Großbritanniens Regierung unternimmt nichts um Temperaturanstieg zu verhindern
Juni 2023 war der heißeste Monat, der jemals im Vereinigten Königreich gemessen wurde. Anfang Juli wurden weltweit gesehen die beiden heißesten Tage überhaupt gemessen. Was hat die Tory-Regierung zu diesen jüngsten Folgen des Klimawandels gesagt? Nichts; ihr Schweigen war ohrenbetäubend.
Aus The Socialist, Zeitung der Socialist Party in England und Wales
Als die Tory-Umweltministerin Thérèse Coffey am 6. Juli im Parlament schließlich Fragen beantwortete, erwähnte sie den Klimawandel mit keinem Wort, und kein einziger Abgeordneter befragte sie über die Untätigkeit ihrer Regierung in diesem Bereich. Am nächsten kam dem die Frage eines Tory-Abgeordneten, welche Schritte unternommen werden, um Bäume zu pflanzen. Daraufhin verwies Coffey auf einige Pflanzprojekte und fügte lächerlich hinzu: „Wählt blau, um die grüne Wende einzuleiten“.
In Wirklichkeit sind die Tories beim Thema Umwelt genauso gespalten wie bei allen anderen wichtigen Themen. Der scheidende Vorsitzende des parlamentarischen Ausschusses für Klimawandel, der Tory-Abgeordnete John Gummer, erklärte im vergangenen Monat, dass es keine zufriedenstellenden Fortschritte bei der Bekämpfung des Klimawandels gäbe. Sein Ausschuss kritisierte unter anderem, dass die Regierung derzeit 100 neue Lizenzen für Gas- und Ölbohrungen in der Nordsee vergibt.
Wenige Tage später verfasste ein anderer Tory-Abgeordneter, Zac Goldsmith, ein vernichtendes Rücktrittsschreiben von seinem Ministerposten als internationaler Umweltminister, in dem er Premierminister Rishi Sunak ein „Desinteresse“ am Klimawandel vorwarf. Darin beklagt er unter anderem, dass die Regierung ihre Zusage zurückgezogen hat, 11,6 Milliarden Pfund an Auslandshilfe für Umweltzwecke bereitzustellen.
“Fiedeln während Rom brennt”
Die Redewendung „fiedeln, während Rom brennt“ kommt in den Sinn – ein Großteil des Planeten ist in Gefahr, nicht nur die menschliche Domäne. Die Dringlichkeit weitreichender Maßnahmen wird anhand der Temperaturkurven deutlich. Trotz der seit über vierzig Jahren stattfindenden internationalen Klimakonferenzen steuert die globale Erwärmung rasch auf die im Pariser Abkommen von 2015 festgelegte Obergrenze von 1,5 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau zu.
Es ist nicht das technologische Potenzial, das fehlt. Die Internationale Energieagentur hat beispielsweise erklärt, dass die Produktionskapazitäten für Solarmodule, wenn alle geplanten Projekte umgesetzt werden, das Niveau übersteigen würden, das erforderlich ist, um bis 2050 eine Netto-Null-Treibhausgasemission zu erreichen. Das Scheitern ist vielmehr auf grundlegende Hindernisse im kapitalistischen System zurückzuführen.
Die kapitalistischen Regierungen verpflichten sich nicht zu den massiven Investitionen, die für Veränderungen wie die vollständige Nutzung erneuerbarer Energien in der Strominfrastruktur erforderlich sind. Das würde bedeuten, dass die bereits sehr hohe Verschuldung des öffentlichen Sektors weiter steigen würde, die sie innerhalb jener Grenzen halten wollen, die von den führenden kapitalistischen Institutionen toleriert werden.
Es war eine Sache, sie zu erhöhen, um ihr System in der Finanzkrise 2007-08 und später in der Covid-Pandemie zu retten. Aber aus ihrer Sicht kann die sich verschärfende Klimakrise in die Hände zukünftiger Regierungen und Generationen verschoben werden. Auch der Privatsektor, der sich mehr auf kurzfristige Gewinnchancen als auf die Bedürfnisse der Gesellschaft konzentriert, wird die notwendigen Investitionen nicht aufbringen.
Der Status Quo der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen wird durch die Verbindungen zwischen den Regierungen der großen kapitalistischen Mächte auf der ganzen Welt und der Industrie für fossile Brennstoffe sowie dem Großkapital insgesamt und seinen Interessen noch verstärkt.
Kapitalistischer Wettbewerb
Ein weiteres Hindernis, den Klimawandel im Kapitalismus zu stoppen, ist die Unmöglichkeit, die notwendige globale Zusammenarbeit zu erreichen. Lieferketten überschreiten viele Grenzen, aber die führenden Hersteller und Dienstleister sind wirtschaftlich und politisch in Nationalstaaten angesiedelt, die sie als Basis nutzen, um ihre Interessen zu verteidigen, während sie mit anderen Unternehmen weltweit konkurrieren. Der Wettbewerb ist dem System inhärent, nicht die Zusammenarbeit.
