Streiks in Österreich

Bahn, Brauereien, Handel, Telekom, Spitäler, Uni: Lassen wir uns nicht spalten! Für branchenübergreifende Streiks und eine gemeinsame Bewegung!

Die Medien sprechen bereits von einer Streikwoche und davon dass Österreich „zum Streikland wird“. Gut so! Am 28.11. haben die Beschäftigten der Bahn gestreikt, die Brauereien streiken über die Woche verteilt an verschiedenen Standorten. Am 29.11. gab es einen einstündigen Warnstreik bei A1 Telekom. Am 2. und 3. Dezember könnte der Handel streiken – das wäre der erste Streik im Handel seit 1981. Im Moment sieht es danach aus, denn die Wirtschaftskammer hatte den Verhandlungstermin am 29.11. abgesagt. In Branche um Branche gibt es Betriebsversammlungen und Streikdrohungen. 

Von Mitgliedern der Sozialistischen Offensive (CWI in Österreich)

Denn die Teuerung betrug im November zuletzt 11% – es ist nicht einzusehen, dass Arbeitnehmer/innen nicht mal diese aktuelle Teuerung abgegolten bekommen. 

Die Streiks sind mehr als gerechtfertigt – auch wenn die Medien und Arbeitgeber bereits versuchen, einzelne Branchen zu isolieren und zu spalten. Besonders eingeschossen haben sie sich auf die Beschäftigten bei der Bahn, die mit einem relativ kämpferischen Kurs der Vida einen 24-Stunden Warnstreik am 28.11. durchgeführt haben. Mit ein Grund ist auch dass ein Bahnstreik sichtbar ist, und das Potential hat, das Land lahmzulegen. Nicht ohne Grund wurde 2003 der Bahnstreik nach drei Tagen von der Regierung abgedreht, da der Hochofen in der Voest nach drei Tagen ohne Nachschub gefährdet war. Die Beschäftigten bei der Bahn haben große wirtschaftliche Macht. 

Solidarisch mit dem Bahnstreik zeigten sich die Ordensspitäler, die selbst vergangene Woche gestreikt hatten und die Beschäftigten der Berufsrettung. Bei den Innsbrucker Verkehrsbetrieben stand sogar ein Solidaritätsstreik im Raum!

Welchen Unterschied macht es, ob Hebenstreit ÖGB Chef werden will? Streikaktionen und damit einhergehend höhere Abschlüsse sind auf jeden Fall im Interesse der Beschäftigten. Wenn Vida einen kämpferischeren Kurs dafür einschlagen sollte, dann ist das letztlich auch Ausdruck des gestiegenen Drucks von unten – denn letztlich geht es ja um die Interessen der Beschäftigten. 

Auch bei den besetzten Unis wird versucht, diese zu isolieren. Aber die Besetzung thematisiert ebenfalls die generelle Teuerungskrise, das fehlende Budget der Unis und die finanzielle Situation von Studierenden. Auch dort gibt es eine Solidarisierung zwischen dem Mittelbau der unter dem nicht angehobenen Budget der Unis leidet (die Kolleg/innen dort haben Kettenverträge die nun womöglich nicht verlängert werden) und den Studierenden die unter dem Motto „Erde brennt“ (die aber auch die generelle Krise und die Teuerung thematisieren) die Hörsäle besetzt haben. 

Vor nichts haben Arbeitgeber und Regierung mehr Angst, als Beschäftigte, die sich geschlossen wehren und sich womöglich auch noch mit den Studierenden zusammenschließen, wie das 1968 in Frankreich der Fall war. Im Unterschied zu damals gibt es heute aber leider (noch) keine Vision einer anderen, demokratischen, sozialistischen Gesellschaft, die die sich anhäufenden Probleme tatsächlich im Interesse der arbeitenden Bevölkerung lösen könnte. 

