Was eine Rezession für die Arbeiter*innenklasse bedeutet
Von einer Rezession sprechen Regierungen und Wirtschaftsinstitute bei einem Schrumpfen der Wirtschaftsleistung in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen. Doch was ist der Ursprung der immer wieder auftretenden Krisen und was bedeuten sie für den Lebensstandard der einfachen Bevölkerung?
von Jan Horsthemke, Dortmund
Bürgerliche Politiker*innen und Ökonom*innen machen immer wieder “zufällige” Ereignisse oder Umstände für tiefe Wirtschaftseinbrüche verantwortlich.
Wiederkehrende Krisen
So spricht zum Beispiel die amtierende IWF-Chefin Kristalina Giorgiewa von “externen Schocks” und bezieht sich hierbei auf den Klimawandel, die Corona-Pandemie sowie den Ukraine-Krieg. Tatsächlich sind Klimawandel, Ukrainekrieg und auch die Corona-Pandemie (wachsende Zerstörung von Naturräumen etc.) selbst Folgen des Kapitalismus. Zu diesen indirekten Folgen der Funktionsweise des Kapitalismus kommen seine direkten Folgen, wie Karl Marx und Friedrich Engels in ihren Schriften beschrieben haben, hinzu. Sie sind Folge der inneren Widersprüche von gesellschaftlicher Produktion einerseits und privater Aneignung andererseits, den Grenzen der Nationalstaaten, Profitstreben und Konkurrenzkampf.
Wer zahlt für Krisen?
Innerhalb der Krisen versucht die herrschende kapitalistische Klasse wiederum, ihre Profite zu sichern und die Arbeiter*innen für die Krisenkosten zahlen zu lassen. Auch die Anhebung der Preise ist ein indirektes Mittel, um Profite zu sichern oder sogar zu erhöhen, und die Arbeiter*innenklasse auf diese Weise zu enteignen. Und wir stehen laut Prognosen am Beginn einer Rezession. Damit stehen die nächsten Angriffe auf unseren Lebensstandard an. Eine Rezession hat zur Folge, dass Kapitalist*innen weniger Möglichkeiten sehen, Profite über den Verkauf von Waren zu machen. Entsprechend investieren sie nicht mehr in Produktion oder bauen Produktionskapazitäten ab. Das heißt konkret für Teile der Arbeiter*innenklasse: Stellenabbau in unterschiedlichem Ausmaß bis hin zu Entlassungen und Betriebsschließungen. Immer mehr Kleinbetriebe geraten in erhebliche finanzielle Schwierigkeiten bis hin zur Insolvenz. Große Konzerne, aktuell besonders in der Chemie- und Stahlindustrie, drohen mit Produktionsverlagerungen im großen Stil in Länder, in denen sie “billiger” produzieren können.
Widerstand organisieren
Es muss eine kämpferische Strategie geben, um solche Angriffe abzuwehren. Dabei muss es eine Abkehr von der vorherrschenden Standortlogik der Gewerkschaftsführungen in der Industrie geben. Verzicht rettet keine Arbeitsplätze, Überbrückungsmaßnahmen in so genannten Transfergesellschaften sichern keine Existenzen. Stattdessen müssen Pläne für den Kampf um den Erhalt aller Arbeitsplätze diskutiert werden. Hier spielt die Forderung nach Verstaatlichung von Betrieben, die geschlossen werden sollen, eine zentrale Rolle. Diese muss verbunden werden mit der Forderung nach demokratischer Kontrolle und Verwaltung dieser Betriebe durch die arbeitende Bevölkerung.
Rettungspakete
Wie schon in der letzten großen Krise 2007-2009 sehen wir, wie der Staat Rettungspakete schnürt, die aber letztlich dazu dienen, die Banken, Konzerne und Reichen zu retten, anstatt die Masse der Bevölkerung zu schützen.Damals wurden zum einen Milliarden in Bankenrettungspakete gesteckt und zum anderen Konzerne wie Daimler und andere durch die Übernahme der Lohnkosten durch staatliches Kurzarbeitergeld entlastet. Auf der anderen Seite werden damals wie heute Teile der öffentliche Daseinsvorsorge beschnitten oder privatisiert. Dabei hat uns gerade die Pandemie gezeigt, wie wichtig gerade der Ausbau des öffentlichen Dienstes ist und dort viel mehr Personal einzustellen und besser zu bezahlen. Die anstehenden Tarifrunden müssen genutzt werden, um Lohnerhöhungen oberhalb der Inflationsgrenze durchzusetzen,und auch um sich auf weitergehende Angriffe vorzubereiten, indem die Gewerkschaften in den Betrieben gestärkt werden. Die aktuell stattfindenden Sozialproteste, wie “Genug ist Genug”, müssen sich weiter vernetzen und größer werden. Wir werden aber immer wieder in krisenhafte Situationen geraten, wenn der Kapitalismus nicht als Ganzes infrage gestellt wird. Nur eine demokratisch geplante Wirtschaft auf Grundlage einer sozialistischen Demokratie kann dem Kreislauf von immer wieder entstehenden wirtschaftlichen Krisen Einhalt gebieten.