Geht die Jugend nach rechts?

AfD und Co. bieten keinen Ausweg aus der kapitalistischen Krise

Jugendliche blicken immer pessimistischer in die Zukunft. Zu diesem Schluss kommen zahlreiche Studien der letzten Monate. Kein Wunder: Wer heutzutage die Schule verlässt, tritt in eine Welt geprägt von Preissteigerungen, Kriegen und Klimawandel. Das Versprechen, dass jüngere Generationen es einmal besser haben werden, als jene vor ihnen, hat sich ins Gegenteil umgekehrt. Auf der Suche nach politischen Antworten zu den multiplen Krisen scheint ein wachsender Teil der Jugend nach rechts zu blicken.

Von Caspar Loettgers, Berlin

Bei der EU-Wahl im Juni stimmten rund 16 Prozent der 16- bis 24-Jährigen für die AfD. Drei Jahre zuvor erreichte die AfD gerade mal sieben Prozent bei jungen Wähler*innen. Die CDU, die unter Friedrich Merz vor allem mit Hetze gegen Migrant*innen und Bürgergeldbezieher*innen auffiel, erreichte dieses Jahr 17 Prozent. Die Unterstützung für die Ampel-Parteien brach gleichzeitig ein.

Unzufriedenheit mit Ampel

Die schwindende Unterstützung für die Ampel ist kein Jugendphänomen. Schließlich ist die Koalition eine der unbeliebtesten Regierungen in der Geschichte der BRD. Doch viele Maßnahmen der Ampel trafen Jugendliche besonders hart. Schon die Isolation während der Corona-Pandemie ließ psychische Erkrankungen unter Jugendlichen in die Höhe schießen und auch von vielen Sparmaßnahmen und Preissteigerungen sind Jugendliche besonders betroffen.

Nun sind offenbar viele Jugendliche auf der Suche nach einer Alternative. Für einen Teil scheint die AfD einen Versuch wert. Einerseits, weil sie sicherlich als konsequenteste Opposition zur Regierung gesehen wird. Andererseits kann der Rassismus der AfD bei manchen verfangen, weil keine überzeugend linke Alternative angeboten wird.

Keine Partei überzeugt

Die aktuelle Krise lässt Jugendliche jedoch nicht nur nach rechts blicken. In Umfragen gab die Mehrheit der Jugendlichen an, von keiner Partei überzeugt zu sein, also auch nicht von der AfD. Rund ein Drittel aller jungen Wähler*innen gab einer Partei ihre Stimme, die nicht in einem Landtag oder im Bundestag vertreten ist. Viele von diesen warben mit linken oder ökologischen Themen. Die Mehrheit innerhalb der Jugend ist also nicht überzeugt von den etablierten Parteien, aber auch nicht von der AfD. 

Gleichzeitig waren viele Jugendliche auch an den riesigen Protesten Anfang des Jahres gegen die AfD beteiligt. Viele organisierten gerade im ländlichen Raum im Osten die ersten Demos gegen Rechts seit Jahren.

Die Linke 

Leider kann Die Linke von dieser Unzufriedenheit nicht profitieren. Zwar erreichte sie bei den EU-Wahlen unter jungen Wähler*innen noch sechs Prozent, mehr als im bundesweiten Durchschnitt. Gleichzeitig war das weniger als in der Vergangenheit. Die Linke hat in den letzten Jahren in Bezug auf die Pandemie, den Ukraine-Krieg oder Gaza versagt, ein sozialistisches Programm vorzulegen, das sich von den übrigen Parteien abhebt. In verschiedenen Bundesländern hat sich die Partei an Regierungen beteiligt, deren Politik sich nicht grundlegend von der anderer Bundesländer unterschieden hat. Hinzu kommt die Enttäuschung vieler jungen Menschen mit Massenbewegungen wie “Fridays for Future”, die keine Verbesserungen erreichen konnten. 

Gefahr von Rechts

Dass nur ein Teil der Jugend AfD wählt, sollte aber keine Entwarnung auslösen.. Wenn der Frust vieler Jugendlichen keinen politischen Ausdruck von links findet, werden rechte Rattenfänger ihre Unterstützung ausbauen können. Schon jetzt warnen die Landesschüler*innenräte der ostdeutschen Bundesländer in einer Erklärung: “Tische und Wände, welche mit Hakenkreuzen versehen sind, Klassen- oder Jahrgangsgruppen gefüllt mit verfassungsfeindlichen Symbolen (…) sind an manchen Stellen keine Randphänomene mehr.“

Bei den Nazi-Provokationen gegen die CSD-Paraden in Bautzen und Leipzig waren auffällig viele Jugendliche beteiligt und auch die rechten Übergriffe in Dresden und Grevesmühlen gingen von Minderjährigen aus. Das ist kein Massenphänomen, sollte aber eine Warnung für alle Antifaschist*innen sein.

Sozialistische Alternative nötig

Um den Rechten etwas entgegenzusetzen, muss die Ursache für die vielfältigen Missstände, mit denen Jugendliche konfrontiert sind, beim Namen genannt werden: der Kapitalismus. Es ist das kapitalistische System, das verantwortlich ist für Kriege, die fehlenden Maßnahmen gegen den Klimawandel oder Preissteigerungen, die unsere Löhne dahin schmelzen lassen. Nur, wenn wir uns gemeinsam gegen die Profiteure dieses Systems, die Bosse und Vorstände der großen Banken und Konzerne wehren, können wir uns eine lebenswerte Zukunft erkämpfen und die AfD und Co. zurückdrängen.