Großbritannien: Schluss mit Rassismus und Islamhass

Kampf für einen sozialistischen Wandel

Nach mehr als einer Woche schrecklicher gewalttätiger, rassistischer und islamfeindlicher Angriffe gingen am 7. August zahlreiche Menschen bei Gegenprotesten auf die Straße. Millionen von Schwarzen und Asiat*innen, insbesondere Muslim*as, leben in Angst. Das ist der gewünschte Effekt der rechtsextremen Hetzer*innen, die Gewalt und Einschüchterung schüren.

Editorial des „Socialist“ vom 14. August, der Wochenzeitung der Socialist Party in England und Wales, Schwesterpartei der Sol und Sektion des CWI

Die enormen Ausmaße der antirassistischen Proteste – über 10.000 in Walthamstow im Osten Londons und 3.000 in Newcastle an einem Mittwochabend in kürzester Zeit – sollten die Zuversicht vermitteln, dass die überwältigende Mehrheit der Menschen in der Gesellschaft die gefährlichen und verabscheuungswürdigen Ideen der extremen Rechten ablehnt. Und dass es viele gibt, die bereit sind, unsere Gemeinschaften vor rassistischen Angriffen zu schützen.

Als Beweis für die Ablehnung der rechtsextremen Gewalt in der Bevölkerung titelte sogar die rechtsgerichtete Zeitung Daily Mail, die unter dem Druck steht, die Stimmung ihrer Leser*innen widerzuspiegeln, auf der Titelseite am 8. August: „Die nächtlichen Anti-Hass-Märsche haben die Schläger zur Strecke gebracht“.

Nur 2 Prozent der von YouGov am 5. und 6. August befragten Personen „unterstützen die Unruhen bei den Protesten nachdrücklich“, darunter nur 5 Prozent derjenigen, die bei den Parlamentswahlen für Reform UK gestimmt haben.

Der Trend geht dahin, dass die Befragten in Großbritannien angeben, dass sie sich wohler fühlen, wenn sie mit Schwarzen, Muslim*innen und Migrant*innen zusammenleben. Aber wie bei jedem Thema sind die Einstellungen und Ideen gemischt und komplex. Eine Mehrheit will stärkere Maßnahmen zur Ausgrenzung illegaler Migrant*innen ergreifen, doch in Umfragen findet sich auch eine Mehrheit, die zum Beispiel mehr tun will, um Flüchtlingen zu helfen.

Ist das ein Wunder? Großbritannien ist vielfältiger denn je, eine*r von fünf Briten ist kein „weißer Brite“. An den Streikposten während der gesamten Streikwelle versammelten sich Arbeiter*innen aller Schichten, um gegen die Tories und die Bosse zu kämpfen.

Rassistische Spaltung

Auf der anderen Seite haben kapitalistische Politiker*innen aller Couleur und Herkunft rassistische Sündenböcke für Einwanderer eingesetzt, um von dem Versagen ihres Profitsystems abzulenken, das keine anständigen Löhne, Wohnungen, Dienstleistungen und eine Zukunft für junge Menschen bietet.

Nigel Farage von Reform ist ein besonders abscheulicher Politiker, der ständig spaltende, migrant*innenfeindliche Rhetorik verbreitet. Aber sich ausschließlich auf ihn und seine Partei zu konzentrieren, lässt den Rest der kapitalistischen Politiker*innen aus dem Spiel. Die Tories haben die letzten Jahre ihrer Regierungszeit damit verbracht, unaufhörlich über Migrant*innen auf kleinen Booten zu reden und sich an dem teuren politischen Theater der Abschiebeflugpläne nach Ruanda zu beteiligen. In einem Interview mit der „Sun“-Zeitung vor den Parlamentswahlen nannte der jetzige Labour-Premierminister Keir Starmer Menschen aus Bangladesch als Beispiel für Migrant*innen, die „abgeschoben“ werden sollten.

Alle diese Politiker*innen unterstützen Privatisierungen und Kürzungen bei den öffentlichen Diensten und unternehmen nichts Substanzielles, um den sinkenden Lebensstandard oder die Wohnungs- und Lebenshaltungskostenkrise anzugehen.

Diese jüngste Welle rassistischer Gewalt ist eine Warnung vor dem, was unter einer Labour-Regierung passieren kann, die die Sparpolitik der Tories fortsetzt – sie hat bereits die Winterheizhilfe für Rentner*innen gekürzt und verspricht weitere Kürzungen in Milliardenhöhe. Auch die Wahl von fünf Reform-Abgeordneten ins Parlament ist eine Warnung.

