DDR 1989/90: Von der Revolution zur Konterrevolution

Montagsdemo Leipzig 8. Januar 1990 ((c) Andreas Krüger, https://www.flickr.com/photos/sichtkunst/3984274313)

„Sozialismus heute“ sprach mit René “Henne” Henze und Robert Bechert über ihre Erfahrungen in der Wende 1989. Robert Bechert ist Mitglied des CWI (Komitee für eine Arbeiter*inneninternationale), erlebte das Umschlagen der politischen Revolution in die kapitalistische Konterrevolution 1989/90 in der DDR mit und hat darüber das Buch “Die gescheiterte Revolution” geschrieben, das über den Manifest Verlag bezogen werden kann. René Henze ist Mitglied der Sol (deutsche Sektion des CWI), war im Herbst 1989 beim Revolutionären Autonomen Jugendverband (RAJV) aktiv und eines der ersten CWI-Mitglieder in der DDR.

Ihr habt beide die Wende in der DDR aus verschiedenen Blickwinkeln miterlebt. Was hat Euch am meisten beeindruckt?

Robert: Ich habe einige Revolutionen miterlebt. Was mich immer am meisten beeindruckt hat, war die Aktivität der Massen, die ihr Leben verändern wollten. Die ihre Hoffnungen und Wünsche ausgesprochen haben. Die vielen Debatten darüber, wie man vorwärts gelangen kann. All das habe ich auch in den Monaten der Wende in der DDR miterlebt. Dazu kam die enorme Geschwindigkeit der Ereignisse.

René: Was mir im Sommer 1989 auffiel, war, dass die Leute ihre Angst verloren hatten, dass sie offen auf der Straße oder in der Kneipe, auch im Betrieb Sachen angesprochen haben. Sie haben Dinge, die sie gestört haben, nicht mehr hinter vorgehaltener Hand, sondern offen angesprochen. Und ja, dazu kam diese enorme Geschwindigkeit der Ereignisse. 

Robert: Was René beschrieben hat, den Verlust der Angst als Voraussetzung für die ganze Bewegung im Herbst 1989, halte ich für sehr wichtig. Das Honecker-Regime hat versucht, Menschen zu verängstigen. Am 8. Juni 1989 verabschiedete die Volkskammer der DDR einstimmig einen Beschluss zur Unterstützung der wenige Tage zuvor erfolgten gewaltsamen Niederschlagung  der Proteste auf dem Platz des Himmlischen Friedens  durch die chinesische Regierung. Und trotzdem haben sich die Menschen davon keine Angst machen lassen.

Das Regime in der DDR hat sich als sozialistisch und als ersten „Arbeiter- und Bauernstaat“ auf deutschem Boden dargestellt. Das Komitee für eine Arbeiter*inneninternationale hat das immer bestritten. Was war also die DDR?

Robert: Die DDR hatte keine kapitalistische Wirtschaft. Sie existierte auf einer anderen ökonomischen Grundlage als die BRD und die gesamte kapitalistische Welt.Die DDR hatte eine geplante Wirtschaft, aber das bedeutete nicht, dass sie auch automatisch eine Arbeiter*innendemokratie hervorgebracht hatte. Das CWI hat die DDR als nicht kapitalistisch angesehen, aber auch nicht als Arbeiter*innendemokratie: Die bürokratischen und diktatorischen Methoden, der Mangel an Demokratie und Kontrolle, all das war in der DDR real und all das widersprach schon immer wirklich sozialistischen Prinzipien.

Zu Beginn hatte die DDR sogar eine gewisse Unterstützung innerhalb der Bevölkerung. Aber die Arbeiter*innenklasse war zunehmend enttäuscht.

Als sich der Streik der Bauarbeiter in der Berliner Stalinallee gegen die erhöhten Arbeitsmengen, die sogenannte Normerhöhung, im Juni 1953 zu einem republikweiten Aufstand gegen das SED-Regime ausweitete, wurden Forderungen gestellt, die die Hoffnungen und Wünsche der Arbeiter*innen wirklich ausdrückten: Es waren Forderungen nach demokratischen Gewerkschaften, die die Interessen der Arbeiter*innenklasse vertraten, nach freien Wahlen und einer Demokratisierung der SED. Aber dieser Aufstand wurde mit Hilfe sowjetischer Panzer niedergeschlagen. Die DDR war ein stalinistisches Land, Sozialismus braucht Demokratie.

