Gewerkschaftstag der IG Metall: Kein Durchmarsch für die Führung

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Delegierte machen Aktienrente und unkritische Haltung zu Waffenexporten nicht mit

Die Metallerinnen und Metaller kamen zusammen um eine neue Führungsspitze zu wählen und die Schwerpunkte ihrer Arbeit für die nächsten Jahre zu bestimmen.

Von Torsten Sting, Rostock

Die IG Metall ist mit 2,2 Millionen Mitgliedern die größte Einzelgewerkschaft der Welt. Insofern sind die politischen Weichenstellungen die hier getroffen werden, von großer Bedeutung für die Arbeiter*innenbewegung und Linke.

Neue Vorsitzende

Zum ersten Mal in ihrer Geschichte hat die Metallgewerkschaft mit Christiane Benner eine Frau an ihrer Spitze. In ihrer Grundsatzrede hob sie die Bedeutung der Frauen für die Gewerkschaftsarbeit und den Einsatz für deren Rechte hervor. Dem ist natürlich zuzustimmen. Ebenso richtig war ihre Kampfansage in Richtung der AfD.

Dennoch handelt es sich um keine gewagte Prognose, dass sie sich kaum von ihrem Vorgänger Jörg Hoffmann unterscheiden wird. Das SPD-Mitglied Benner begrüßte freundlich ihren „Genossen“ Bundeskanzler Scholz.

Die IG Metall-Jugend machte es richtig und präsentierte während dessen Rede ein Transparent mit der Forderung nach staatlichen Ausgaben in Höhe von 100 Milliarden Euro für die Belange von jungen Menschen. Zudem wurde die Regierung bei der Aktion aufgrund ihrer Migrationspolitik kritisiert und das Asylrecht verteidigt.

Entwicklung der Industrie

Vor dem Hintergrund der hohen Energiepreise forderte die IGM-Spitze die Einführung eines „Industriestrompreises“. Dieser soll Betriebe mit hohem Energieverbrauch und damit verbundenen hohen Kosten subventionieren – mit den Steuergeldern der abhängig Beschäftigten. Dieselbe Forderung erheben auch die Konzernbosse. Es soll zu dem Thema sogar einen Aktionstag der Gewerkschaft geben. Damit macht sich die IG Metall-Führung zum Cheerleader der Kapitalist*innen.

Transformation

Seit etlichen Jahren läuft in der IGM die Debatte um die „sozial-ökologische Transformation“ der Industrie. Vor dem Hintergrund des Trends Richtung Umstellung auf Elektromobilität treibt die Kolleg*innen zurecht die Angst vor Arbeitsplatzverlusten und Standortschließungen um. Die Antworten der IGM-Führung sind jedoch vollkommen unzureichend. Es wird dem E-Auto das Wort geredet, dass angeblich einen wichtigen Beitrag zur deutlichen Reduzierung der C02 Emmissionen leisten soll. Dabei zeigen Studien, dass dem nicht so ist. Im Gegenteil werden viele neue ökologische Probleme deutlich verschärft.

Gerade die Verkehrsfrage macht deutlich, dass ein Verharren in der kapitalistischen Logik in die Sackgasse führt. Mit den auf Profit getrimmten Konzernen ist eine ökologische Transformation nicht zu machen. Sie haben keinerlei Interesse daran, die Bedeutung des Autos deutlich zurück zuschrauben. Das ist aber nötiger denn je. Der massive Ausbau des öffentlichen Nah-und Fernverkehrs ist das Gebot der Stunde. Zudem ist sicherzustellen, dass die Beschäftigten in der Autoindustrie keine Einkommensverluste haben und Arbeitsplatzgarantieren erhalten. Das kann nur funktionieren, wenn die Autokonzerne in gesellschaftliches Eigentum überführt und der Umbau demokratisch durch die Beschäftigten, Vertreter*innen der IGM und des Bunds vollzogen wird. Die neue IGM-Führung ist wie die alte tief verankert im kapitalistischen Establishment. Die Politik der Sozialpartnerschaft wird auch durch sie weitergeführt werden. Die Gewerkschaftsbürokratie verfügt über eine Vielzahl von Privilegien. Sie wird nicht freiwillig der „hohen“ Politik und den Bossen auf die Füße treten. Dafür braucht es großen Druck von unten.

Dämpfer für die Führung

Bei einigen wichtigen Fragen wurde die neue Führung von den Delegierten zurück gepfiffen. Ein Änderungsantrag der sich gegen „die Einführung einer Aktienrente in der gesetzlichen Rentenversicherung und der Verwendung von Rentenversicherungsbeiträgen für kapitalgedeckte Finanzierungswege“ einsetzte, bekam eine deutliche Mehrheit. Das bedeutete auch das Aus für das Vorhaben des „Sozialpartnermodells“. Dieses hätte eine Art betriebliche Aktienrente vorgesehen. Gerade der Bezirksleiter von Baden-Württemberg, Roman Zitzelsberger, hatte sich hierfür stark gemacht. Dass sich führende Köpfe der Gewerkschaften für eine Regelung aussprechen, die auf Börsenspekulation basiert, zeigt, wie in diesen Kreisen, allen Sonntagsreden zum trotz, neoliberales Gedankengut Einzug gehalten hat.

Im Leitantrag der IGM-Spitze sollte die bisherige Position revidiert werden, dass die Gewerkschaft Waffenlieferungen in Kriegsgebiete ablehnt. Dies wurde mit dem Ukraine-Krieg begründet und faktisch ein Platz an der Seite der Bundesregierung eingenommen. Folgende Formulierung wurde nun ergänzt. „Waffenexporte sind restriktiv und transparent zu handhaben. Eine Fixierung auf Waffenlieferungen verlängert diesen Krieg und führt auf beiden Seiten zu tausenden Toten und Verletzten. Daher ist der Schwerpunkt auf diplomatische Lösungen zu legen, um zunächst einen schnellen Waffenstillstand zu vereinbaren. Eine einseitige Fixierung der Debatte auf Waffenlieferungen und ein Denken in den Kategorien ‘Sieg’ oder ‘Niederlage’ ist der falsche Weg…Außerdem setzen wir uns gemeinsam für Rüstungskonversion ein.“

Fazit

Letztere Beispiele zeigen auf, dass die IGM-Führung nicht schalten und walten kann, wie sie will. Es gibt ein Potential für eine Opposition, die sich dem sozialpartnerschaftlichen Agieren der Gewerkschaftsbürokratie entgegenstellt. Es gilt diese Kolleginnen und Kollegen zusammenzubringen. Ein klassenkämpferisches und antikapitalistisches Programms muss mit personellen Alternativen verbunden werden. Mit der Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften (VKG) gibt es dafür einen guten Ansatz.

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