Neues Ausbildungsjahr, alte Probleme

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Die Lage vieler Azubis bleibt prekär. Zeit, sich zu wehren!

In den vergangenen Wochen haben viele junge Menschen eine neue Ausbildung begonnen. Jedoch bleiben in Betrieben deutschlandweit weiterhin über 280.000 Ausbildungsstellen offen, das sind mehr als die Hälfte aller Ausbildungsstellen (Stand Juli 2023). Das ist nicht verwunderlich, wenn man aktuell auf das Bildungssystem und die Ausbildungsbedingungen schaut. Viele Ausbildungsbetriebe bieten ihren Azubis wenig außer unbezahlte Überstunden und ausbildungsfremde Tätigkeiten.

Dominik Tristan Kandale, Lemgo 

In einer jährlichen Studie untersucht die DGB Jugend die Ausbildungsbedingungen junger Menschen und stellt ihre Ergebnisse in einem Ausbildungsreport zusammen. So müssen knapp ein Drittel aller Azubis regelmäßig Überstunden leisten, davon jeder Zehnte unbezahlt und ohne Freizeitausgleich. Außerdem wird angegeben, dass viele Aufgaben erledigen müssen, die nichts mit den Ausbildungszielen zu tun haben. 

Besonders bei der Begleitung und Anleitung durch Praxisanleiter im Betrieb berichten viele Auszubildende von Mängeln. Oft werden Inhalte in der Praxis unstrukturiert und unvollständig vermittelt, weil es keine ausreichende Kommunikation zwischen Berufsschule und Ausbildungsbetrieb gibt, zudem fehlen in vielen Betrieben die entsprechenden Ausbildungspläne. Dazu geben knapp elf Prozent der Auszubildenden an, dass ihre Anleiter nur selten oder sogar nie vor Ort wären. 

Ein weiteres Defizit ist der teils katastrophale Zustand vieler Berufsschulen. Nur knapp die Hälfte aller Azubis gab an, dass die Qualität ihres Berufsschulunterrichts “gut”  bzw. “sehr gut” ist. Dazu kommt, dass sowohl in der Berufsschule als auch im Ausbildungsbetrieb die Vermittlung des Umgangs mit digitalen Medien nur ungenügend stattfindet und auch die Ausstattung dafür oft fehlt.

Trotz Ausbildung keine Zukunft? 

Wer seine Ausbildung trotz alledem erfolgreich abschließt, steht oft vor einer ungewissen Zukunft. Fast die Hälfte der Auszubildenden weiß im letzten Ausbildungsjahr nicht, ob sie von ihrem Ausbildungsbetrieb übernommen werden. Davon erhält dann ein Drittel nur eine befristete Stelle, meist nur auf ein Jahr.

Sich abfinden mit dem Elend?

Der  DGB warnt, dass die im Koalitionsvertrag der Ampelkoalition angekündigten Pläne zur Förderung beruflicher Bildung nicht der Sparpolitik zum Opfer fallen dürfen. Stattdessen fordern sie massive Investitionen in Ausbildungskonzepte, Gebäude, digitale wie technische Ausstattung und Lehrkräfte. Die Forderungen nach Verbesserung der Ausbildungsqualität sind richtig. Jedoch braucht es auch konkrete Maßnahmen, um die Situation von Auszubildenden nachhaltig zu verbessern Die Sol kämpft deswegen für einen erheblichen Anstieg der Ausbildungsvergütung mindestens auf Mindestlohnniveau, eine garantierte Übernahme nach Abschluss der Ausbildung, und das in Vollzeit und unbefristet, sowie einen garantierten Ausbildungsplatz im gewünschten Beruf und eine Abgabe für alle Unternehmen, die keine Ausbildungsplätze anbieten. Um all dies zu erreichen, müssen wir uns aber organisieren. Nur durch einen kollektiven Kampf durch die Gewerkschaften können wir unsere Lage verbessern.

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