Männer-Fußball-WM in Katar
Am 20. November startet die umstrittene Fußball-Weltmeisterschaft der Männer erstmalig auf der arabischen Halbinsel und damit ein weiterer Höhepunkt der Kommerzialisierung und Skrupellosigkeit des internationalen Fußballgeschäfts.
von Harvey Hemm, Kaiserslautern
Als die WM im Jahre 2010 an Katar vergeben wurde, hagelte es bereits Kritik. Ein Land, in dem keine Infrastruktur für solch ein Event vorhanden ist, welches aber Homosexualität unter Strafe stellt, soll nun zum Austragungsort eines so wichtigen Turniers des Sports werden? Für Fußballbegeisterte war diese Entscheidung absolut unverständlich.
15.000 Tote
Vor allem die auf den Baustellen der Stadien herrschenden Verhältnisse für Arbeiter*innen sind skandalös. Amnesty International spricht von sklavenhalterähnlichen Zuständen und dokumentierte im Jahre 2019 15.000 Tote im Zusammenhang mit der Weltmeisterschaft.
Den Funktionär*innen der Fußballverbände ist das egal. Uns muss dabei jedoch klar sein, worum es der Chefetage von FIFA, DFB und Co. wirklich geht – nämlich um Geld. Fußball ist ein Milliardengeschäft und befindet sich gerade im asiatischen Raum auf dem Vormarsch. Vor allem auf der arabischen Halbinsel sehen die Verbände einen boomenden Markt.
Korruption
Außerdem stehen massive Korruptionsvorwürfe bei der Entscheidung zur Vergabe im Raum. Das wäre nicht verwunderlich, ist eine Weltmeisterschaft doch ein gutes Mittel für die herrschende Klasse eines Landes, sich auf der internationalen Bühne in ein gutes Licht zu rücken.
Reclaim the game!
Die WM in Katar zeigt: Den großen Fußballverbänden sind nicht nur die Fans egal, sie scheren sich auch nicht um Menschenrechte und Arbeitsbedingungen. Für sie zählt nur Profit. Der Kapitalismus hat den Fußball fest in der Hand.
Aus vielen Fankurven gab es in den vergangenen Monaten Kritik und Boykottaufrufe. Diese sind absolut nachvollziehbar, entfremdet sich der Profi-Fußball doch immer weiter von den Fans. Es ist notwendig, dass Fans sich klar dazu äußern und ein Bewusstsein dafür in den Stadien schaffen. Doch Boykottaufrufe und Spruchbänder gegen die WM allein werden weder die Lage in Katar noch den aktuellen Charakter des Profifußballs ändern. Gewerkschaften und linke Parteien müssen zusammen mit kritischen Fans den Kolleg*innen vor Ort helfen, sich zu organisieren, um sich gegen die Herrschenden vor Ort zu wehren. Außerdem wäre es notwendig, dass sich organisierte Fans auch außerhalb des Stadions gegen kapitalistisches Elend einsetzen und ihren Protest gegen die Kommerzialisierung des Fußballs mit dem Kampf gegen das kapitalistische System verbinden. Die WM könnte auch ein Anlass sein, Protest über Ländergrenzen hinweg zu koordinieren.