Spaltung hilft nur den Reichen

Hetze gegen Geflüchtete zurückweisen

Laut einer Umfrage im Auftrag von FOCUS online glauben 79 Prozent der Befragten, dass Deutschland seit 2015 zu viele Geflüchtete aufgenommen hat. Als Grund für ihre Bedenken gaben 83 Prozent an, dass die Aufnahme von Geflüchteten zu Spannungen auf dem Wohnungsmarkt und in den Sozialsystemen führt. Gleichzeitig klagen immer mehr Kommunen darüber, dass sie keine Mittel mehr haben, Geflüchtete unterzubringen, ohne an anderen Stellen zu kürzen. Doch der Zuzug von Geflüchteten ist nicht der Grund für Wohnungsnot, fehlende Kita-Plätze und ein marodes Gesundheitswesen. Sie werden aber als Sündenböcke missbraucht, um von den wahren Ursachen abzulenken.

von Jens Jaschik, Dortmund

Bisher gab es dieses Jahr 87.777 Asylanträge (inklusive Folgeanträge, also von Geflüchteten,  denen schon in der Vergangenheit Asyl gewährt wurde) und im vergangenen Jahr im Ganzen 244.132 Anträge (Quelle Statista). Dazu kommen seit Februar 2022 1.060.822 Geflüchtete aus der Ukraine, die keinen normalen Asylantrag stellen müssen. 

Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum, Kitaplätzen und der katastrophale Zustand von vielen Schulen führen unter Teilen der Bevölkerung zu Sorgen, dass sich dieser Zustand verschärft. Wir wollen im Folgenden auf einige Fragen und Sorgen eingehen und die wahren Ursachen beleuchten. 

Warum gibt es Wohnungsnot?

Auch vor 2022 gab es Wohnungsnot und Mietsteigerungen in Deutschland. Es gibt allein 607.000 Wohneinheiten Leerstand (Quelle: statista), dazu kommen leer stehende Büroflächen und Immobilien, die aus verschiedenen Gründen nicht in die Statistik aufgenommen werden. Wenn neu gebaut wird, dann meisten teure Apartments, Büros oder Hotels. Gleichzeitig stopfen sich die großen Konzerne, die den Wohnungsmarkt beherrschen, die Taschen voll. Nicht die Geflüchteten sind das Problem, die teilweise bis zu Jahre in Sporthallen oder Massenunterkünften untergebracht werden, Es ist längst überfällig, massive öffentliche Investitionen in den Wohnungsbau zu tätigen und Gesetze zur Deckelung der Mieten und Enteignung großer Immobilienkonzerne zu erlassen. Schuld sind nicht die Geflüchteten, sondern die Kapitalist*innen und die etablierten Parteien, die ihnen den Rücken decken und wie zum Beispiel in Berlin, trotz der Mehrheitsentscheidung der Berliner*innen, Deutsche Wohnen und Co. nicht enteignen.

Führen mehr Geflüchtete zu einer stärkeren Belastung des Sozial- und Bildungssystems? 

Die größte Belastung für die öffentlichen Haushalte sind nicht Geflüchtete, sondern die Superreichen, die mit Steuerhinterziehungen und Auslandskonten jährlich bis zu hundert Milliarden Euro hinterziehen. Geld, das später fehlt, um unsere Schulen zu sanieren, Kitaplätze zu schaffen und Sozialleistungen zu finanzieren. Hinzu kommen die Unmengen an Profiten, die „legal“ gemacht werden, aber nur einigen wenigen zu Gute kommen. Die Sol kämpft für eine Vermögenssteuer von zehn Prozent ab einer Million Euro Vermögen, ein stark progressives Steuersystem und drastisch höhere Steuern auf Unternehmensprofite und Erbschaften. Mit dem Geld könnten zahlreiche neue Schulen gebaut, der öffentliche Dienst aufgebaut und Sozialleistungen und Renten deutlich angehoben werden. Hetze gegen Geflüchtete soll nur davon ablenken.

Mag ja alles stimmen, aber in der Krise ist das doch nicht möglich?

Die etablierten Politiker*innen, die Bosse der Banken und Konzerne und die großen Medienhäuser finden immer einen Grund, wieso wir darauf verzichten sollen zu kämpfen. Wenn es mit der Wirtschaft bergauf geht, solle man nicht streiken, aber erst recht nicht, wenn es um die Wirtschaft schlecht steht – das heißt, wenn für uns alles teurer wird und die Kapitalist*innen versuchen, in der Krise ihre Profite zu maximieren. Ob Konkurrenten, Arbeitsplätze oder die Arbeiter*innenklasse selbst dabei auf der Strecke bleiben, ist ihnen egal. Wir dürfen nicht die kapitalistischen Bedingungen akzeptieren. Im Kapitalismus wird es immer zu wenig Wohnraum geben, wird es immer Lohndrückerei geben – egal ob und wie viele Geflüchtete nach Deutschland kommen. Wir müssen es mit unseren wahren Feinden aufnehmen, den Bossen der Banken und Konzerne und ihren Helfer*innen in den Parlamenten. Wir müssen Schluss machen mit einem System, das auf Konkurrenz und nach unten treten basiert und dem einen System der Solidarität, eine sozialistische Demokratie entgegen stellen.

Was können wir denn tun, um die Probleme zu lösen?

Man ist kein*e Rassist*in, nur weil man sich Sorgen macht, offene Fragen oder Ängste hat. Aber wir dürfen nicht auf die Hetze der rechten Demagog*innen reinfallen. Ihr Ziel ist es, die Sorgen und Ängste der Menschen auszunutzen und die einfachen Leute zu spalten und von den wahren Verursacher*innen der Probleme abzulenken. 

Ein deutscher Arbeiter hat dieselben Interessen, wie sein türkischer Kollege und eine deutsche Mieterin dieselben Interessen, wie ihre ukrainische Nachbarin. Die Grenzen verlaufen nicht zwischen Nationalitäten, Hautfarben oder Religionszugehörigkeiten, sondern zwischen oben und unten. Wenn die rechten Hetzer von der Bild-Zeitung bis zur AfD spalten, dann greifen sie reale Probleme nur auf, um sie für ihren Rassismus zu nutzen. Damit wollen sie vor allem verhindern, dass die Lohnabhängigen, Erwerbslosen und Armen sich zusammentun und gemeinsam gegen die da oben kämpfen. “Teile und Herrsche” heißt das alte Prinzip – Spaltung dient den Reichen und Mächtigen. Höhere Löhne, bezahlbaren und guten Wohnraum, mehr Geld für die öffentliche Daseinsvorsorge und höhere Renten und Sozialleistungen können wir nur gemeinsam erkämpfen. Das Geld ist da. Es liegt bei den Banken und Konzernen. Gemeinsam sind wir stark genug, es uns zurückzuholen!  

Print Friendly, PDF & Email