USA: Der Streik der Automobilarbeiter*innen

Erklärung der Independent Socialist Group (ISG)

Am 15. September nahmen Mitglieder der Independent Socialist Group (ISG) gemeinsam mit Mitgliedern der United Auto Workers (UAW) und anderen Unterstützer*innen an einer Streikpostenübung in Mansfield, MA, teil, um ihre Unterstützung für den Streik zu zeigen.

Nach dem Auslaufen ihrer Verträge in der Nacht zuvor legten 13.000 UAW-Mitglieder in den Montagewerken in Michigan, Missouri und Ohio, die bei den “großen 3” Autofirmen (General Motors, Ford, Stellantis) arbeiten, die Arbeit nieder.

Ein UAW-Vertrauensmann, der an der Streikpostenkundgebung teilnahm, sprach mit ISG-Mitgliedern darüber, dass die Arbeiter*innen “seit Jahrzehnten den Kürzeren ziehen, während das Unternehmen mit vollen Händen Geld verdient”.

Die UAW-Mitglieder haben jahrelang Zugeständnisse in ihren Verträgen gemacht, während die drei großen Automobilhersteller in den letzten zehn Jahren 250 Milliarden Dollar eingenommen haben. Die beiden politischen Parteien der Konzerne, Demokraten und Republikaner, haben die großen Autokonzerne mit massiven Rettungspaketen und Krediten unterstützt, darunter achtzig Milliarden Dollar an Rettungspaketen in den Jahren 2008/09 sowohl von der Bush- als auch von der Obama-Regierung und neun Milliarden Dollar im Juni von der Biden-Regierung für den Bau von nicht Batteriewerken für Elektrofahrzeuge in Kentucky und Tennessee, in denen es keine gewerkschaftliche Vertretung gibt.

Im vergangenen Jahr haben sich die Vorstandsvorsitzenden der Big 3 geweigert, Milliarden in die Produktion zu investieren und stattdessen fünf Milliarden Dollar durch Aktienrückkäufe an reiche Aktionär*innen ausgeschüttet. In den ersten sechs Monaten des Jahres 2023 meldeten die Big 3 außerdem Gewinne in Höhe von 21 Milliarden Dollar. Das hält die Konzernmedien jedoch nicht davon ab, die Propaganda der CEOs zu übernehmen, wenn sie die Lohnforderungen der UAW als “unrealistisch” bezeichnen.

Die Forderungen der Autoarbeiter*innengewerkschaft beinhalten eine Lohnerhöhung von 36 Prozent über einen Zeitraum von vier Jahren, eine 32-Stunden-Woche ohne Lohnkürzungen, die Abschaffung des zweistufigen Lohnsystems, bei dem neu eingestellte Mitarbeiter*innen weniger Lohn und Sozialleistungen erhalten, eine Progression von neunzig Tagen – nicht acht Jahren – bis zum Erreichen des höchsten Lohnniveaus (32 Dollar pro Stunde) und die Wiederherstellung des Lebenshaltungskostenausgleichs, den die Gewerkschaft 2009 verloren hat. Die UAW fordert außerdem eine höhere Gewinnbeteiligung für die Beschäftigten, das Recht auf Streik bei Werksschließungen und garantierte Vollzeitstellen für Zeitarbeiter*innen nach neunzig Tagen.

Seit Beginn des Streiks am 15. September hat Ford 600 Beschäftigte in Wayne, Michigan, entlassen, und General Motors droht mit der Entlassung von 2000 Beschäftigten in Kansas City. Beschäftigte, deren Betriebe nicht zum Streik aufgerufen wurden, berichten, dass sie eine “Schreckensherrschaft” der Unternehmensleitung befürchten, die sich für den Streik mit verstärkten Schikanen, Disziplinarmaßnahmen, erzwungenen Überstunden, Beschleunigungen und Aussperrungen rächen will.

UAW-Präsident Shawn Fain sagte in einer Online-Ankündigung: “Wir kämpfen nicht nur für das Wohl unserer Gewerkschaft oder für das Wohl unserer Mitglieder und unserer Familien. Wir kämpfen für das Wohl der gesamten Arbeiterklasse und der Armen”.

Während die Gewerkschaft die Verhandlungen fortsetzt, ruft die ISG die Arbeiter*innenbewegung auf, sich zu vereinen und eine aktive Solidarität mit der UAW in ihrem Kampf gegen einige der größten und mächtigsten Unternehmen der Welt zu organisieren. Die Gewerkschaften müssen Organisationsmaßnahmen wie Solidaritätsstreiks zur Unterstützung anderer Gewerkschaften wie der UAW wiederentdecken. Die UAW-Führung nennt ihre Taktik, den Streik auf nur drei Fabriken zu beschränken, einen “Stand Up Strike”. Der Streik muss nicht nur auf alle Betriebe des Unternehmens ausgeweitet werden, sondern die UAW und andere Gewerkschaften müssen den “Sitzstreik” wieder einführen – die Arbeitsplatzbesetzungen, durch die die UAW und andere Gewerkschaften während des größten Aufschwungs der US-Arbeiter*innenschaft von 1936 bis 1938 aufgebaut wurden. Durch Arbeitsplatzbesetzungen könnten Aussperrungen und Streikbrecher*innen gestoppt und ein Zermürbungskrieg seitens der Unternehmen verhindert werden.

Die UAW und andere Gewerkschaften sollten außerdem Solidaritätsausschüsse bilden, um nicht gewerkschaftlich organisierte Beschäftigte sowie streikfreundliche kommunale und politische Organisationen zur aktiven Unterstützung des Streiks zu gewinnen. Solidaritätsausschüsse könnten zusätzliche Unterstützer*innen für Massenstreikposten und Kundgebungen gewinnen, Geld für Streikende und ihre Familien sammeln und bei der Verteidigung von Arbeitsplatzbesetzungen helfen. Solidaritätsausschüsse könnten auch die Grundlage für die künftige gewerkschaftliche Organisierung in nicht gewerkschaftlich organisierten Betrieben bilden, auch in den großen Automobilwerken und in nicht gewerkschaftlich organisierten Unternehmen.

Die ISG ist solidarisch mit den UAW-Streikenden und ruft alle Lohnabhängigen dazu auf, den Streik zu unterstützen. Wenn die UAW-Beschäftigten ihre Forderungen durchsetzen, wird dies auf der wachsenden Popularität der Gewerkschaften aufbauen, der gewerkschaftlichen Organisierung mehr Energie verleihen und zur Verbesserung des Lebensstandards der Arbeiter*innenklasse beitragen.

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