wenden sich bitte an: unitedsocialists@gmail.com

Solidaritätsadressen können gesendet werden an: info@tamilsolidarity.org

Tamil Solidarity unterstützt voll und ganz die Proteste gegen die Gotabaya-Regierung.

Tamil Solidarity lädt alle Interessierten im Vereinigten Königreich ein, an dem Protest teilzunehmen, der für den kommenden Mittwoch, den 6. April 2022, in London organisiert wird.

1Hartal – Wikipedia

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