Jung und arm

Was bedeuten die Preissteigerungen für Jugendliche?

Die aktuellen Preissteigerungen treffen die ganze Gesellschaft, aber auch insbesondere Jugendliche und junge Erwachsene der Arbeiter*innenklasse. Für viele wird es immer schwieriger bis unmöglich von den ohnehin schon geringen Ausbildungsvergütungen oder niedrigen BAföG Sätzen zu leben und sich von den Eltern unabhängig zu machen.

Von Chiara Stenger, Mainz

Die Preise steigen, die Löhne ziehen nicht mit. Das gilt auch insbesondere für die Ausbildungsvergütungen, die so schon mit durchschnittlich 891 Euro im ersten Lehrjahr viel zu gering sind, um nicht in Armut zu leben. Dabei übernehmen viele Auszubildende aufgrund von Personalmangel und Überlastung oft schon früh wichtige und verantwortungsvolle Aufgaben, die denen der restlichen Belegschaft in wenig nachstehen. Und doch verdienen Auszubildende weit unter dem Mindestlohn und werden so oft als günstige Arbeitskraft ausgenutzt. Auch die diesjährige von der Koalition groß angekündigte BAföG Erhöhung von 5,75 Prozent gleicht nicht mal die Inflation aus,  wobei natürlich ohnehin viele Studierende nicht Bafög-berechtigt sind während Regelstudienzeit und bürokratische Hürden weitere Steine in den Weg legen. Gerade das Einhalten der Regelstudienzeit ist kaum noch möglich, wenn man nebenbei in prekären und geringfügig bezahlten Jobs steckt, um irgendwie Miete und Essen zahlen zu können. 

Der Wunsch sich nach der Schule unabhängig zu machen, auszuziehen, und in einer (anderen) Stadt eine Ausbildung oder ein Studium zu beginnen wird somit für viele immer unrealistischer. 2021 finanzierten sich 51 Prozent der 15- bis 24-Jährigen überwiegend durch ihre Eltern, nur 38 Prozent  verdienten genug, um sich selbst zu finanzieren. Im Vergleich war 1991 noch die Hälfte dieser Altersgruppe finanziell unabhängig. Doch gerade wenn es bei den Eltern auch knapp wird, ist die Möglichkeit der Unterstützung durch diese kaum noch gegeben. Gleichzeitig steigen die Mieten immer weiter an und der Wohnungsmarkt ist gerade in Universitätsstädten sehr angespannt. 

Konsequenz in den kommenden Monaten kann so eine wachsende Zahl durch finanzielle Not bedingter Studienabbrüche sein, aber auch, dass weniger junge Menschen überhaupt eine Ausbildung oder ein Studium beginnen. Schon 2019 lebte ein Drittel der Studierenden unterhalb der Armutsgrenze, die Pandemie verschlimmerte diese Situation. Aktuell befinden sich fast 30 Prozent junger Arbeiter*innen in atypischen Beschäftigungsverhältnissen, also in Teilzeit, Befristung, Zeitarbeit oder geringfügiger Beschäftigung. 

Es ist also ganz klar: gerade junge Menschen und ihre Zukunftsperspektiven treffen die Krisen besonders hart. Klar ist auch, dass es so nicht bleiben kann. Es braucht einen Mindestlohn von 15 Euro, der auch als Mindestausbildungsvergütung gilt. Außerdem eine Erhöhung von Löhnen und Sozialleistungen entsprechend der Inflationsrate sowie die Einführung einer elternunabhängigen Grundsicherung für Schüler*innen und Studierende. Aber das wird uns nicht geschenkt! Deswegen ist es jetzt dringlicher denn je Proteste und Streiks zu organisieren und für eine lebenswerte Zukunft für alle zu kämpfen!

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