TV-L 2023: Volle Durchsetzung der Forderungen ist das Mindeste!

Dokumentiert: Flugblatt des Netzwerks für eine kämpferische und demokratische ver.di

Auch in der zweiten Verhandlungsrunde haben die Vertreter*innen der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) deutlich gemacht, dass sie von uns Kolleginnen und Kollegen die Annahme eines Reallohnverlustes erwarten. Sie haben auch deutlich gemacht, dass sie die zunehmende Personalnot und die steigende Arbeitsbelastung nicht im geringsten interessiert. Bei den studentischen Beschäftigten verweigern sie sich komplett der Forderung nach Tarifbindung. Sie sagen, die Forderungen sind zu hoch. Wir sagen: sie sind noch viel zu bescheiden!

Schon die letzten Tarifabschlüsse haben einen Reallohnverlust bedeutet – damit muss Schluss sein. Die Lebenserhaltungskosten sind massiv gestiegen, was alle Kolleginnen und Kollegen zu spüren bekommen. Seit 2020 sind die Preise um mehr als 17 Prozent gestiegen, für Lebensmittel sogar um dreißig Prozent. Wenn jetzt die Arbeitgeber sogar sagen, das selbst das Ergebnis des TVÖD nicht drin ist, welches schon einen Reallohnverlust bedeutet, zeigt das ihre ganze Arroganz gegenüber uns als Beschäftigten.

Das Geld von den Reichen holen

Die so genannten Arbeitgeber*innen verweisen auf schwierige Zeiten und darauf, dass kein Geld da sei. Wir sagen, dass Geld ist da, man muss es von den Reichen holen.

Oxfam schreibt, der Reichtum der Milliardär*innen sei nicht nur während der Corona-Jahre, sondern infolge des Ukrainekriegs und der Inflation auch 2022 deutlich gestiegen: „95 Lebensmittel- und Energiekonzerne haben ihre Gewinne im Jahr 2022 mehr als verdoppelt.“Auch in Deutschland gibt es mehr als 200 Dollarmilllardär*innen, die jedes Jahr ihr Vermögen vergrößern konnten.

Während 100 Milliarden Euro in einem Sondervermögen für Aufrüstung von einem Tag auf den anderen locker gemacht werden können, sollen in anderen Bereichen wie Bildung und Soziales gekürzt werden. Uns wird seit Jahren gesagt, dass kein Geld da sei. Dabei sind wir es, die viele für die Gesellschaft wichtige Bereiche am Laufen halten.

Daher sollten im Zuge der Tarifauseinandersetzung die Gewerkschaften erklären, dass anstatt Milliarden für Aufrüstung Milliarden für den öffentlichen Dienst ausgegeben werden müssen. Außerdem sollte gefordert werden, dass angesichts der unfassbaren Anhäufung von Reichtum bei den oberen ein Prozent der Gesellschaft unmittelbar Instrumente wie eine Milliardärsabgabe von mindestens dreißig Prozent und eine Millionärssteuer eingeführt werden müssten. Dieses Geld könnte – anstatt an den Kapitalmärkten für Spekulation – sinnvoll genutzt werden, um den öffentlichen Dienst massiv auszubauen. Wie oft muss noch deutlich werden, dass es mehr Investitionen in Krankenhäuser, Schulen, Kitas, Ämter, sozialen Wohnungsbau, Öffentlichen Verkehr etc geben muss. Zudem ist ein Konzept für Personalaufbau dringend notwendig. Deshalb müssen hier auch dringend die Löhne rauf gesetzt werden. Auf der Grundlage von diesen politischen Forderungen wäre eine DGB-weite Unterstützungskampagne für die Beschäftigten der Länder sinnvoll und hätte Aussicht auf eine gute Resonanz. Außerdem sollten alle Möglichkeiten genutzt werden, um mit zeitgleich stattfindenden Tarifrunden wie im Handel, bei der Bahn wie auch später im öffentlichen Nahverkehr Streik-Aktionen zu koordinieren.

Nein zum Verzicht

Auf die Arroganz der Arbeitgeber muss es eine klare Antwort geben. Durch einen entschlossenen Kampf für die vollle Durchsetzung der Forderungen können wir den Abwärtstrend bei den Lebensstandards unterbrechen. Das heißt, wir müssen auch bereit sein, in einen Erzwingungsstreik zu treten.