Aber nachdem es nun in immer mehr Branchen ebenfalls Streikdrohungen gibt, könnten die Versuche der Medien und der Arbeitgeber, die Bahnstreiks zu isolieren, ins Leere gehen. Welche Vorwürfe werden sie gegen die Handelsangestellten ins Feld bringen? Dass sie zu viel verdienen kann man ihnen wohl kaum vorwerfen. Dass sie die Unternehmen in Bedrängnis führen? Dort wo es noch kleine Geschäfte gibt die unter Druck der Energiekosten stehen, könnte mit einem Gaspreisdeckel abgesichert werden, dass diese auch entlastet werden. Die großen Ketten machen jedenfalls genug Profite!

Jene Branchen die bereits zu niedrig abgeschlossen haben könnten Nachschlagszahlungen fordern und sich eventuellen Protesten anschließen. Es braucht branchenübergreifende Streikaktionen, womöglich mit Streikkundgebungen und Streikdemonstrationen die die Kolleg/innen in den einzelnen Branchen zusammenbringen – damit sie sehen: Sie sind nicht allein! Die Kolleg/innen im SWÖ-KV waren bereit gewesen zu Streiken und wären es womöglich wieder! Auch die Tradition von Streikposten, die dafür sorgen, dass der Streik solide ist, muss wieder neu „gelernt“ werden. In demokratisch gewählten Streikkomitees können die Streiks von unten organisiert werden, mit demokratischen Diskussionen in Streikversammlungen über Forderungen, Strategie und Verhandlungsergebnisse. Der Betriebsrat des Krankenhauses der Barmherzigen Schwestern hat seinen Mitarbeiter/innen das Verhandlungsergebnis z.B. zur Abstimmung vorgelegt. So können diese selbst entscheiden ob sie dieses annehmen wollen oder ob es zu weiteren Streiks kommt. Solidaritätskomitees könnten Solidarität von Kund/innen, Patient/innen, Passagier/innen organisieren, damit Medien und Arbeitgeber weniger leicht spalten können. 

Die Sozialistische Offensive war im Laufe der Woche bei Bahnhöfen, Geschäften auf der Mariahilferstraße und auf der Uni, um mit den Leuten dort zu sprechen. 

Handel: 

„Wir waren im Handel unterwegs um mit Betroffenen zu sprechen. Überall haben sich die Menschen über unsere Flugblätter gefreut. Im Handel gibt es viele Unternehmen, die keinen Betriebsrat haben. Aber auch dort war das Interesse groß, die meisten haben gefragt ob denn jetzt gestreikt wird und ob sie auch streiken können. Alle meinten, sie brauchen dringend eine Lohnerhöhung über der Inflation, viele sagten, dass sie zu wenig Personal haben, um den Dienstplan abzudecken und dass das nicht besser wird, wenn die Löhne nicht ordentlich erhöht werden. Die GPA müsste Aktivist/innen in die Shops schicken und mit den Leuten sprechen, um mit ihnen zu klären, wie sie sich organisieren können und an den Streikaktionen beteiligen können. Ein Streik ist die beste Werbung für eine Gewerkschaftsmitgliedschaft. Einige Kolleg/innen fürchteten aber, dass die Gewerkschaft nachgeben würde, sobald die Arbeitgeber 6,9% bieten würden. Die Inflation im Oktober lag aber bei 11%. Wenn gestreikt wird, dann wollen die Kolleg/innen auch ordentliche Erhöhungen sehen!“

Bahn:

„Ein Kollege hat uns 20 Euro gespendet – mit denen wir weitere Streikflugblätter produzieren konnten. Die Kolleg/innen dort meinten, der Streik sei die einzige Option gewesen. Ein Kollege meinte, er heizt nur noch auf 20 Grad und wie das wohl Alleinerziehende machen. Sorge gab es darüber, ob es den Medien gelingt, die Bevölkerung gegen die Beschäftigten bei der Bahn aufzuhetzen – sowie Zustimmung dazu, dass wir branchenübergreifende Streiks brauchen. Ein Kollege, mit dem wir über den Streik von 2003 sprachen, der sich gegen die Zerschlagung der ÖBB in mehrere Unternehmen, also die Vorbereitung für die Bahnliberalisierung, richtete, meinte, seit 2003 hätte sich viel verändert, der Zusammenhalt sei heute viel schwieriger. Umso wichtiger der Streik! Große Solidarität gab es auch für den Handel.“ 

