Über den Aufstieg von AfD, FPÖ und Co. und mögliche Gegenstrategien
Am 16. September erschien im britischen Magazin „The Economist“ ein Artikel mit dem Titel „Die harte Rechte kommt in ganz Europa der Macht näher“. Und tatsächlich scheinen rechtspopulistische und rechtsextreme Parteien die Hauptgewinnerinnen aus der aktuellen multiplen Krise des Kapitalismus zu sein. Das Phänomen ist in den meisten Ländern nicht neu, aber viel spricht dafür, dass es eine neue Qualität erreicht hat. Nicht nur, weil in Meinungsumfragen und bei Wahlen der Stimmenanteil dieser Parteien deutlich gewachsen ist, sondern auch weil sie in immer mehr Ländern auf regionaler oder auch nationaler Ebene in der einen oder anderen Form an den Schalthebeln der Macht angekommen sind.
Von Sascha Staničić
Das gilt für Polen, Ungarn und Italien, wo rechtspopulistische Parteien die Regierungen stellen. In anderen Ländern, sind sie an Regierungen direkt oder indirekt beteiligt: in Schweden, der Schweiz und Finnland auf nationaler Ebene, in Österreich und Spanien auf regionaler Ebene. In Frankreich droht bei den nächsten Präsidentschaftswahlen ein Sieg Marine Le Pens, in Österreich ist die FPÖ mit Abstand stärkste Kraft in Meinungsumfragen und es droht erstmals eine FPÖ-ÖVP-Koalition mit „freiheitlicher“ Kanzler*innenschaft, in Ostdeutschland ist die AfD stärkste Kraft und es ist nicht ausgeschlossen, dass sie in einigen Bundesländern nur durch (Fast-)Allparteienkoalitionen von den Regierungsbänken fern gehalten werden kann. Ähnliches gilt für Belgien, wo der Vlaams Belang, der ja nur den flämischen Teil der Bevölkerung zu vertreten vorgibt, auf landesweiter Ebene mit 22 Prozent stärkte Kraft in Umfragen ist. Zum Teil existieren diese Parteien schon sehr lange, auch mit parlamentarischer Vertretung, sind aber in den letzten Jahren deutlich gestärkt worden. In anderen Ländern sind sie relativ neue Phänomene. Das gilt letztlich auch für die Bundesrepublik, wo sich die AfD erst 2013 gegründet hat und zuvor keiner der vielen rechtsextremen, neofaschistischen oder auch rechtspopulistischen Parteien(versuche) von NPD über Schill-Partei bis zu Pro-Deutschland der bundesweite Durchbruch gelungen war. Ebenso ist die Vox-Partei in Spanien ein neues Phänomen und selbst in Südirland erhoben rechtsextreme und rassistische Kräfte im letzten Jahr offen ihr Haupt. Bei den Europawahlen 2024 droht ein Triumph der Rassisten, Nationalisten und Rechtspopulisten.
Polarisierung
Es wäre jedoch falsch, daraus einen allgemeinen Rechtstrend in der Gesellschaft oder gar der Arbeiter*innenklasse abzuleiten, obwohl die rechtspopulistischen Parteien auch innerhalb der Arbeiter*innenklasse eine Wähler*innenbasis haben. Das Jahr 2023 war und ist gleichzeitig ein Jahr des Aufschwungs von Streiks und Arbeiter*innenkämpfen. Große Streikwellen gab esin Großbritannien, Frankreich, Deutschland, aber auch wichtige Streiks und Arbeiter*innenproteste in anderen Ländern, wie Österreich, Norwegen, Belgien, Kroatien. Es ist auch keine zwei Jahre, dass in Berlin eine Mehrheit in einer Volksabstimmung für die Enteignung der Immobilienkonzerne gestimmt hat, in Spanien gab es Massenproteste für ein besseres Gesundheitswesen, Griechenland erlebte den größten Generalstreik seit der Euro-Krise vor zehn Jahren. Doch diese Kämpfe finden auf der politischen Ebene zur Zeit kaum einen Ausdruck. Trotzdem zeugen sie davon, dass wir es mit einer gesellschaftlichen Polarisierung statt eines Rechtsrucks zu tun haben – eine Polarisierung, die jedoch in den meisten europäischen Ländern von der politischen Linken nicht aufgegriffen und zur Stärkung der eigenen Position genutzt wird. Diese Unfähigkeit und Krise der Linken ist ein wesentlicher Grund für das Erstarken rechtspopulistischer Kräfte, aber sie ist weder alleiniger Grund noch tiefer liegende Ursache. Sehr wohl aberist sieder entscheidende Grund, dass der Aufstieg der Rechten bisher nicht gestoppt wurde.