Die Tarifauseinandersetzung im TVÖD im Frühjahr hatte gezeigt, dass man durch größere Warnstreikmobilisierungen mehr Kolleginnen und Kollegen gewinnen kann – hier wurden allein während der Tarifrunde 70.000 neue Mitglieder gewonnen. Doch leider wurde auch bei dieser Runde nicht die volle Kampfkraft zur Geltung gebracht. Durch das Schlichtungsverfahren in der TVÖD-Runde verlor der Arbeitskampf an Dynamik und dann wurde dem Schlichtungsergebnis zugestimmt, obwohl es nicht ausreichte, um Reallohnverluste zu verhindern.

Erzwingungsstreik ist möglich

Nun muss für die volle Durchsetzung der Forderungen ernsthaft gekämpft werden. Hierbei darf auch bei der Laufzeit von 12 Monaten kein Kompromiss eingegangen werden! Angesichts der voraussichtlichen harten Haltung der Vertreter*innen aus den Ländern werden ein paar Warnstreiks nicht ausreichen. Was die Durchsetzungsfähigkeit angeht, sollte ver.di selbstbewusst sein. Denn auch bei den Ländern gibt es kampferfahrene Bereiche wie die Beschäftigten an Uniklinken oder im Sozial- und Erziehungsdienst sowie neuralgische Punkte wie Straßenbau oder Landesämter, die in einem Streik Wirkung entfalten. Gerade, wenn jetzt mit Konsequenz in einen Arbeitskampf geführt wird, dann wird es auch möglich sein, bislang schwächer organisierte Bereiche gewerkschaftlich zu stärken!

Leider lässt der bisherige Fahrplan und die Rede von der dritten Verhandlungsrunde Anfang Dezember als „letzter Verhandlunsgrunde“ in ver.di – Veröffentlichungen darauf

schließen, dass auf einen Kompromiss nach der dritten Verhandlungsrunde abgezielt wird.

Dabei ist doch völlig klar, dass die Vertreter*innen der TdL bis dahin kein Angebot machen, welches annähernd ausreichen würde. Deshalb müssten jetzt in der Warnstreikphase Diskussionen unter den Kolleg*innen organisiert werden, mit denen die notwendigen Schritte für eine Urabstimmung und Erzwingungsstreik vorbereitet werden können. Dabei wäre es wichtig, dass ver.di und GEW zu gemeinsamen Demonstrationen und Kundgebungen mobilisieren und nicht getrennt .

Außerdem sollte das Zusammengehen mit den studentischen Beschäftigten für gemeinsame und kreative Aktionen und das daraus entstehende Potenzial maximal genutzt werden. Damit die Kolleg*innen selbst demokratisch entscheiden können, sollten schon während den jetzigen Warnstreiks Streikdelegiertenkonferenzen auf Bezirks- und Bundesebene durchgeführt werden, so wie es in der TVÖD-Runde zumindest auf bezirklicher Ebene gute Beispiele gegeben hat, wie in Berlin. Hier wurden in den streikbeteiligten Betrieben an den verschiedenen Standorten und Abteilungen Streikdelegierte gewählt, die dann regelmäßig zusammen kamen. Diese Streikdelegiertenstrukturen und -konferenzen haben zu einer enormen Belebung des Arbeitskampfes, wie auch der ver.di-Strukturen in einzelnen Betrieben geführt. Letztlich sollten auf solchen Konferenzen alle wichtigen Entscheidungen über die nächsten Schritte im Arbeitskampf getroffen werden. Betriebsgruppen und Warnstreikversammlungen sollten jetzt fordern, dass ein jegliches Angebot in der dritten Verhandlungsrunde nicht einfach angenommen werden sollte, und dann nur noch per Mitgliederbefragung abgestimmt werden kann. Stattdessen sollten breite Versammlungen auf allen Ebenen (Betriebe, übergreifende bezirkliche Delegiertenversammlungen und am besten auf einer bundesweiten Delegiertenkonferenz) stattfinden sollen, auf denen das Angebot ausführlich dargestellt und diskutiert werden kann, um auf solchen Versammlungen ein Votum abgeben zu können.

Wenn ihr diese Punkte richtig findet, dann bringt euch aktiv in eure ver.di Struktur ein und nehmt außerdem mit den Kolleg*innen im „Netzwerk für eine kämpferische und demokratische ver.di“ Kontakt auf. Wir wollen ein Netzwerk aufbauen, um so eine kämpferische Ausrichtung in ver.di zu stärken.