Österreich in Bewegung

Kundgebung der SPÖ Wien am 1. Mai 2022

Tiefe Krise der SPÖ und Wahlerfolg der KPÖ

Wahlniederlagen, Mitgliederverluste, Umfragewerte im Keller – die österreichische Sozialdemokratie erlebt die tiefste Krise ihres Bestehens. Gleichzeitig schaffte die Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ Plus) bei der Salzburger Landtagswahl sensationelle 11,4 Prozent. 


von Laura Rafetseder, Wien

Einst eine Massenkraft, mit einer Dreiviertelmillion Mitgliedern, hat die SPÖ massiv an Zuspruch innerhalb der Arbeiter*innenklasse verloren. Seit Monaten wird nun um den Parteivorsitz gerungen. Drei Kandidat*innen treten in einem Mitgliederentscheid gegeneinander an, der zur Zerreißprobe werden kann. Der Landeshauptmann im Burgenland, Hans-Peter Doskozil, steht für einen populistischen Kurs, der rassistischen Stimmungen nachgibt. Die aktuelle Parteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner repräsentiert die bürokratische Führung der SPÖ. Andreas Babler gilt als Parteilinker und ist mit einer Kombination aus sozialen Maßnahmen und Antirassismus in seiner Heimatgemeinde Traiskirchen mit über siebzig Prozent zum Bürgermeister gewählt worden. Dabei hat er die Tatsache, dass es dort das größte Geflüchtetenlager des Landes gibt, gegen die rassistische Politik der Bundesregierung gewendet statt migrationsfeindlichen Stimmungen nachzugeben.

Babler fordert unter anderem die 32-Stunden-Woche bei vollem Lohn – ohne jedoch Wege aufzuzeigen, wie diese durch Bewegung auf der Straße und in den Betrieben erkämpft werden kann. Dass Andreas Babler, wie auch Doskozil, sich für eine Ampelkoalition aus SPÖ, Grünen und neoliberalen NEOs ausspricht, ist jedoch ein Hinweis darauf, dass ein wirklich grundlegender Politikwechsel auch mit einer von ihm geführten SPÖ unwahrscheinlich ist. 

Linksverschiebung?

Laut einer Umfrage kann Doskozil mit 29, Rendi-Wagner mit 49 und Babler mit 18 Prozent der Stimmen rechnen. Dessen Kandidatur hat innerhalb von drei Tagen 8000 Menschen veranlasst, in die SPÖ einzutreten. Seine Kandidatur hat Hoffnung auf eine Linksverschiebung der SPÖ geweckt. Gleichzeitig zeigt der Wahlerfolg der KPÖ Plus in Salzburg (nach der Steiermark das zweite Bundesland, in dem die KPÖ in den Landtag einzieht) das große Potenzial für eine Partei links der Sozialdemokratie.

Wenn Babler die Wahl zum Parteivorsitz gewinnen sollte, wird sich für ihn eine ähnliche Frage stellen, wie sie sich für den Linken Jeremy Corbyn in der Labour Partei nach seiner Wahl zum Vorsitzenden stellte. Mit dem prokapitalistischen Apparat und dem Großteil der Abgeordneten auf allen Ebenen wird keine Politik im Interesse der Arbeiter*innenklasse zu machen sein. Er müsste seine Unterstützer*innen auf Basis eines klaren linken Programms  für eine Instandsetzung der Partei mobilisieren und zum Bruch mit der Parteirechten bereit sein, wenn er seine inhaltlichen Positionen umsetzen will. Ansonsten wird, wie so oft, das Amt den Kandidaten verändern und auch Babler sich anpassen. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass er die Urwahl nicht gewinnt. Dann sollten er und seine Unterstützer*innen die Bildung einer neuen Kraft – gemeinsam mit der KPÖ und anderen linken Kräften – voran treiben.


Sozialistisches Programm nötig

Denn angesichts der multiplen kapitalistischen Krise und zunehmender Klassenkämpfe in Österreich brauchen wir eine Partei, die konsequent Arbeiter*inneninteressen vertritt und eine sozialistische Veränderung anstoßen will. 


Für diesen Kampf bräuchte man ein sozialistisches Programm, das die Überführung der Schlüsselindustrien in öffentliches Eigentum unter demokratischer Kontrolle und Verwaltung durch die arbeitende Bevölkerung und eine demokratische Planung der Wirtschaft nach den Bedürfnissen der Menschen und des Planeten beinhaltet. Statt rassistischem Populismus ist ein Kurs auf Einheit der Arbeiter*innenklasse nötig.



Neue Arbeiter*innenpartei nötig!

Die Frage einer neuen Arbeiter*innenpartei stellt sich jetzt konkret. Das nun bestehende Zeitfenster muss aber auch genutzt werden. Bablers Unterstützer*innen und die KPÖ tragen dafür die Verantwortung. Der Erfolg der rechtspopulistisch-rassistischen FPÖ in Salzburg zeigt leider auch, wie dringend nötig ein solches Projekt ist.