Kampf für sozialistische Politik nötig
Eine sozialistische Arbeiter*innenpartei ist dringender nötig denn je angesichts der multiplen Dauerkrise des Kapitalismus. Diese Erkenntnis weist aber schon darauf hin, was eine sozialistische Partei ausmachen sollte: sie muss eine systemische Antwort auf die kapitalistische Krise geben. Das heißt: für ein anderes System kämpfen und nicht das bestehende System besser verwalten.
Von Sascha Staničić
Für eine anderes, sozialistisches, System zu kämpfen, bedeutet nicht nur bzw. nicht in erster Linie ein solches zu propagieren. Es bedeutet, im Hier und Jetzt konsequente Kämpfe für die Interessen der Lohnabhängigen und Entrechteten zu führen, dabei keine Rücksicht auf die Interessen des bestehenden kapitalistischen Systems zu nehmen und dadurch die Verbindung des Kampfes für unmittelbare Verbesserungen zum Kampf für eine grundlegende Veränderung der Macht- und Eigentumsverhältnisse zu ziehen.
Das Hauptproblem der LINKEN ist, dass keine ihrer Hauptbestandteile eine solche Politik betreibt. Weder das Lager um Sahra Wagenknecht noch der Block von Bewegungslinke mit Teilen der Parteirechten. Letztlich repräsentieren beide Blöcke zwei Spielarten sozialdemokratischer, das heißt systemimmanenter, Politik.
Wagenknecht
Sahra Wagenknecht vertritt wirtschaftspolitisch die Illusion, es gebe ein Zurück zur Zeit des Nachkriegskapitalismus mit Sozialpartnerschaft, einem ausgebauten öffentlichen Sektor und hohen Wachstumsraten. Als Mittel zur Durchsetzung einer solchen Wirtschaftspolitik sieht sie eine Stärkung des Nationalstaats, woraus sich wiederum eine, wie sie selbst es nennt, „linkskonservative“ Gesellschaftspolitik ableitet. Das kann in der heutigen krisenhafte Periode des Kapitalismus nicht funktionieren.
In vielen grundlegenden Fragen vertritt sie keine fundamental anderen Positionen als ihre innerparteiliche Gegner*innen, vor allem nicht in der Bereitschaft, den Kapitalismus in Koalitionen mit SPD und Grünen zu verwalten. Sie erscheint aber mehr als Anti-Establishment-Kraft, weil sie einen schärferen Ton gegen die Regierenden anschlägt und nicht zuletzt auch, weil sie in der LINKEN zur persona non grata geworden ist.
Vieles spricht dafür, dass eine Wagenknecht-Partei sich weiter in eine national-populistische Richtung entwickeln wird, nicht zuletzt, weil damit zu rechnen ist, dass sich ihr nicht vor allem Gewerkschafter*innen, Mietenaktivist*innen und fortschrittliche Arbeiter*innen anschließen werden, sondern so manche*r Querdenker*in und AfD-Sympathisant*in. Trotzdem könnte sie unter Teilen der Arbeiter*innenklasse Hoffnungen auf einen Politikwechsel wecken.
Rest-LINKE
Umfragen weisen darauf hin, dass eine Wagenknecht-Partei ein weitaus größeres Wähler*innenpotenzial hätte als DIE LINKE. Die Gründung einer solchen könnte DIE LINKE parlamentarisch auf Bundesebene und in Westdeutschland zerstören. Der Kampf ums Überleben wird dazu führen, dass die dominante Position der Parteirechten in Fraktionen von der kommunalen bis zur Bundesebene weiter gestärkt wird und viele (mitunter vermeintliche) Parteilinke noch mehr den inhaltlichen Konflikten aus dem Weg gehen werden.
Manche in der Partei hoffen, dass die Trennung von Wagenknecht zu einer Zuwendung von Aktiven aus den Bewegungen gegen Klimawandel, Rassismus und Sexismus führen wird. So wichtig der Schulterschluss zu sozialen Bewegungen ist, so sehr sollten doch in ihrer Bedeutung begrenzte, linke Initiativen, so unterstützenswert sie auch sein mögen, nicht mit wirklichen Bewegungen und der Arbeiter*innenklasse verwechselt werden. Die Partei sollte sich in der gegenwärtigen Situation nicht verstärkt an die linke Blase wenden, sondern an die Arbeiter*innenklasse in Betrieben, Gewerkschaften und Stadtteilen.
Für sozialistische Politik
Wenn sie dies konsequent umsetzen und mit einer konsequenten, sozialistischen Politik verbinden würde, wäre die Katastrophe möglicherweise noch zu vermeiden. Es gibt leider keine Anzeichen, dass dies geschieht. Deshalb gilt, was wir im Juni geschrieben haben: „Wahrscheinlich wird es größerer Bewegungen und Klassenkämpfe bedürfen, um die Grundlagen für einen neuen Anlauf zu einer sozialistischen Massenpartei von Arbeiter*innen und Jugendlichen zu legen. Bis dahin gilt es für Linke und Sozialist*innen, an unterschiedlichsten Stellen an der Entwicklung dieser Kämpfe zu wirken; in den Gewerkschaften am Aufbau einer klassenkämpferischen Vernetzung zu wirken; sozialistische Propaganda und Bildungsarbeit zu leisten, um sozialistisches Bewusstsein unter Aktivist*innen und in Teilen der Arbeiter*innenklasse wieder zu stärken; da, wo es erfolgversprechend ist, innerhalb der LINKEN um sozialistische Positionen ringen und exemplarische Arbeit leisten und in Diskussion bleiben, um Lehren aus der Entwicklung der Linkspartei zu ziehen und es beim nächsten Anlauf besser zu machen. Es sollte dabei auch diskutiert werden, ob ein Rahmen für solche Diskussionen – und möglicherweise auch gemeinsame Kampagnen- geschaffen werden kann, in dem Kräfte der Parteilinken, aber auch von Linken außerhalb der Partei zusammen kommen könnten. Gleichzeitig werden wir in der absehbaren Zeit unsere praktische Schwerpunktsetzung einerseits weiter auf Gewerkschafts- und Jugendarbeit verschieben, weil sich hier die wichtigsten Entwicklungen und besten Möglichkeiten für klassenkämpferische und sozialistische Politik entwickeln und andererseits alles daran setzen, unsere marxistische Organisation aufzubauen. Denn wir sind davon überzeugt, dass Erfolg und Misserfolg zukünftiger breiter linker Parteiprojekte und Anläufe für eine Arbeiter*innenpartei nicht zuletzt davon abhängen werden, wie stark marxistische Kräfte diese beeinflussen können.“