Gründe für das Erstarken
Der historische Wendepunkt, den der Zusammenbruch des Stalinismus (also der bürokratisch organisierten nicht-kapitalistischen Planwirtschaften in der Sowjetunion, DDR und anderen Staaten) in den Jahren 1989 bis 1991 und die Restauration kapitalistischer Verhältnisse in diesen Staaten markierte, leitete auch eine Umwälzung politischer Verhältnisse ein bzw. beschleunigte diese. Die Sozialdemokratie wurde von einer bürgerlichen Arbeiter*innenpartei zu einer durch und durch prokapitalistischen Partei und Vorreiterin neoliberaler Angriffe auf die Arbeiter*innenklasse. Die Arbeiter*innenklasse war dementsprechend politisch entwaffnet angesichts der scharfen Offensive des Bürgertums gegen ihre Errungenschaften und verfügte nicht einmal mehr über eine reformistische Vertretung. Diese Offensive, einhergehend mit der Fortsetzung von wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Krisen, untergrub aber gleichzeitig die gesellschaftliche Stabilität und die Bindung von weiten Teilen der Bevölkerung an die traditionellen politischen Kräfte. Es entstand ein politischer Raum, den rechtsextreme und rechtspopulistische Parteien teilweise füllen konnten, während gleichzeitig ein immer größer werdender Teil vor allem der untersten Schichten der Arbeiter*innenklasse dem politischen System gänzlich den Rücken kehrte und die Nichtwähler*innenquote von Wahl zu Wahl anstieg. Diese Nichtwähler*innen sahen und sehen offenbar weder in den so genannten etablierten bürgerlichen Parteien noch in den linken Parteien eine Vertretung ihrer Interessen – nehmen aber auch das Angebot von ganz Rechts nicht wahr. Studien haben in der Vergangenheit gezeigt, dass sich unter Nichtwähler*innen überproportional viele Menschen als links verstehen. Diese zu erreichen, müsste eine vordergründige Aufgabe für eine linke Partei sein.
Der Aufstieg rechtsextremer und rechtspopulistischer Parteien hatte aus meiner Sicht nach 1989-91 drei wesentliche Grundlagen: die wirtschaftlichen und sozialen Krisen (also die Nichteinhaltung der kapitalistischen Versprechen von „blühenden Landschaften“ und dem „Ende der Geschichte“) und die damit einhergehende wachsende Unzufriedenheit in der Bevölkerung, den staatlichen Rassismus und den Rechtsruck bzw. die Untätigkeit in der Führung der organisierten Arbeiter*innenbewegung und Linken.Der staatliche Rassismus (und Nationalismus) darf hierbei nicht unterschätzt werden, denn dieser hat über Jahre dazu geführt, dass sich migrationsfeindliche bzw. -skeptische Haltungen in einem Teil der Bevölkerung festgesetzt haben. Die Rechtsextremen und Rechtspopulisten können darauf aufbauen und sich als diejenige Kraft präsentieren, die die Logik der etablierten Parteien konsequent zu Ende denkt – und auch handeln will.
Neuere Entwicklungen
In den letzten Jahren konnten die Rechtsparteien jedoch auch weitere politische Faktoren und Themen ausnutzen. Entscheidend bleibt die Enttäuschung und Verbitterung mit den etablierten Parteien. Oftmals ist die wesentliche Motivation für eine Stimmabgabe an Rechtspopulisten, den Etablierten eins auszuwischen. Tom Hoffmann schreibt dazu auf solidaritaet.info: „Nur 20 Prozent der AfD-Wähler*innen geben an der Partei und ihren politischen Grundvorstellungen sehr nahe zu stehen, jeder*jedem Fünfte*n steht sie weniger, vier Prozent gar nicht nahe. Das heißt nicht, dass diese Wähler*innen frei von Rassismus und Vorurteilen sind, aber es zeigt dass sie sich nicht fest an die AfD gebunden fühlen.“
Auch die Frage der Migration hat in den letzten Monaten wieder eine größere Bedeutung erlangt. Vor allem angesichts der katastrophalen infrastrukturellen Lage löst ein Anstieg der Einwanderungszahlen bei vielen soziale Ängste aus in Bezug auf die Versorgung mit Wohnraum, der Situation im Bildungs- und Gesundheitswesen, Kinderbetreuung etc.