Es heißt heute oft, die DDR wäre im Vergleich zum Lebensstandard des Westens weit abgehängt gewesen.

Robert: Ich erinnere mich daran, wie ich das erste Mal in die DDR kam. Ihr Entwicklungsstand lag hinter dem der Bundesrepublik, aber nicht um viele Jahrzehnte, höchstens zwanzig Jahre. Einer der Hauptunterschiede, der mir auffiel, war das Fehlen von Leuchtreklame. Das sagte aber nichts über den Lebensstandard in der DDR. Es ging den Menschen in der DDR etwa so, wie vielen in Großbritannien.

Aber wieso haben sich die Menschen im Sommer und Herbst 1989 plötzlich getraut, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen?

Robert: Die ersten Anzeichen von Opposition in der DDR zeigten, dass sie nicht immun gegen die Bewegung für Veränderungen war, die es in anderen Ostblock-Staaten gab. Die Proteste gegen die Fälschung der Kommunalwahlen vom Mai 1989 waren sowohl ein Hinweis auf die Entwicklung von unten als auch eine Warnung an die herrschende Elite. In diesem Sommer gab es immer mehr Versuche, die DDR über die damalige Tschechoslowakei und Ungarn zu verlassen, doch Anfang September begannen die Montagsdemonstrationen. Bekanntlich wuchsen sie zunächst stetig und dann dramatisch zu einer mächtigen Massenbewegung an. Der Versuch, durch die Unterstützung der Niederschlagung der Proteste in China die DDR-Bevölkerung einzuschüchtern, misslang, wie gesagt, auch. 

René: Da gibt es viele Gründe. Leute sind “abgehauen”, wie es damals hieß, also in den Westen gegangen und die DDR-Führung hat sich nicht geregt. Die konnte nicht vor und nicht zurück. Irgendetwas wie Glasnost und Perestroika, wie unter Gorbatschow in der UdSSR, war von der SED-Spitze absolut nicht zu erwarten. Das hat die Entwicklung zusätzlich beschleunigt: Die da oben tun nix – wir müssen etwas tun!

In den 1980er Jahren gab es innerhalb der Arbeiter*innenklasse immer mehr eine Art innere Loslösung von der DDR. Ein Großteil der DDR-Bevölkerung gehörte zur industriellen Arbeiter*innenklasse, insofern war deren Haltung zum Regime entscheidend.

Während uns in den Zeitungen immer von den Erfolgen des Systems berichtet wurde, zum Beispiel dass der Plan ständig übererfüllt wurde, spürte man in den 1980er Jahren zunehmend die wirtschaftliche Stagnation des Systems. Diese Diskrepanz zwischen Propaganda und erlebter Realität führte dazu, dass die Propaganda der SED-Führung nicht mehr verfing.

Es haben im Sommer 1989 immer mehr Menschen mitbekommen, dass es so nicht weitergeht. Nicht nur Intellektuelle, selbst FDJ-Mitglieder meinten, so könne man nicht weitermachen.

War denn das CWI schon in der DDR vertreten bzw. wie habt Ihr auf die Entwicklungen reagiert?

Robert: Schon im Laufe des Jahres 1989  wurde auf einem Treffen des CWI mit der Voran-Führung beschlossen, dass dringend Schritte unternommen werden mussten, um mit Ost-Aktivist*innen in Kontakt zu treten, unsere Ideen zu verbreiten und unsere Kräfte in der DDR zu organisieren. Zu dieser Zeit gab es zwei Mitglieder des CWI in Ost-Berlin, während die Voran-Gruppe keine Mitglieder in West-Berlin hatte. 

Schnell wurden Schritte unternommen, damit hauptamtliche Mitarbeiter*innen der Voran-Zentale in Köln und drei Genossen aus dem CWI-Büro, zwei deutsche Genossen und ich, nach Berlin zogen, während andere deutsche Genossinnen und Genossen für unterschiedlich lange Zeiträume kamen. Diese Art von Aktivität war bereits in der Sowjetunion durchgeführt worden und sollte in den Jahren 1989 und 1990 auch in den mittel- und osteuropäischen Staaten praktiziert werden. Der Enthusiasmus, den die Revolutionen auslösten, war so groß, dass es ein Leichtes war, diese Aktivitäten zu finanzieren und  Genoss*innen dazu zu bringen, ihre Arbeit ruhen zu lassen oder ihr Studium zu unterbrechen, um sich an diesen Aktivitäten zu beteiligen.

