„Volle Teller, aber leere Konten“

Kampf für die Wiedereingliederung der Essensversorgung im Dresdner Städtischen Klinikum

Dresden: Bereits in den 1990er Jahren wurde die Essensversorgung aus den damals noch zwei städtischen Eigenbetrieben outgesourct. Das Ziel sollte eine Verringerung der Kosten sein. Die Folgen waren ein Verlust der Tarifbindung und damit Einkommensverluste für die Kolleg*innen und eine verschlechterte Versorgung. Jetzt könnte Bewegung in die Sache kommen, weil sich Beschäftigte wehren und Unterstützung erhalten, auch vom „Bündnis für Pflege“, in dem Dresdner Sol-Mitglieder aktiv sind.

Von Steve Hollasky, Dresden

Seit den 1990er Jahren wird die Speiseversorgung am inzwischen fusionierten Städtischen Klinikum alle fünf Jahre neu ausgeschrieben. Für die Kolleg*innen der Essensversorgung bedeutet dies im Zweifelsfall wiederkehrende Verschlechterungen der Arbeits- und Entlohnungsverhältnisse, die mitunter drastisch ausfallen. Die Teller mögen voll sein, die Konten bleiben häufig jedoch leer.

Der letzte Wechsel vom Anbieter Peter Dussmann (Pedus) zur Primus Service GmbH, einer Tochter des Maltester Hilfdienstes mit Sitz in Köln, bedeutete den Verlust des Dehoga-Tarifvertrags. Dessen Niveau liegt an sich schon unter dem des im Krankenhaus gezahlten Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVöD). Inzwischen wird bei Primus nur noch Mindestlohn bezahlt. Mit entsprechenden Folgen für die aktuellen Lebensbedingungen der Kolleg*innen und auch für deren Rente.

Seit nunmehr drei Jahren kämpfen diese um Verhandlungen mit Primus für einen Tarifvertrag. Die Kampfbereitschaft der 100 Kolleg*innen von Primus zeigt auch deren Organisationsgrad von mehr als fünfzig Prozent und eine herausragende Streikbeteiligung im Oktober letzten Jahres.

Nun setzt Primus auf Verzögerung. Zuletzt begründete die Konzernspitze ihr Fernbleiben von den Verhandlungen allen Ernstes mit dem Pilotenstreik, wie die zuständige Gewerkschaft Nahrung-Gaststätten-Genuss (NGG) erklärte.

Doch selbst, wenn es in der nächsten Zeit zu einem Abschluss kommen sollte, könnte dieser bei einem neuerlichen Betriebsübergang nach der nächsten Vergabe wieder obsolet sein. Dann müsste wieder gekämpft und quasi beim Stande Null begonnen werden.

Insourcing – jetzt!

Auf Anregung des „Bündnis für Pflege“ hat die Fraktion der Partei Die Linke nun einen Antrag in den Dresdner Stadtrat eingebracht, der das Insourcing der Küche ins Klinikum prüfen soll.

Auf der Pressekonferenz, die das Papier thematisierte, erklärte Dorit Hollasky, als Sprecherin der ver.di-Betriebsgruppe und des „Bündnis für Pflege“ unter großem Medialen Interesse die Gründe für die Idee zum Antrag.

Es gelte das Prinzip „ein Betrieb – ein Tarifvertrag“ durchzusetzen, damit die Kolleg*innen des Essensanbieters, die für die Versorgung der Krankenhausbeschäftigten und für den Therapieprozess der Patient*innen von enormer Bedeutung sind, endlich deutlich besser bezahlt werden. Zudem wäre damit eine bessere Zusammenarbeit der Kolleg*innen in der Pflege und der Essensversorgung leichter möglich. Für Verbesserungen könnten dann Essensversorgung und Pflege gemeinsam kämpfen. Aus Sicht von Dorit Hollasky müsse dieses Prinzip auch für die Reinigung gelten, die vom Antrag allerdings nicht thematisiert wird.