Ein neuer Faktor ist die Auseinandersetzung um Klimaschutzmaßnahmen. Der Übergang zu einem „grünen Kapitalismus“ soll, geht es nach den Regierenden, von der Masse der abhängig Beschäftigten bezahlt werden. Debatten, wie die um das so genannte Heizungsgesetz in Deutschland haben in großen Teilen der Arbeiter*innenklasse und der Mittelschichten eine tiefe Verunsicherung ausgelöst. Bei einem Teil von diesen können Rechtspopulist*innen mit ihrer Leugnung bzw. dem Herunterspielen der Gefahren des Klimawandels deshalb ein offenes Ohr finden. In den Niederlanden hat die BBB (Bauern-Bürger-Bewegung) einen rasanten Aufstieg hinlegen können und erreicht zur Zeit bis zu 18 Prozent in Meinungsumfragen, weil Klimaschutzmaßnahmen der Regierung auf Kosten der Landwirte gingen. Auch der Ukraine-Krieg ist in manchen Ländern ein Faktor mit dem die Rechtspopulisten punkten können. Das wachsende Unbehagen mit der endlosen militärischen Unterstützung für die Selenskyj-Regierung bietet den Rechtspopulisten in manchen Ländern die Chance, sich als Antikriegskraft zu präsentieren und dem Slogan „Das ist nicht unser Krieg“ einen nationalistischen Inhalt zu geben. Außerdem setzten rechtspopulistische Kräfte verstärkt auf antifeministische und Anti-LGBTQ+-Propaganda und befeuern einen Kulturkrieg und können dabei ein Gefühl in Teilen auch der ärmsten Schichten der Arbeiter*innenklasse ausnutzen, dass liberale und linksliberale Kräfte sich mehr um politisch korrekte Sprache kümmern als um ihre drängenden Nöte.
All diese Themen können von den Rechten genutzt werden, weil die Linke und die Arbeiter*innenbewegung keine starke, überzeugende und einheitliche Klassenposition zu diesen Fragen formuliert und es nicht gelingt, die gemeinsamen Interessen von Lohnabhängigen unabhängig von Nationalität, religiöser Zugehörigkeit, Geschlecht, sexueller Orientierung etc. zu formulieren und dafür zu mobilisieren. Identitätspolitische Positionen in Teilen der Linken verstärken dabei die Wahrnehmung, dass das Trennende und nicht das Gemeinsame in den Mittelpunkt gerückt wird. Gemeinsame Kämpfe finden trotzdem statt – in den gewerkschaftlichen Tarifrunden, in Mieter*innenkämpfen etc. – aber sie finden keine politische Verallgemeinerung durch eine linke Partei, die daraus die gemeinsamen politischen Klasseninteressen zur Geltung bringen könnte. Das gilt in unterschiedlicher Ausprägung zur Zeit in den meisten europäischen Ländern.
Regierungsbeteiligungen
Es gibt eine eindeutige Tendenz, dass rechtspopulistische Parteien Teil prokapitalistischer Regierungen werden. Die so genannte „Brandmauer“ der traditionellen bürgerlichen (konservativen oder liberalen) Parteien gegen eine Zusammenarbeit mit Rechtspopulisten bröckelt in einem Land nach dem anderen. Das ist Ausdruck der Instabilität und des Verlustes der eigenen Basis. Gleichzeitig versuchen bürgerliche Parteien selbst mit rechtspopulistischen Inhalten und Rhetorik den Verlust von Wähler*innen nach rechts zu verhindern. Am weitesten fortgeschritten ist dieser Prozess bei den Republikanern in den USA, die mit dem Flügel um Donald Trump selbst die rechtspopulistische Kraft im Land darstellen und auch bei den britischen Tories, die sich mehr und mehr in eine rechtspopulistische Partei verwandeln und mit aggressivem Nationalismus und Rassismus agieren, wie zum Beispiel ihre „Keine Boote mehr“-Kampagne gegen Geflüchtete zeigt.