In Berlin begannen wir zusammen mit unseren beiden Genoss*innen in der DDR im Oktober mit organisierten Aktivitäten, um mehr über die Situation zu erfahren, herauszufinden, wo sich Oppositionelle trafen, und begannen, Material zu produzieren, das wir unter dem Namen “Marxisten für Rätedemokratie” in Ost-Berlin in Umlauf brachten.

Im Herbst gingen dann in der ganzen DDR Hunderttausende Montag für Montag mutig auf die Straße, um gegen das stalinistische Regime zu protestieren und verlangten demokratische Veränderungen. Gab es eigentlich von Anfang an Forderungen nach Vereinigung und Kapitalismus in der Wendezeit?

Robert: Das kam viel später. Zu Beginn gab es keine Hoffnungen auf den Kapitalismus. Das hat im Westen viele nervös gemacht. Die Herrschenden dort hatten durchaus Angst vor der Bewegung im Osten. 

René: Auf den Montagsdemos gab es im Oktober nur eine kleine Minderheit mit Deutschlandfahnen und kaum eine prokapitalistische Stimmung. Das fing dann im November im Süden an, sich zu ändern. Auf der großen Demo am 4.November auf dem Ostberliner Alexanderplatz mit einer Million Menschen, gab es nur ein einziges Plakat mit der Forderungen nach Marktwirtschaft, sprich Kapitalismus. Das kam damals von der SDP, also der damals gerade erst gegründeten Sozialdemokratischen Partei in der DDR. Das war aber noch ein Einzelfall. Die Demonstration wurde eröffnet mit den Worten: “Dies ist eine sozialistische Demonstration” und es gab keine Buhrufe oder Pfiffe. Auch sonst standen dort auf den Transparenten Dinge wie: „Stellt Euch vor, es wäre Sozialismus und keiner ginge weg!“

Die Idee einer Vereinigung mit der BRD kam langsam und schrittweise. Lange war noch die Idee einer Konföderation mit der Bundesrepublik präsent, die im Dezember selbst noch von Helmut Kohl vertreten wurde, und die Hoffnung auf die Erhaltung der eigenen Identität. 

Dabei war nicht unbedeutend, dass die SED-Führung ständig eine Fehlbesetzung nach der anderen aus dem Hut zauberte: Erst kam Egon Krenz und schob Honecker beiseite. Dann kam Hans Modrow. Egal wie die Leute hießen, die SED-Führung blieb an der Macht.

Mit der Idee einer Vereinigung verband sich bei vielen Leuten auch die Hoffnung, diese ganze Bagage auf einen Schlag loszuwerden.

Robert: Wäre die bundesdeutsche Wirtschaft wie die griechische gewesen, hätte sich die Bewegung vom Herbst 1989 vielleicht in eine andere Richtung entwickelt. Aber die Bundesrepublik war die drittstärkste imperialistische Macht. Diese enorme ökonomische Kraft wurde zu einer Quelle der Illusionen in den Kapitalismus innerhalb der Bevölkerung der DDR. 

Eine der bedeutendsten Demonstrationen fand am 4. November 1989 auf dem Berliner Alexanderplatz statt. Damals waren immerhin fast eine Million Menschen auf der Straße, dabei hatte die DDR gerade einmal 17 Millionen Einwohner*innen.

Robert: Beeindruckend an der Demonstration waren ihr sozialistischer Charakter, insbesondere das weitgehende Fehlen prokapitalistischer Aussagen. Was jedoch fehlte, war eine konkrete Vorstellung davon, was als Nächstes zu tun ist und was die Ziele sein sollten. Selbst Menschen wie Markus Wolf waren eingeladen, dort zu sprechen. Wolf war ein paar Jahre zuvor noch an leitender Stelle bei der Auslandsspionage der Stasi tätig gewesen. Er wurde von den Demonstrierenden dann auch ausgebuht. 