„Der Klimawandel ist außer Kontrolle“, beklagte UN-Generalsekretär Antonio Guterres als Reaktion auf den Beginn der Hitzewelle im Juli. Der Klimawandel ist außer Kontrolle geraten, weil der Kapitalismus außer Kontrolle geraten ist – und nicht kontrolliert werden kann. Als System existiert er seit weniger als 400 Jahren, ein Nadelstich in der Zeitleiste der Menschheit auf dem Planeten, und doch hat er in dieser kurzen Zeit seine Nützlichkeit überlebt, eskalierende Schäden an der Umwelt verursacht und ist reif, beseitigt zu werden.
Keir Starmers Labour Partei behandelt den Klimawandel wie die Tories als ein Thema, das mit anderen Themen, die sie als Anliegen der Wähler*innen betrachten, jongliert werden muss. Die Sunday Times (9. Juli) berichtete über Bestrebungen von Starmer und seinen engen Anhänger*innen im Schattenkabinett, die Haltung der Labour Partei von der so genannten „grünen Agenda“ weg zu verlagern, um sich mehr auf den „wirtschaftlichen Wandel“ zu konzentrieren.
Ein Hinweis darauf war ihre jüngste Entscheidung, die Umsetzung eines Versprechens zu verschieben, das besagt, dass ab dem Beginn einer Labour-Regierung jährlich 28 Milliarden Pfund für grüne Initiativen ausgegeben werden sollen. Doch auch Labour hat keine wirklichen wirtschaftlichen Veränderungen zu bieten, und zu den drängenden Problemen der Arbeiter*innenklasse gehört zweifellos die Umwelt. Arbeitende Menschen sind an vorderster Front durch extreme Wetterereignisse und Umweltverschmutzung gefährdet, und die meisten machen sich große Sorgen um den Planeten und alles Leben auf ihm.
Starmer und Co. haben unmissverständlich klar gemacht, dass sie keine nennenswerten Schritte in Richtung der weitreichenden Maßnahmen unternehmen werden, die notwendig wären: entschlossene Maßnahmen zur Nutzung des kolossalen Reichtums, der von den Superreichen gehortet wird, zusammen mit der Verstaatlichung der Banken, der Energieunternehmen, des Verkehrs, der Infrastruktur, der Agrarindustrie und anderer Schlüsselunternehmen – zusammen mit dem Aufruf an die Arbeiter*innenbewegungen auf der ganzen Welt, dies ebenfalls zu tun.
Sozialistische Lösung
Die Lösung für den Klimawandel liegt im Aufbau von demokratisch organisierten, auf der Arbeiter*innenklasse basierenden Massenkräften, die dieses verrottete System in Frage stellen und beseitigen und es durch eine sozialistische Gesellschaft ersetzen können, die auf Bedürfnissen und nicht auf Profit basiert.
Während diese Kräfte aufgebaut werden, wird es unweigerlich zu Kämpfen um Ressourcen kommen, die die Auswirkungen von Temperaturextremen, Bränden, Überschwemmungen, Stürmen etc. auf die arbeitenden Menschen verringern – viele finden bereits statt. Die kapitalistischen Regierungen werden weiterhin versuchen, die Last der Finanzierung dieser Ressourcen auf die Arbeiter*innen und die Mittelschicht abzuwälzen, und sie werden zweifelsohne die Umweltfrage nutzen – wie auch andere – , um Spaltung zu propagieren und die Einheit der Arbeiter*innen zu untergraben.
In diesen Klassenkämpfen brauchen Arbeiter*innenbewegungen und neue Arbeiter*innenparteien Programme, die die Arbeiter*innen zusammenbringen können. In Bezug auf die Umwelt bedeutet dies, für die Anhebung des Lebensstandards der Ärmsten in der Gesellschaft einzutreten, ohne dass dies auf Kosten der besser bezahlten Arbeiter*innen geht. Es bedeutet auch, auf der Schaffung von gut bezahlten, qualifizierten Arbeitsplätzen zu bestehen, um diejenigen zu ersetzen, die durch den Ausstieg aus umweltverschmutzenden oder potenziell gefährlichen Industrien – einschließlich der Kernkraft – verloren gehen.
Auf Garantien der kapitalistischen Bosse oder ihrer politischen Vertretungen kann man sich in diesen Fragen niemals verlassen. Nur eine demokratisch fundierte Entscheidungsfindung durch Vertreter*innen der Arbeiter*innenklasse ermöglicht sozialistische Maßnahmen im Interesse der Mehrheit der Gesellschaft und einer nachhaltigen Umwelt.