Schlimmste Einsparungen seit 1990 – Widerstand erfasst die Stadt
Etwa siebzig Millionen sollen 2025 und weitere achtzig Millionen 2026 im Dresdner Stadthaushalt eingespart werden. Inzwischen erfasst der Widerstand gegen diese Kürzungen weite Bereiche der Stadtgesellschaft. Dieser Haushalt ist arbeiter*innenfeindlich. Die beabsichtigte Privatisierung der Stadtreinigung wird enorme Kostensteigerungen für die Nutzer*innen, schlechtere Bezahlung für die Beschäftigten und eine verschlechterte Versorgung nach sich ziehen.
von Steve Hollasky, Dresden
Zudem droht bei den Dresdner Verkehrsbetrieben (DVB) der Abbau von 200 Stellen. Zu Teilen wird dieser Abbau mit betriebsbedingten Kündigungen durchgesetzt werden.
…familienfeindlich
Zukünftig soll ein Kita-Platz in Dresden 349, statt wie bisher 242 Euro kosten. Somit wird das Kindergeld in Zukunft nicht einmal mehr dafür reichen. Zahlreiche geplante Kitas sollen zudem nicht gebaut werden.
…kinder- und jugendfeindlich
Es sollen 300.000 Euro bei den öffentlichen Bibliotheken eingespart werden. Insbesondere Angebote für Kinder und Jugendliche sollen gestrichen werden. Ein Neubau für eine Oberschule, die ihr altes Gebäude aktuell mit einem Gymnasium teilt und aus allen Nähten platzt, soll gestrichen werden.
Zahlreiche Freizeitangebote für Kinder und Jugendliche, wie der Kindertreff Känguruh, sollen ersatzlos gestrichen und die Schulsozialarbeit drastisch zusammengestrichen werden. Einige Schulen werden bald keine Sozialarbeiter*innen mehr haben; viele auf die Etablierung dieses Angebots weiterhin vergebens warten.
Die Verlängerung der Taktzeiten bei den DVB bedeutet für Jugendliche, dass sie früher aufstehen müssen, um zur Schule zu kommen, und einen beschwerlicheren Weg zu und von Freizeitaktivitäten haben werden.
…gefährlich
Die Stadtspitze will 700.000 Euro bei der Feuerwehr sparen: Es sollen Weiterbildungen deutlich begrenzt und keine neuen feuerfesten Anzüge gekauft werden, obwohl die alten verschlissen sind. Zudem soll eine Feuerwache für 15 Millionen Euro nicht gebaut werden.
Die komplette Streichung der Straßensozialarbeit für Erwachsene (Safe Dresden) wird Menschen, die Suchterkrankungen haben oder obdachlos sind, gefährden. Safe Dresden fürchtet, dass Menschen durch den Wegfall ihres Hilfsangebots sterben könnten.
…migrant*innenfeindlich
Zahlreiche Integrationsangebote und Angebote der Migrationssozialarbeit sollen nach dem Willen der Stadtspitze verschwinden.
…armenfeindlich
Die „Liste der Grausamkeiten“, wie die Kürzungen inzwischen genannt werden, treffen so ziemlich alle Menschen, die in Dresden leben – unabhängig von Herkunft, Religion, Hautfarbe, Geschlecht und Alter. Je ärmer man ist, desto härter treffen einen die Sparmaßnahmen. Die beiden ärmsten Stadtteile Prohlis und Gorbitz sind besonders von den Kürzungen betroffen. In Prohlis wird das Beratungsangebot für Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen (GerDA) gestrichen, ebenso der Kinder- und Jugendtreff Mareike.
In Gorbitz sollen das Schwimmbad, Safe Dresden und die GerDA werden.
…ein Geschenk für Superreiche
Das Geld für einen bedarfsgerechten Haushalt wäre objektiv da: Deutschland ist das drittreichste Land der Erde. Doch von dem sagenhaften Vermögen von 18 Billionen Euro halten die reichsten zehn Prozent zwei Drittel. Die anderen neunzig Prozent, die den Reichtum täglich erwirtschaften, haben ein Drittel oder gar Schulden.
Und gespart wird immer nur bei denen. Steuergeschenke an die Superreichen haben die öffentlichen Kassen geleert. Der Sparhaushaushalt von Dresden hilft damit auch wieder den Superreichen, ihr Vermögen zusammenzuhalten.
…ein Grund zum Widerstand
Seit Wochen wehren sich Menschen in Dresden gegen die drohenden Einsparungen: 250 Schüler*innen, Lehrer*innen und Eltern gingen gegen die angedrohten Einsparungen bei der Schulsozialarbeit auf die Straße. Die Fans von Dynamo Dresden protestierten mit einer Transparentaktion während eines Spiels gegen die Kürzungen. Auch die Anhänger*innen des Dresdner Sportclubs forderten die Dresdner*innen auf, zu den Protesten gegen die Kürzungen zu kommen.
Das von Sol-Mitgliedern mit ins Leben gerufene „Bündnis gegen Kürzungen“ hatte bereits am 6. November eine Anhörung organisiert, zu der 150 Menschen kamen. Dort berichteten betroffene Einrichtungen und Initiativen von den bevorstehenden Folgen der Kürzungsmaßnahmen.
Am 21. November versammelten sich 3000 Menschen vor dem Dresdner Rathaus, um gegen die „Liste der Grausamkeiten“ zu protestieren.
…und ein Anlass für Massenproteste!
Dringend nötig wäre jetzt eine Widerstandskonferenz, auf der Betriebs- und Personalräte, Gewerkschaften und Betroffene über die nächsten Schritte im Kampf gegen die Kürzungen beraten und Streik- und Besetzungsmaßnahmen diskutieren. Sol-Mitglieder haben das dem Bündnis vorgeschlagen.
Nicht nur in Dresden, auch in Görlitz, im Erzgebirge und außerhalb muss Widerstand aufgebaut werden. Hilfreich dabei wären entschlossene und kämpferische Gewerkschaften und eine sozialistische Linke, die nicht wie die Linke aktuell einerseits auf Bürgermeisterposten mit spart und andererseits Position gegen die Kürzungen bezieht, sondern ihre Strukturen zur Organisierung des Kampfes zur Verfügung stellt und eine Alternative zum kapitalistischen System anbietet.
Im aktuellen Kampf in Dresden geht es nun darum, den Druck auf den Stadtrat mit Streiks, Jugendaktionen, Großdemonstrationen und Besetzungen zu erhöhen.
Bericht von der letzten Demonstration: https://solidaritaet.info/2024/12/dresden-ueber-1-500-menschen-gegen-kuerzungen-auf-der-strasse/