René: Ja, die Demonstration war überwältigend, aber der Opportunismus des Organisatorenkreises stand dazu im Widerspruch. Da wurde ja nicht nur Markus Wolf eingeladen. Mit Günther Schabowski durfte dort auch der Chef der Berliner SED sprechen, also der stalinistischen Staatspartei. Auch der wurde zwar ausgepfiffen, aber kein Redner hielt dagegen.

Die Feigheit der Intellektuellen hat mich schon auch beeindruckt. Stefan Heym, ein Schriftsteller, der gerade bei der sozialistischen Opposition gegen den Stalinismus in der DDR sehr beliebt war,  hat auch auf der Demonstration gesprochen. Monate später hat er dann in einem Interview eingeräumt, dass die Rede, so wie er sie gehalten hat, ein Fehler gewesen sei. Wenn er all die Verbrechen der SED und ihre Lügen schon eher gewusst hätte, meinte er in dem Interview, dann hätte er zu einer richtigen Revolution aufgerufen, beispielsweise den Fernsehsender zu besetzen und die SED-Führung zu stürzen. Das Verhalten war opportunistisch und feige, denn schon zu diesem Zeitpunkt war vieles davon bekannt. 

Welchen Herausforderungen mussten sich Sozialist*innen im Herbst 1989 stellen, wenn sie in der Bewegung aktiv waren?

Robert: Ich habe schnell gelernt, meine politische Sprache anzupassen. Das stalinistische Regime nutzte marxistische Phrasen. Wenn ich zwar eine politische Revolution gegen das Regime forderte, aber ähnliche Begriffe wie das Regime benutzte, dann musste ich den Menschen zwangsläufig wie ein Unterstützer des Regimes vorkommen. Ich musste also eine andere Sprache nutzen, um unser Programm zu erklären.

Und wie verliefen die CWI-Aktivitäten in dieser Zeit?

Robert: Schnell lernten wir Menschen kennen, die sich für unsere Ideen interessierten. Bald waren wir in regelmäßigen Gesprächen mit einigen Aktivist*innen. Mitte November hielten wir über den RAJV eine Veranstaltung mit fünfzig bis sechzig  Jugendlichen im Ostberliner Thälmannpark ab, wo René unser Programm für Rätedemokratie vorstellte. 

Ende November hielten wir unser erstes öffentliches Treffen als CWI ab, wenn auch in West-Berlin, das sich aber an Genoss*innen und andere aus der DDR richtete und von ihnen besucht wurde. Als sich eine CWI-Gruppe zu entwickeln begann, brachten wir ab Januar 1990  “Was Tun!”, eine kleine Zeitung, als CWI-Zeitschrift für die DDR heraus. Im Februar 1990 gründeten fast dreißig CWI-Mitglieder in der DDR, bis auf einen alle DDR-Bürger*innen, eine Sektion des CWI, die ihren Sitz im Wesentlichen in Ost-Berlin und Rostock hat.

Doch die politische Situation änderte sich. Ohne eine klare Richtung, wie das alte Regime vollständig beseitigt und diese Forderungen konkret umgesetzt werden können, sah der deutsche Kapitalismus die Chance, die revolutionäre Bewegung in die sichere und profitable Richtung der Vereinigung mit der BRD und der Akzeptanz der Wiedereinführung des Kapitalismus zu lenken. Im Dezember 1989 bestätigten die Genoss*innen die Medienberichte über die rasch wachsende Stimmung für eine schnelle Vereinigung mit der BRD im Süden der DDR. 

Dies löste eine Debatte unter den CWI-Mitgliedern in den beiden “deutschen Staaten” aus. Die Gruppe in der DDR lehnte die kapitalistische Vereinigung mit dem Argument ab, dass sie der DDR keine “blühende Landschaften” bescheren würde, stellte stattdessen das Programm einer politischen Revolution zur Umgestaltung der DDR auf und appellierte gleichzeitig an die Arbeiterklasse in der BRD, sich gegen den Kapitalismus zu wenden. Beides zusammen würde die Grundlage für eine wirklich sozialistische Vereinigung Deutschlands schaffen, die sowohl in den stalinistischen als auch in den kapitalistischen Ländern eine massive internationale Wirkung entfalten könnte.