Zugleich kritisierte sie die Endfassung des von der Linken eingebrachten Antrags auf der Pressekonferenz, deren Ursprungsentwurf sie mit formuliert hatte: Es sei entscheidend ein Insourcing in den städtischen Eigenbetrieb des Krankenhauses durchzusetzen. Der Antrag zählt diese in seiner letzten Fassung als eine von verschiedenen Möglichkeiten auf. Geprüft werden solle auch eine Übernahme in die Cultus gGmbH, die ihre Löhne lediglich in Anlehnung an den TVöD bezahlt. Auch dann wären die Kolleg*innen der Essensversorgung wieder nicht Teil des Krankenhauses und das Prinzip „ein Betrieb – ein Tarifvertrag“ eben nicht umgesetzt.

Auf der Pressekonferenz erklärte auch die für den Essensversorger im Krankenhaus zuständige Sekretärin der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), Romy Grahnert, dass Insourcing ins Krankenhaus der richtige Schritt sei. Sie wies in dem Zusammenhang auf die katastrophale Vergabepraxis und die Tatsache hin, dass die Primus Service GmbH enorme Gewinne mit der Essensversorgung macht.

Kampagne zur Durchsetzung

Allein eine Abstimmung im Stadtrat wird das Insourcing des Essensversorgers jedoch kaum durchsetzen. Hierzu bedarf es der Mobilisierung der Beschäftigten von Städtischem Klinikum und Primus Service GmbH. Hier sollten ver.di und NGG an einem Strang ziehen. Sol-Mitglieder in der ver.di-Betriebsgruppe und im Bündnis für Pflege Dresden werden in den nächsten Wochen Vorschläge zur Informierung und Aktivierung der Krankenhausbeschäftigten einbringen.

Nachdem Primus in der Vergangenheit mehrmals nicht in der Lage war die Versorgung der Krankenhausbeschäftigten sicherzustellen, dürfte auch den Krankenhausbeschäftigten klar sein, dass sie direkt von der Situation betroffen sind. Mehrmals war am Standort Weißer Hirsch die Caféteria geschlossen worden, weil es bei Primus am Personal mangelte. Dann war Essen nur über vorherige Bestellung und häufig kalt zu bekommen.

Zudem müsste Die Linke innerhalb der Dresdner Bevölkerung die Bedeutung dieses Schrittes erläutern. Dann könnte der Druck stark genug sein, um das Insourcing zu bewirken.

Dass Kommunen unter Druck sind, Krankenhäuser zu schließen, teilweise oder ganz zu privatisieren oder – entsprechend des neuen Gesetzes von Gesundheitsminister Lauterbach – in ambulante Versorger umzuwandeln muss öffentlich als Folge kapitalistischer Prinzipien und als enorme Einschränkung der Versorgungssicherheit dargestellt werden. Eine bundesweite Kampagne für eine kostendeckende Finanzierung der Krankenhäuser; für ein Gesundheitswesen in öffentlicher Hand, demokratisch verwaltet durch Beschäftigte und Bevölkerung und eine gesetzliche Personalbemessung nach realem Bedarf wäre dringend geboten. Der Start derselben könnte eine Konferenz von Aktivist*innen und aktiven Gewerkschafter*innen sein, die die Eckpunkte einer solchen Kampagne erarbeiten.

Auf Dauer wird man die medizinische Versorgung und die Arbeitsbedingungen nur dann sichern, wenn man den Kapitalismus infrage stellt und für eine sozialistische Demokratie eintritt.

https://www.instagram.com/reel/C3VqOL9ttvG/?igsh=MWFndnN0MG5lZWVrNw==

https://www.wochenkurier.info/dresden/artikel/ein-haus-ein-tarif

https://www.tag24.de/dresden/lokales/leere-teller-im-staedtischen-klinikum-dresden-gastro-anbieter-in-der-kritik-3098458

Print Friendly, PDF & Email