Proteste gegen Rassismus

Die Tausenden von jungen Menschen und anderen, die gegen rassistischen Hass demonstrieren, sind motiviert, Veränderungen herbeizuführen, damit wir in einer Gesellschaft leben können, die frei von Rassismus, Islamhass und Spaltung ist. Der Weg, möglichst viele Menschen zu mobilisieren, um für diese Art von Veränderung zu kämpfen, besteht darin, den Kampf gegen Rassismus mit dem Kampf für Arbeitsplätze, Wohnungen, Dienstleistungen und eine menschenwürdige Zukunft für junge Menschen zu verbinden. Deshalb hat die Socialist Party (CWI England & Wales) unsere Plakate mit dem Slogan „Jobs, homes and services for all – smash racism“ (Arbeitsplätze, Wohnungen und Dienstleistungen für alle – bekämpft Rassismus, A.d.Ü.) zu den Protesten mitgenommen.

Wenn die 6,5 Millionen Mitglieder starke Gewerkschaftsbewegung einen Kampf für diese Dinge anführen würde – und dabei Arbeiter*innen und junge Menschen aus allen Schichten zusammenbringen würde – dann würde sie der enormen Wut und Unzufriedenheit, die unter der Oberfläche der Gesellschaft herrscht, Ausdruck verleihen.

Diese Wut und Unzufriedenheit über das Establishment erklärt die massenhafte Stimmenthaltung bei den Wahlen, einen Teil der Unterstützung für Reform bei den Parlamentswahlen und wird auch von vielen jungen Menschen aus der Arbeiter*innenklasse zum Ausdruck gebracht, die ins Umfeld einiger der Krawalle geraten sind.

Gewerkschaften müssen handeln

Die Mitglieder der Socialist Party haben sich dafür eingesetzt, dass die Gewerkschaften auf nationaler Ebene ihre beträchtliche Zahl und ihre Ressourcen sowie ihre politische Autorität nutzen, um ihre Mitglieder zur Teilnahme an den antirassistischen Protesten zu mobilisieren. Unsere Mitglieder, die in die nationalen Vorstände der Gewerkschaften gewählt wurden, haben die Forderung erhoben, dass der Gewerkschaftskongress in seinem eigenen Namen zu einer Samstagsdemonstration aufruft, die die Forderung nach Arbeitsplätzen, Wohnungen und Dienstleistungen im Kampf gegen den Rassismus stark macht. Eine landesweite Massenmobilisierung wäre eine Demonstration der Stärke und würde das Vertrauen der Arbeiter*innen stärken.

Es ist auch notwendig, sich zu organisieren, um unsere lokalen Gemeinschaften zu verteidigen, wenn sie unter Beschuss geraten. Ein Merkmal der jüngsten rechtsextremen Angriffe war die große Anzahl von Drohungen und potenziellen Zielen, die durch Posts auf verschiedenen Social-Media-Plattformen angeheizt wurden. Dies stellt eine Herausforderung für die kurzfristige Organisation von Gegenprotesten dar.

Um diese Herausforderungen zu bewältigen, führt kein Weg an der Notwendigkeit vorbei, die Organisation der Arbeiter*innenklasse zu stärken und zu konsolidieren. In vielen Gebieten haben gut organisierte lokale Gewerkschaftsräte mit Delegierten, die Tausende von Arbeiter*innen in einer Stadt oder einem Gebiet vertreten, eine entscheidende Rolle bei der Mobilisierung von Lohnabhängigen zur Unterstützung von Gegendemonstrationen gespielt. Dies muss weiter ausgebaut werden – einschließlich der gewerkschaftlichen Begleitung von Gegenprotesten zur Gewährleistung der Sicherheit und einer wirksamen taktischen Koordinierung.

Die Verteidigung unserer Gemeinden gegen rassistische Angriffe, der Aufbau eines vereinten Kampfes der Arbeiter*innen für alles, was wir brauchen, die Untergrabung der Unterstützung für und der Kampf gegen reaktionäre Ideen aller Art, die Stärkung des Organisationsgrades der Arbeiter*innenklasse und die Entwicklung einer politischen Stimme der Arbeiter*innen – all das geht Hand in Hand.

Wir bauen eine Partei auf, die sich an all diesen Kämpfen beteiligt und für die sozialistische Umgestaltung der Gesellschaft kämpft, die darauf beruht, dass die Kommandohöhen der Wirtschaft und die Banken in demokratisches öffentliches Eigentum überführt werden. Unter der demokratischen Kontrolle und Verwaltung der arbeitenden Mehrheit könnten der Reichtum und die Ressourcen der Gesellschaft für die Befriedigung aller unserer Bedürfnisse genutzt werden. Dies ist ein notwendiger Bestandteil des Kampfes zur endgültigen Beseitigung von Rassismus und Ungleichheit.