Postnovelle verhindern 

Post reverstaatlichen unter demokratischer Kontrolle und Verwaltung!

In diesem Monat möchte das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), wie im Koalitionsvertrag vereinbart, das Postgesetz novellieren. Das BMWK strebt nach eigenen Angaben „Nachhaltigkeit, Digitalisierung, fairen Wettbewerb und gute Arbeitsbedingungen“ an. In Wirklichkeit geht es um die Möglichkeit, Profite mit dem Postgeschäft einzutreiben. Daraus resultieren Konkurrenzkampf und Sparzwang, die auf Kosten von Kund*innen und Beschäftigten gehen.


Von Mario Hütte, Herford

Der so genannte Universaldienst verpflichtet aktuell die Deutsche Post AG, allen Bürgerinnen und Bürgern die Grundversorgung innerhalb eines bestimmten Radius zu ermöglichen. Die Qualitätsvorgaben sollen nun aufgeweicht und der Service weiter digitalisiert werden.
Aktuell müssen 80 Prozent der aufgegeben Briefsendungen am nächsten Werktag zugestellt werden. Die Statistik der Bundesnetzagentur zeigt einen sukzessiven Qualitätsrückgang in den letzten zehn Jahren von 92,3 Prozent (2012) auf 80,4 Prozent (2022). Durchschnittlich wird die Pflichtquote also noch eingehalten, aber in einzelnen Zustellstützpunkten ist das durch den Personalmangel und die immer größer werdenden Bezirke nicht mehr möglich. Die Verbundausweitung (Zusammenlegung der Post- und Paketzustellung) bedeutet eine massive Zunahme vom Arbeitsdruck, Zustellabbrüchen, einen hohen Krankenstand, Unfällen und Kündigungen. Der Stress ist immens hoch. Anstatt, dass die Post den selbstgemachten Personalmangel behebt, reagiert die Bundesregierung nun mit dem Vorhaben, die Laufzeit von Briefen auf zwei oder drei Tage zu erhöhen. Das würde den Service verschlechtern, die prekären Arbeitsbedingungen nicht verbessern, aber dafür sorgen, dass der Konzern noch Profit daraus ziehen kann. Eine weitere Überlegung ist, die Samstags- oder Montagszustellung zu streichen, wodurch tausende Arbeitsplätze in Gefahr sind. Zudem soll der Marktzugang für Wettbewerber erleichtert werden. In der Realität wird das vermutlich bedeuten, dass es mehr  Subunternehmen mit mangelhaften Sozial- und Arbeitsstandards geben wird. 


Nein zur Profitlogik 

Seit der Privatisierung der Post gibt es weniger Filialen, Briefkästen, Service und eine deutliche Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und Vergütung. Dafür ist die Deutsche Post AG ein globaler Konzern mit gutem Auslandsgeschäft, Millionengehältern für Vorstände und Renditen für Aktionär*innen. Die Deutsche Post AG hat schon öfter angedroht, das Briefgeschäft auszulagern. Subunternehmen mit schlechterer Infrastruktur oder auch weitere private Konkurrenzunternehmen werden die Probleme aber nur verschärfen. Nötig wäre stattdessen die Rückverstaatlichung der Post unter demokratischer Kontrolle und Verwaltung der arbeitenden Bevölkerung. So könnte ein flächendeckender und qualitativ guter Universaldienst für Post und Pakete gewährleistet werden, bei dem Service und gute Arbeitsbedingungen im Vordergrund stehen.


Mobilisieren und Organisieren



Am 09.10.2023 plant ver.di eine große Kundgebung am Brandenburger Tor in Berlin,  zu der bundesweit aufgerufen wird. Da zeitnah der Referentenentwurf zum neuen Postgesetz erwartet wird, soll so Öffentlichkeit hergestellt und Druck auf die Politik ausgeübt werden. Das ist ein wichtiger erster Schritt, allerdings sollte gleichzeitig eine weitergehende Mobilisierung der Beschäftigten sowie der Kundschaft in Angriff genommen werden. ver.di sollte Versammlungen in den Niederlassungen oder Zustellstützpunkten organisieren, um mit der Belegschaft gemeinsam über die Zukunft der Post zu diskutieren und demokratisch weitere mögliche Maßnahmen zu erarbeiten. Leider hat die ver.di-Führung bei der Tarifauseinandersetzung Anfang des Jahres eine Chance verpasst, die Kampfkraft zu nutzen, um die Forderugen durch Streik durchzusetzen. Das hätte die Position der Gewerkschaft verbessert.

Bis Ende des Jahres läuft nun der Tarifvertrag zur Arbeitszeit aus. Aktuell wird darüber bereits verhandelt. Dabei wurden bisher nicht mal Forderungen diskutiert. Das muss sofort angegangen werden. Überall sollten Mitgliederversammlungen laufen, um Forderungen nach deutlicher Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn und Personalausgleich zu diskutieren. Ende des Jahres käme ver.di aus der Friedenspflicht. Ein Tarifkampf für diese Ziele wäre ein guter 

Ausgangspunkt, um davon ausgehend auch eine breitere gesellschaftspolitische solidarische Bewegung für eine Post in öffentlicher Hand unter demokratischer Kontrolle und Verwaltung zu führen.