Die Linke: Was tun?

Wie kann die Parteilinke auf den Niedergang reagieren?

Die Krise der Linken hat auch mit dem Austritt von Sahra Wagenknecht und ihren Unterstützer*innen kein Ende gefunden. Die Hoffnung vieler Parteimitglieder, nun gehe es wieder aufwärts, ist geplatzt. Von den 3000 Neueintritten in den letzten Monaten merkt man nicht viel und bei Wahlen und in Meinungsumfragen geht es weiter bergab. Nun haben die Parteivorsitzenden Janine Wissler und Martin Schirdewan angekündigt, beim Bundesparteitag im Oktober nicht erneut zu kandidieren. Unmittelbar nach dieser Ankündigung erklärten Ines Schwerdtner und Jan van Aken ihre Kandidaturen.Was sind die Aufgaben der Parteilinken in dieser Situation?

Von Sascha Staničić, Sol-Bundessprecher und Linke-Mitglied

Ines Schwerdtner und Jan van Aken haben in Interviews mit dem ND zum Ausdruck gebracht, dass sie keine großen inhaltlichen Veränderungen vornehmen wollen, sondern davon überzeugt sind, die unterschiedlichen politischen Vorstellungen in der Partei zu vereinigen und durch eine andere Kommunikation, eine andere Form von Politik oder durch die Konzentration auf Kernthemen (Schwerdtner) aus der Krise kommen zu können.

Um eine Krise aber zu lösen, muss man sie analysieren. Die Ursache der Krise der Linkspartei liegt nicht in der Zerstrittenheit oder schlechter Kampagnenführung und Kommunikation. Das alles ist nur Ausdruck der politischen Programmatik und Ausrichtung und der politischen Widersprüche der Partei. 

Ohne Kurswechsel keine Wende

In den letzten Jahren haben zu viele Menschen diese Erfahrung mit der Linkspartei gemacht: in Landesregierungen und Kommunen verwaltet sie die kapitalistischen Missstände mit und übernimmt Verantwortung für Kürzungen und Verschlechterungen für die Masse der Bevölkerung anstatt sich zu widersetzen. Gerade das vom Linke-Ministerpräsidenten Bodo Ramelow regierte Thüringen hat sich dadurch hervorgetan, dass es sich nicht grundlegend von anderen Bundesländern unterschieden hat. Eine Linke, die keine linke Politik durchsetzt, braucht niemand. Kein Wunder, dass dann die AfD den berechtigten Unmut aufgreifen und in rassistische und nationalistische Bahnen lenken kann. 

Nötig wäre daher ein radikaler Kurswechsel hin zu einer klassenkämpferischen Politik, die sich nicht an den vermeintlichen Sachzwängen des Kapitalismus orientiert, sondern an den Bedürfnissen der Arbeiter*innenklasse und sozial Benachteiligten. Eine solche Politik hätte eine sozialistische Perspektive zur Voraussetzung, also die Haltung, die heutigen Kämpfe und Auseinandersetzungen als Teil des Kampfes für eine grundlegende Veränderung der Gesellschaft anzugehen. Das würde vor allem bedeuten, auf Massenmobilisierungen und die Selbstorganisation von Arbeitenden zu setzen, nicht zuletzt dadurch innerhalb der Gewerkschaften für eine kämpferische und antikapitalistische Politik einzutreten. Ein solcher Kurswechsel würde Regierungskoalitionen mit prokapitalistischen Parteien ausschließen. Aus einem solchen politischen Kurswechsel würden sich dann notwendige Veränderungen in der Struktur, Arbeitsweise und Kommunikation in der Partei ergeben, wie zum Beispiel die Begrenzung von Diäten und Hauptamtlichen-Löhnen auf einen durchschnittlichen Facharbeiter*innenlohn, einen Ausbau der innerparteilichen Demokratie und vor allem mehr Kampagnenarbeit in Arbeiter*innenstadtteilen und Betrieben. 

Aufgaben der Parteilinken

Das Problem ist: es spricht wenig dafür, dass sich in der Linkspartei ein solcher Kurswechsel in absehbarer Zeit durchsetzen kann. Dazu sind die Kräfte in den Apparaten und Fraktionen der Partei, die ihren Frieden mit dem Kapitalismus gemacht haben, zu stark. Trotzdem ist Die Linke die einzige in Parlamenten vertretene Partei, die einen sozialistischen Anspruch hat, Opposition gegen die herrschende Politik zum Ausdruck bringt und Bewegungen und gewerkschaftliche Kämpfe wenigstens oftmals unterstützt. Es ist deshalb in der gegenwärtigen Situation richtig, wenn Sozialist*innen die Partei nicht verlassen, zu ihrer Wahl aufrufen und sich für den oben skizzierten Kurswechsel einsetzen. Gleichzeitig sollten sie ihre begrenzte Zeit und Energie nicht in fruchtlosen innerparteilichen Kämpfen aufreiben, sondern ihre Kraft darauf konzentrieren erstens eine klare politische Alternative zu formulieren, zweitens exemplarisch eine andere Politik umsetzen, wo dies in Parteistrukturen möglich ist und drittens in Bewegungen und Klassenkämpfen eingreifen und dort Kräfte sammeln, die eine Rolle spielen können, wenn sich die Frage eines sozialistischen Kurswechsels bzw. der Bildung einer neuen sozialistischen Arbeiter*innenpartei in Zukunft erfolgversprechend stellen wird. Das wird zweifelsfrei geschehen, aber nur auf der Basis großer Klassenkämpfe und der Herausbildung einer Schicht neuer Aktiver in Gewerkschaften, Bewegungen und dem linken Flügel der Linkspartei. 

Keine faulen Kompromisse

Wichtig ist es, dass Parteilinke bis dahin keine faulen Kompromisse eingeht, um die oftmals beschworene „Einheit und Geschlossenheit“ der Partei nicht zu gefährden, wie es die Strömung „Bewegungslinke“ in den letzten Jahren gemacht hat. Diese trägt eine große Mitverantwortung für den heutigen Zustand der Partei, weil sie auf der Parteilinken die Opposition gegen Regierungsbeteiligungen mit prokapitalistischen Parteien aufgeweicht hat und einen prinzipienlosen Block mit Teilen der Parteirechten eingegangen ist. Die Antikapitalistische Linke hat den Fehler gemacht, sich von der anfänglichen Dynamik der Bewegungslinken blenden zu lassen und diese weitgehend unkritisch zu unterstützen statt eine klare inhaltliche Trennlinie zu ziehen, punktuelle Zusammenarbeit zu betreiben, aber sich selbst als die sozialistische Alternative innerhalb der Partei zu präsentieren. Wäre das geschehen, könnte die AKL heute eine stärkere Position haben. Daraus sollten die Lehren gezogen werden.