Interview mit Magdalene Waldeck zur Tarifrunde „Geld- und Wertdienstleistungen“
Aktuell läuft für tausende Beschäftigte in Geld- und Wertdienstleistungen die bundesweite Tarifrunde. Solidaritaet.info sprach mit Magdalene Waldeck, zuständige ver.di-Sekretärin in Berlin-Brandenburg.
Hallo Magda, letzte Woche starteten die Tarifverhandlungen “Geld- und Wertdienstleistungen”. Worum geht es?
Der Flächentarifvertrag für die Geld- und Wertdienste wird in der gesamten Bundesrepublik für rund 11.000 Beschäftigte neu verhandelt – sowohl Lohn als auch Bestandteile aus dem Manteltarifvertrag sollen verbessert werden. Die Lohnforderungen liegen im Schnitt bei 16 Prozent, in Berlin-Brandenburg im stationären Bereich beispielsweise 18 Euro pro Stunde. Aktuell bekommen die Kolleg*innen 15,33 Euro pro Stunde. Darüber hinaus fordern wir, dass jede arbeitstägliche Stunde über die 8 Stunden Regelarbeitszeit mit einem Überstundenzuschlag vergütet wird, ein bundeseinheitliches Urlaubs- und Weihnachtsgeld und 31 Tage Urlaub für alle Beschäftigten bundesweit. Da gibt es bisher sehr unterschiedliche Regelungen.
Es geht um die Kolleg*innen, die das Land mit Bargeld versorgen. Die Behauptung der Arbeitgeber, dass die Arbeitsplätze gefährdet seien, weil die Nachfrage nach Bargeld sinke, ist falsch. Die Kolleg*innen kämpfen dauerhaft mit Unterbesetzung und aufgrund der hohen Belastung und Arbeitsdichte auch mit hohen Krankenquoten.
Was für unterschiedliche Regelungen sind das, wie kam es dazu?
Nachdem die Sicherheits- und Wertbranche vor Jahrzehnten zerschlagen wurde, um mehr Profit aus den einzelnen Sektoren zu pressen und die Organisierung der Belegschaften zu schwächen bzw. immer mehr Wettbewerber auf den profitablen Markt drängten, zersprenkelte sich die Branche immer weiter, sodass es nur noch länderspezifische Tarifverträge gab. 2006 wurden dann alle Tarifverträge wieder zu einem Bundestarifvertrag zusammengeführt, jedoch gibt es seitdem zum Teil große Differenzen in den verschiedenen Bundesländern. Vor allem in Ostdeutschland werden die Beschäftigten schlechter bezahlt als in den “alten” Bundesländern. Seitdem wird gewerkschaftlich versucht, eine Angleichung für alle zu schaffen.
Wie liefen die Vorbereitungen bei ver.di auf die Tarifrunde? Sind die Kolleg*innen kampfbereit?
Es gab zwei große physische Tarifkonferenzen mit den aktiven Kolleginnen und Kollegen aus den Betrieben. Vor allem die zweite Konferenz war ein sehr enthusiastischer Auftakt, der die Forderungen konkretisiert und die Kolleg*innen motiviert in die Betriebe zurückgeschickt hat. Seitdem gibt es regelmäßige digitale Tarifbotschafter*innen-Videokonferenzen, auf denen über die Mobilisierung diskutiert und in den nächsten Wochen dann auch zeitnah nach den Verhandlungen informiert wird.
Es soll einen bundesweiten Stärketest am 17./18. September geben, bei dem Fotos der Kolleg*innen gesammelt werden und damit verbunden eine Betriebetour, um alle über die Tarifrunde zu informieren und mit den Kolleg*innen vor Ort ins Gespräch zu kommen bzw. auf einen möglichen Arbeitskampf zu sensibilisieren und zu mobilisieren.
Die Kolleg*innen sind absolut kampfbereit. Das ist bereits bei der Arbeitgeberseite angekommen, sodass fast flächendeckend bei Prosegur, dem größte Arbeitgeber in dem Bereich, sogar unsere Aktionen verboten wurden bzw. uns das Zutrittsrecht an den Aktionstagen verwehrt wird – mit Ausnahme vom Standort in Potsdam. Da sind wir gerade in der rechtlichen Prüfung und Auseinandersetzung, wie wir damit weiter verfahren.
Am 05./06. September haben die ersten Verhandlungen stattgefunden. Wie verhalten sich die Bosse?
Es gibt eine absolute Blockadehaltung gegenüber unseren Forderungen. Zusätzlich planen die Bosse massive Angriffe und Verschlechterungen auf die Arbeitsbedingungen – man könne ja nicht immer nur Verbesserungen abschließen, so die Arbeitgeberseite. Die aktuelle wirtschaftliche Situation sei so angespannt, dass man keine großen Zugeständnisse machen könne.
So sind schon bei der ersten Verhandlungsrunde die Fronten komplett verhärtet, das heißt, wir gehen in den nächsten Wochen in eine massive Tarifauseinandersetzung.
Wie werdet ihr auf diese Blockadehaltung reagieren?
Die Kolleg*innen sind streikbereit und unsere Antwort wird Arbeitskampf sein.
Kann man die Kolleg*innen irgendwie unterstützen? Sind Proteste geplant?
Es wird überregionale Aktionen geben, sodass sich die Kolleg*innen über Solidaritätsaktionen und -besuche freuen. Die Geld- und Wertdienste sind ein sehr unterschätzter Dienstleistungsbereich, der harte Arbeitsbedingungen hat und nicht ausreichend wertgeschätzt wird. Solidarität ist daher umso wichtiger, um den Kolleg*innen den Rücken zu stärken, insbesondere für den Fall, dass Warnstreiks nicht ausreichen.