Karl Marx – Leben und Werk

Erster Teil der neuen Artikelserie „Was ist Marxismus?“

Im September 1999 kürte eine online-Umfrage des britischen Fernsehsenders BBC Karl Marx (vor Einstein, Newton, Darwin, Thomas von Aquin und anderen) zum größten Denker des Jahrtausends. In einem kurzen Artikel ist es natürlich unmöglich, seine Ideen umfassend darzustellen. Dieser ist auch nur der Auftakt der Artikelserie, die hier Angerissenes vertiefen und weitere Aspekte darstellen wird.

von Wolfram Klein, Plochingen bei Stuttgart und Sascha Staničić, Berlin

Die Ideen von Karl Marx, die er zusammen mit seinem Freund und Weggefährten Friedrich Engels entwickelte und die man „Marxismus“ oder „wissenschaftlichen Sozialismus“ nennt, haben in den letzten 170 Jahren Millionen von Menschen inspiriert und geprägt. Warum ist das so? Weil sie nicht nur eine Erklärung der gesellschaftlichen Entwicklungen und Verhältnisse auf der Welt liefern, sondern auch ein Instrument darstellen, diese im Interesse der Mehrheit der Menschen zu verändern.

Marx studierte Philosophie. Sein Leitsatz wurde jedoch: „Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kommt aber darauf an, sie zu verändern.“ Um sie zu verändern, muss man sie aber verstehen. Marx erkannte, vereinfacht ausgedrückt, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse die Grundlage der politischen Entwicklungen sind. Das nennt man „materialistische Geschichtsauffassung“. Sein zentraler philosophischer Gedanke – basierend auf Hegels Anschauungen – war, dass Natur, Geschichte, Ideen sich nicht gleichmäßig entwickeln, sondern in Widersprüchen, im Kampf von Gegensätzen, teils in Sprüngen (und nicht nur vorwärts). Das nennt man „dialektische“ Entwicklung.

Klassen

Gleichzeitig erkannte er, dass die Menschheitsgeschichte seit der Entstehung des Privateigentums an Produktionsmitteln durch Gegensätze gesellschaftlicher Klassen geprägt war – Sklavenhalter und Sklaven, Feudalherren und Leibeigene und dann in der kapitalistischen Gesellschaft Kapitalist und Lohnabhängige. Die Arbeiter*innenklasse sind nach Marx all diejenigen, die ihre Arbeitskraft verkaufen müssen (und dafür einen Arbeitslohn erhalten) um zu überleben. Diese Klasse hat ein objektiv gemeinsame Interesse daran, diese Situation der Ausbeutung zu überwinden.

In seinen ökonomischen Studien kam er zu dem Schluss, dass die kapitalistische Wirtschaftsweise regelmäßig Krisen hervorbringt und ihre inneren Widersprüche zu einer Fessel werden, um die Gesellschaft in einer Art und Weise weiterzuentwickeln, dass alle davon profitieren können. So wie schon frühere Produktionsweisen in der Menschheitsgeschichte zu einer Fessel geworden und durch revolutionäre Veränderungen überwunden worden waren, so müsste nach Marx und Engels auch die kapitalistische Wirtschaftsweise überwunden werden, indem die Arbeiter*innenklasse die politische Macht erobert und das Privateigentum an Fabriken, Banken und Grund und Boden abschafft und die Wirtschaft gemeinsam und kooperativ organisiert. Um dies zu erreichen ist aber eine Organisierung der Arbeiter*innen nötig.

Revolutionärer Aktivist

Deshalb war Marx nicht nur Theoretiker, sondern auch revolutionärer Kämpfer. Nach der Niederlage der Revolution von 1848 musste er nach England emigrieren, wo er ab 1864 der Kopf der Internationalen Arbeiterassoziation (IAA), des ersten internationalen Zusammenschlusses von Arbeiter*innenorganisationen, wurde. Er kämpfte für konkrete Verbesserungen wie Sozialgesetze, demokratische Reformen, unterstützte Streiks für höhere Löhne und andere Verbesserungen. Das sollte eine Revolution vorbereiten, wie sie 1789 das Bürgertum gegen den Adel unternahm und 1871 in der Pariser Kommune die Arbeiter*innen gegen das Bürgertum versuchten. Endziel dabei ist, „alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist“, eine sozialistische und infolge kommunistische, klassenlose Gesellschaft, die nicht mehr auf Profit und Konkurrenz beruht, sondern „worin die freie Entwicklung eines“ (und einer) „jeden die Bedingung für die freie Entwicklung aller ist“. Allein diese Zitate zeigen, dass die Ideen von Marx nicht in den bürokratischen Diktaturen der Sowjetunion, DDR und des heute staatskapitalistischen Chinas verwirklicht, sondern dort ad absurdum geführt wurden.

Marx veraltet?

Die Ideen des Marxismus wurden seit Marx’ Tod im Jahr 1883 weiterentwickelt. Sie sind keine in Stein gemeißelten Dogmen, aber eine auch heute noch zutreffende Methode, die kapitalistischen Verhältnisse zu analysieren und ihre Überwindung anzugehen. Denn das ist heute noch dringender als zu seinen Lebzeiten.