Uni: 

„Am Sonntag waren wir im besetzten Hörsaal der Wiener Universität, um unsere Unterstützung und Solidarität zu bekunden – der Hörsaal sollte ja am Morgen danach geräumt werden. Das ist allerdings nicht geschehen, stattdessen wurde die Besetzung am Montag dann sogar auf die Boku ausgeweitet. Gleich als wir an dem großen Banner von ‚Erde Brennt‘ vorbei und in das Gebäude gegangen sind, fanden wir einige Studenten vor, die es sich vor dem Hörsaal C2 neben den Spinden bequem gemacht haben. Einige haben rege Diskussionen über aktuelle Geschehnisse, insbesondere die prekäre finanzielle Lage der Uni, geführt. Im Hörsaal C1 wurden währenddessen soziale Hürden für Studierende thematisiert. Dabei wurde über die Abschaffung von Studiengebühren und Gebühren für die Aufnahmeprüfung für Nicht-EU-Bürger gefordert. Sowie das Anerkennen von Qualifikation aus Nicht-EU-Staaten, kostenlose Vorstudiengänge, gratis Prüfungsliteratur sowie individuelle Prüfungen für StudentInnen mit Arbeits- oder Betreuungspflichten. Mit aufgenommen wurde auch die Forderung die Pflicht einen C1 Nachweis in Deutsch vorzulegen, abzuschaffen. Über einen QR-Code war es dann möglich für oder gegen die Forderung zu stimmen. Diese wurden mit 98 % der Stimmen beschlossen. Zum Abschluss des Tages wurde ‚Wessen Hörsaal? Unser Hörsaal!‘, skandiert. Um 23 Uhr wurde der Frust über die prekäre Situation durch die multiplen Krisen noch einmal deutlich, als die StudentInnen während einer Karaoke Session unter anderem Lieder wie ‚Der letzte Song‘ von KUMMER gesungen wurde. Eine der Strophen lautete: ‚Das System ist defekt und die Gesellschaft versagt, aber alles wird gut!‘.“

Die Sozialistische Offensive fordert:

  • Für branchenübergreifende Streiks, damit die einzelnen Branchen nicht gegeneinander ausgespielt werden können!
  • Für Nachschlagszahlungen bei jenen Sektoren die bereits zu niedrig abgeschlossen haben.
  • Kein Abschluss unter aktuellen Inflation! Kein Verkaufen von Reallohnverlusten als Reallohngewinnen!
  • Für aktive Streiks mit Streikdemonstrationen und Streikkundgebungen um die Kolleg/innen in den verschiedenen Sektoren zusammenzubringen! Für demokratisch gewählte Streikkomitees um die Streiks von unten zu organisieren, für demokratische Diskussionen von (und Entscheidungen über) Forderungen, Strategie und Verhandlungsergebnisse(n)! Für Streikposten und Solidaritätskomitees!
  • Für einen Gaspreisdeckel und Preiskontrollen bei den zum Leben notwendigen Artikeln. Dafür Energiesektor und Lebensmittelkonzerne in öffentliches Eigentum unter demokratischer Kontrolle und Verwaltung durch die arbeitende Bevölkerung!
  • Für den Aufbau von Vernetzung in den Gewerkschaften für kämpferische und demokratische Gewerkschaften!
  • Für eine echte demokratische sozialistische Gesellschaft, die die Probleme, die es gibt, tatsächlich im Interesse von Arbeitnehmer/innen, Arbeitslosen, Pensionist/innen und Jugendlichen lösen kann.
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