ver.di und Gesundheitspolitik: Kämpfen statt kuscheln!

Eindrücke von der ver.di-Bundesfachbereichskonferenz C

Am 20./21. März 2023 fand die Bundesfachbereichskonferenz C von ver.di in Berlin statt. Ungefähr 200 Delegierte aus Gesundheitswesen, Pflege und Wissenschaft waren gekommen, um Wahlen durchzuführen und wichtige Anträge zu beraten und zu beschließen. Viele Aktive trafen zusammen, die sich vorher nur von Facebook oder von Online-Meetings kannten. Es gab zahlreiche inspirierende Gespräche und Berichte über unglaublich viele Streik- und Protestaktionen.

von Dorit Hollasky, Sprecherin der ver.di Betriebsgruppe am Städtischen Klinikum Dresden*

Frank Werneke hielt einen ausführlichen Beitrag über die Situation in ver.di und die anstehenden Auseinandersetzungen. Er sprach kämpferisch und warnte „Die Kapitalisten schießen sich auf uns ein“. Damit drückte er vor allem eine wütende und kämpferische Stimmung an der Basis aus. Er betonte die Wichtigkeit der Tarifkämpfe und insbesondere der Tarifrunde Öffentlicher Dienst, in welcher bereits über 65.000 neue Mitglieder eingetreten sind. Jedoch stellte er das Verhandlungsergebnis bei der Post auch als einen Erfolg dar, obwohl dieses – ohne Not – weit hinter den Forderungen zurück blieb und noch gar nicht von den Mitgliedern bestätigt wurde.

Plattform für Lauterbach

Bezeichnenderweise war Gesundheitsminister Karl Lauterbach geladen, um ein Grußwort zu halten, was von einigen beklatscht wurde und bei anderen auf Unverständnis stieß. Die Nähe zwischen der Gewerkschaftsführung und der SPD in der Regierung wurde deutlich. Mit einer Kollegin aus Nürnberg hielt ich während seiner Rede ein Schild hoch („Ihre „Reform“ ist eine Lüge – Kliniksterben stoppen!“). Ich zeigte in einen kurzen Redebeitrag auf, wie verlogen seine Rede war und verband dies mit der Aufforderung an ver.di, gegen die geplante Krankenhausreform aktiv zu werden. Dafür gab es ebenfalls einigen Zuspruch von den Delegierten, doch wurde dies nicht von der ver.di-Führung aufgegriffen.

Wichtige Debatten verhindert

Sehr kritikwürdig war, dass aufgrund langer Reden und Grußworte die Zeit für die Beratung der fast 200 Anträge viel zu gering war. Gerade die Anträge zu tarifpolitischen und gesellschaftspolitischen Themen wurden nach hinten geschoben und somit nicht thematisiert. Beispielsweise die Frage, ob sich ver.di grundsätzlich gegen Waffenlieferungen ausspricht, ob die Gewerkschaft für die 4-Tage-Woche oder die gleitende Lohnskala eintritt. Wichtig wären auch die Anträge zur Demokratisierung der Tarifauseinandersetzungen gewesen. Hier gab es beispielsweise die Forderung, dass ver.di systematisch ein Konzept entwickelt, um neue Beteiligungsformen aus der Krankenhausbewegung und dem Sozial- und Erziehungsdienst in alle Tarifauseinandersetzungen einzuführen, so dass die Mitglieder von der Forderungsfindung bis zur Annahme des Verhandlungsergebnisses mitbestimmen können. Die nicht behandelten Anträge wurden nun lediglich an den Fachbereichsvorstand zur Bearbeitung gegeben, und die Konferenz konnte nicht souverän über solche zentralen Punkte entscheiden. Das recht schwache Ergebnis von 70% bei der Wahl von Sylvia Bühler ohne Gegenkanditur zeigt, dass es Kritik am Kurs der ver.di Führung gibt. Diese blieb aber noch unklar. Nötig ist eine Kursänderung weg von Sozialpartnerschaft mit der Regierung hin zu einer konsequent kämpferischen Ausrichtung.

*Angabe der Funktion dient nur der Kenntlichmachung der Person

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