Teile des Bürgertums sehen keine Alternative dazu, rechtspopulistische Parteien in Regierungskoalitionen aufzunehmen und hoffen auch, diese dadurch zu bändigen. Es ist richtig, dass diese Parteien an der Regierung nicht einfach ihre Programmatik umsetzen können. Gleichzeitig verwandelt eine Regierungsbeteiligung sie aber nicht in „normale“ bürgerliche Parteien, sondern sie bleiben auch aus Sicht der Kapitalist*innen eine Quelle der Instabilität und Unberechenbarkeit. Die österreichische FPÖ ist dafür das beste Beispiel. Aber trotzdem zeigt sich auch bei rechtspopulistischen Regierungsbeteiligungen, dass an der Regierung zu sein nicht bedeutet auch an der Macht zu sein. Die italienische Regierungschefin und Post-Faschistin Meloni musste kürzlich nicht nur höhere Einwanderungszahlen akzeptieren, weil dies aus Sicht der italienischen Kapitalist*innen für den Arbeitsmarkt notwendig war, sondern sie musste auch ihre Haltung zur EU an die Haltung der dominierenden Teile des italienischen Bürgertums anpassen und ihre traditionell pro-russischen Koalitionspartner konnten eine Fortsetzung der Unterstützung der Ukraine durch Italien nicht verhindern. Gleichzeitig hat die Meloni-Regierung aber massive Angriffe gegen Geflüchtete und LGBTQ+Rechte zu verantworten.
Versagen der Linken
Offenbar hat die vertiefte gesellschaftliche Krise seit Beginn der Pandemie bisher in den meisten Ländern zu einer Stärkung rechtspopulistischer Kräfte geführt, während – mit wenigen Ausnahmen – die Linke schwächelt. Warum ist das so? Nach der so genannten Großen Rezession 2007-09 war es anders. Damals erstarkten in vielen Ländern alte oder auch neue linke Parteien und Strömungen – Syriza, Podemos, die Partei der Arbeit in Belgien, Mélenchons Projekte in Frankreich, der Corbyn-Flügel in der Labour Party, Bernie Sanders in den USA, auch DIE LINKE hatte in dem Zeitraum ihre besten Ergebnisse. Gerade Corbyn und Sanders zeigten auch, dass glaubwürdige linke Alternativen die Rechten schwächen können. Es gab mehrere Studien, die darauf hinwiesen, dass Bernie Sanders eine Präsidentschaftswahl gegen Tump 2016 gewonnen hätte. Die Labour Party unter Jeremy Corbyn und mit einem linksreformistischen Programm gewann bei den Parlamentswahlen 2016 1,5 Millionen Stimmen von ehemaligen Wähler*innen der rechtspopulistische UKIP (UK Independence Party) und erzielte die meisten Stimmen seit Jahrzehnten. Aber in der einen oder anderen Art und Weise haben die linken Parteien und Führungsfiguren in den letzten Jahren versagt, den Ansprüchen der Zeit gerecht zu werden. Am offensichtlichsten ist dies bei Syriza und Podemos der Fall, die durch ihre Regierungspolitik alle in sie gesetzten Hoffnungen enttäuscht haben und einen großen Teil ihrer Wähler*innen, vor allem aber der aktiven Unterstützung verloren haben. Im Fall des spanischen Staates hat dies auch den Weg für den Aufstieg der rechtspopulistischen Vox-Partei eröffnet.
Das gilt auch für DIE LINKE, die nicht zuletzt aufgrund der Regierungsbeteiligungen in verschiedenen Bundesländern und Kommunen und aufgrund ihrer braven Parlamentstätigkeit immer mehr als linker Teil des Establishments aber nicht als Anti-Establishment-Opposition gesehen wird. Ihr Versagen, sich sowohl in der Corona-Pandemie als auch der Kriegsfrage für alle sichtbar und verständlich von den herrschenden prokapitalistischen Parteien abzusetzen, hat diese Wahrnehmung noch verstärkt. Was nützen Parteivorstandsbeschlüsse gegen Waffenlieferungen, wenn prominente Abgeordnete, Regierungsmitglieder und wie im Fall von Carola Rackete Kandidat*innen öffentlich verkünden, dass sie diese außenpolitische Positionierung eh falsch finden und die Frage im Raum steht, ob sie für Waffenlieferungen eintreten? Die sich nun über Jahre entwickelnde und wahrscheinlich bald zum Abschluss kommende Spaltung von Sahra Wagenknecht und ihren Unterstützer*innen ist hier weniger Ursache als Ausdruck der Fehler der Parteiführung. Eine mögliche Wagenknecht-Partei mag kurzfristig zu einer parlamentarischen Schwächung der AfD führen können, wie einige Meinungsumfragen vermuten lassen. Das würde beweisen, dass die Wähler*innenbasis der AfD fragil ist. Sahra Wagenknecht nimmt aber Anleihen bei der Rhetorik der AfD, um dies zu erreichen und das wird leider dazu führen, dass der Rechtspopulismus gesellschaftlich nicht zurück gedrängt werden wird. Dazu bedarf es einer starken wirklich linken und sozialistischen Alternative.