Führende Mitglieder der Voran-Gruppe waren jedoch mit der Politik der Ablehnung der Wiedervereinigung nicht einverstanden und argumentierten, wir sollten fordern, dass die Wiedervereinigung auf einer sozialistischen und nicht auf einer kapitalistischen Grundlage durchgeführt wird. Diese Haltung basierte auf der falschen Annahme, dass eine Vereinigung auf kapitalistischer Basis gar nicht möglich sein würde. Sie sahen dementsprechend in der Forderung nach einer Wiedervereinigung – wenn auch mit sozialistischen Forderungen – eine Möglichkeit, die ostdeutsche und die westdeutsche Arbeiterklasse in Opposition zur Regierung Kohl zu bringen. 

Dies löste eine hitzige Debatte aus, in der sich viele CWI-Genoss*innen in der BRD weigerten, Material mit dieser Position zu verbreiten.

Was sind für Euch die wichtigsten Lehren aus der Bewegung 1989?

René: Eine klare Idee davon, wie es weitergeht, ist in solchen Situationen notwendig. Ich war 1989 auf einer Veranstaltung der Vereinigten Linken, die schon irgendwie eine demokratische und sozialistische Zukunft für die DDR wollte. Aber als ein interessierter Arbeiter im klassischen Blaumann fragte, was denn für die nächste Woche vorgeschlagen werde, kam nur hilfloses allgemeines Gestammel. Das ist in revolutionären Situationen unverzeihlich.

Im Gegensatz dazu haben wir als kleine Gruppe, als wir erfuhren, dass in einem Betrieb schon westdeutsche Kapitalgeber auftauchen wollten, schnell ein Flugblatt geschrieben und am entsprechenden Morgen vor dem Betrieb verteilt. Wir fragten, wieso die SED-Betriebsführung hinter dem Rücken der Belegschaft Verhandlungen mit westdeutschen Investoren aufnimmt. Unsere Forderungen waren: Betriebsversammlung, die Klarheit von den Investoren über Arbeitsplatz, Löhne etc. verlangt. Ergebnis: die Beschäftigten machten dies und die Investoren verzogen sich sofort. Denn diese Garantien konnten und wollten die kapitalistischen Investoren natürlich nicht geben. In dem Flugblatt erklärten wir den Gedanken der Arbeiterdemokratie für diesen Betrieb konkret. Betriebskomitee, Absetzen der SED-Funktionäre, die hinter dem Rücken der Beschäftigten mit dem Westen verhandeln, Offenlegung der Geschäftsbücher und demokratische Kontrolle und Leitung durch die Betriebsversammlung und ein  Komitee der Belegschaft. Leider waren wir nur eine kleine Gruppe, aber dieses kleine Beispiel zeigt auf, was möglich gewesen wäre. Was nötig gewesen wäre.

Robert: Es hätte einer sozialistischen Organisation bedurft, die in Betrieben und Stadtteilen verankert hätte sein müssen, die der Bewegung ein Programm vorgeschlagen und sich an den Aufbau von demokratisch gewählten Komitees gemacht hätte, die Stadtteile und Betriebe demokratisch verwalten mit dem Ziel eine wirkliche Arbeiter*innendemokratie zu schaffen, die die Stasi aufgelöst hätten und die Gesellschaft und Wirtschaft demokratisch organisiert hätten. Eine solche Organisation hätte eine Alternative zu Stalinismus und Kapitalismus aufzeigen können und hätte dazu beitragen können, den gesamten Lauf der Dinge in der DDR und international zu verändern. 

Der Unterstützer*innenkreis des CWI begann bald zu wachsen, erst in Ost-Berlin und Rostock. Doch dann, Anfang 1990, änderte sich die Stimmung in der Bevölkerung schnell zugunsten einer Vereinigung mit der kapitalistischen BRD, und die Idee, einen anderen Weg zu suchen, verschwand, was zu einer komplizierteren Situation führte

Für uns ist aus dieser wie aus vielen anderen Revolutionen die zentrale Lehre: Wir brauchen eine sozialistische Organisation, die in der Lage ist, den Weg zur Vollendung der Revolution aufzuzeigen. Eine solche versucht das CWI weltweit aufzubauen.

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