Nachruf: Abbas Abdel Gadir

Ein Kämpfer ist gegangen

Wir trauern um unser ehemaliges Mitglied, unseren Genossen Abbas Abdel Gadir, der in der vergangenen Woche in einem Berliner Seniorenheim verstorben ist.

Von Sascha Staničić, Sol-Bundessprecher

Abbas wurde 2004 Mitglied der SAV (Vorläuferorganisation der Sol) und war bis zur Spaltung der Organisation im Jahr 2019 aktives Mitglied. Sein Gesundheitszustand ließ es nicht zu, dass er an den damaligen politischen Debatten teilnahm und er fühlte sich seitdem beiden Organisationen und allen seinen langjährigen Mitstreiter*innen verbunden.

Abbas war sein Leben lang ein Kämpfer gewesen. Als Mitglied der Kommunistischen Partei des Sudan kämpfte er in jungen Jahren in der Guerilla. In Deutschland war er dann Gewerkschafter und Betriebsrat. Als ich ihn 2004 kennen lernte und mit ihm begann über Marxismus und Trotzkismus zu diskutieren, war er schon nicht mehr der überzeugte Stalinist, der er – nach eigenen Worten – in der Vergangenheit gewesen war (gerne erzählte er lachend, dass früher in seinem Zimmer ein Stalin Porträt hing), aber die Ideen des Trotzkismus und der Theorie der Permanenten Revolution waren für ihn wie ein Jungbrunnen. Er wurde mit großer Überzeugung Mitglied unserer Organisation und sagte oft, wie sehr er es bedauerte, uns nicht früher getroffen zu haben. Dass seine Genossen in der kommunistischen sudanesischen Exilgruppe in Berlin mit ihm nichts mehr zu tun haben wollten, als er Trotzkist geworden war, schien seine Überzeugung nur zu stärken. Abbas war immer einer der Aktivposten in unserer Gruppe in Berlin-Neukölln und auch aktiv in der WASG und später der Partei Die Linke.

Er war ein kleiner, ruhiger und bescheidener Mann, der sich nie in den Vordergrund drängte, aber immer sehr viel Wärme und Herzlichkeit ausstrahlte und der immer wissen wollte, wie es den Genossinnen und Genossen geht.

Eines Tages erzählte er uns, dass er in einem Park von drei Faschisten angegriffen worden war. Entsetzt fragten wir ihn, was geschehen sei und wie es ihm ginge. Und Abbas erzählte in aller Seelenruhe, dass an dem Ort des Angriffs glücklicherweise eine Baustelle war und er eine Metallstange greifen konnte. Plötzlich sei alles, was er in der Guerilla über Nahkampf gelernt hatte, wieder präsent gewesen – und dieser kleine schmächtige Mann hat drei Nazis in die Flucht geschlagen!

Wir hatten in den letzten Jahren leider den Kontakt zu Abbas verloren. Die Pandemie unterbrach unsere Besuche und wir haben leider darin versagt, sie wieder aufzunehmen. Sein zunehmendes Alter und Demenz machten es auch Abbas unmöglich, mit uns in Kontakt zu treten. Aber wir halten sein Andenken in der Sol lebendig und werden seinen lebenslangen Kampf für eine sozialistische Veränderung der Gesellschaft fortsetzen.

Und irgendwann wird in Neukölln eine Straße nach diesem tollen Menschen und Genossen benannt werden.

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