Was tun?
Die auf der Linken und in der LINKEN dominierende Gegenstrategie gegen die AfD wird letztlich nur zu einer weiteren Stärkung der Rechtspopulisten führen. Wenn immer wieder „breite Bündnisse“ zusammen mit prokapitalistischen Parteien gebildet werden, deren einziger Konsens eine moralische Ablehnung der AfD ist, bedient man damit nur diejenigen, die ohnehin schon moralisch empört sind. Diejenigen, die die AfD aber aus berechtigter Wut und Enttäuschung über die herrschende Politik wählen oder dies in Erwägung ziehen, werden sich eher darin bestätigt fühlen, dass es auf deinen einen Seite des politischen Spektrums die Parteien von CDU/CSU über SPD bis zur LINKEN und als einzige Opposition dagegen eben nur die AfD gibt. „Erst kommt das Fressen, dann die Moral“, wusste schon Bertolt Brecht. Ob es einem gefällt oder nicht, gilt das auch heute in Bezug auf Rechtspopulismus und Rassismus. Eine effektive Gegenstrategie gegen Rechts muss eine Pro-Strategie für eine wirkliche Alternative im Interesse der Arbeiter*innenklasse und sozial Benachteiligten sein. Eine solche aufzubauen, hat zur Voraussetzung eine völlige politische Unabhängigkeit von prokapitalistischen Parteien zu bewahren und diese nicht als Bündnispartner, sondern als Gegner zu betrachten. Sie hat zur Voraussetzung die Rechtspopulisten nicht nur als Rassisten und Nationalisten anzugreifen, sondern ihre arbeiter*innenfeindliche Politik zu entlarven und deutlich zu machen, dass sie keinen Deut besser sind als die etablierten bürgerlichen Parteien. Vor allem aber wird der Aufbau einer solchen Alternative zur Voraussetzung haben, dass diejenigen linken Kräfte, die sie schaffen wollen, in den Gewerkschaften und Arbeitskämpfen, Mieter*innenbewegungen, Nachbarschaften und sozialen Bewegungen tätig sind, um diese sowohl zu stärken, aber auch die Idee einer sozialistischen Alternative in sie hineinzutragen.
DIE LINKE ist in einer Krise, die nur durch einen radikalen Bruch mit der Politik der Vergangenheit (und zwar der Politik sowohl der Regierungssozialist*innen, Wagenknecht-Anhänger*innen und Bewegungslinken) und einem sozialistischen Kurswechsel gelöst werden könnte. Leider deutet nichts darauf hin, dass das gelingen wird. Eine Abspaltung des Wagenknecht-Lagers wird nicht die Parteilinke stärken und eine „Wagenknecht-Partei“ wird keine sozialistische und klassenpolitische Alternative zur LINKEN darstellen. Die Notwendigkeit einer sozialistischen Arbeiter*innenpartei wird dadurch nicht geringer und ohne eine solche werden AfD in Deutschland und andere Rechtspopulisten international nicht zurück gedrängt werden können. Sie aufzubauen bleibt unsere Aufgabe. Neue Chancen dafür werden sich aus den Kämpfen und Bewegungen, aus gewerkschaftlicher und anderer Selbstorganisation ergeben. Je stärker sozialistische Kräfte sich bis dahin organisieren, desto besser werden neue Anläufe gelingen, in denen natürlich auch Teile der Linkspartei eine wichtige Rolle zu spielen haben.
Sascha Staničić ist Bundessprecher der Sozialistischen Organisation Solidarität (Sol) und Mitglied der Antikapitalistischen Linken (AKL). Er ist (Co-)Autor der das Thema Rechtspopulismus behandelnden Bücher „Anti-Sarrazin“ und „Brandstifter – AfD. Pegida. Islamhass.“, die unter www.manifest-buecher.de bestellt werden können.Dieser Artikel wurde für die Zeitschrift „aufmüpfig“ verfasst, die von der AKL herausgegeben wird.