Arbeiter*innenbewegung muss sich an die Spitze des Kampfes für demokratische Rechte stellen
Hinweis der Redaktion: In einem zweiten Anlauf hat das südkoreanische Parlament am Samstag, dem 14. Dezember, mit einer Zweidrittel-Mehrheit für die Amtsenthebung des Präsidenten Yoon Suk-yeol gestimmt. Zuvor war das Votum an den Stimmen der Regierungspartei gescheitert, die sich dem Druck der anhaltenden Massenproteste beugen musste.
Am 3. Dezember um 23.00 Uhr beschuldigte der Präsident der Republik Korea (ROK), Yoon Suk-yeol, in einer öffentlichen Ansprache seine politischen Gegner der „staatsfeindlichen Aktivitäten“, der „Kollaboration mit den nordkoreanischen Kommunisten“ und des Versuchs, die „liberale Demokratie“ des Landes zu stürzen und eine „legislative Diktatur“ zu schaffen. Der Stabschef der Armee, Park An-su, verkündete, dass „alle politischen Aktivitäten … Kundgebungen und Proteste verboten sind“. Mit dem Erlass wurden alle Medien der Kontrolle der Militärbehörden unterstellt, und die Ärzt*innen in Ausbildung, die zuvor massenhaft ihren Dienst quittiert hatten, wurden angewiesen, innerhalb von 48 Stunden an ihren Arbeitsplatz zurückzukehren, und Streiks wurden verboten.
von Carl Simmons, Japan
Gegen eine Reihe von Yoons Gegner*innenn wurden Haftbefehle erlassen, darunter gegen den Vorsitzenden der oppositionellen Demokratischen Partei (DKP), Lee Jae-myung, aber auch gegen den Vorsitzenden seiner eigenen konservativen People Power Party (PPP), Han Dong-hoon, und einigen Berichten zufolge auch gegen den Vorsitzenden des Koreanischen Gewerkschaftsbundes (KCTU), Yang Kyung-soo.
Der KCTU spielte eine zentrale Rolle beim Widerstand gegen den Putschversuch. In einer Dringlichkeitssitzung rief die KCTU-Führung ihre Mitglieder zu einem unbefristeten Generalstreik auf, bis Yoon aus dem Amt entfernt sei. Die Erinnerung an die Unterdrückung und Brutalität der autoritären Herrschaft und an die enormen Opfer, die die Arbeiter*innenklasse gebracht hat, um ihr 1987 ein Ende zu bereiten, ist in der Bewegung noch lebendig. Die Drohung, dass die Macht der organisierten Arbeiter*innenklasse erneut mobilisiert werden würde, um den Putsch von Yoon zu stürzen und die demokratischen Rechte zu verteidigen, war ausschlaggebend für den schnellen Zusammenbruch des Putsches. Während das schnelle Ende des Putsches dem Aufruf zu einem unbefristeten Generalstreik vorauseilte, hatten wichtige Arbeiter*innengruppen wie die Metallarbeiter*innen und die Eisenbahner*innen bereits Streiks durchgeführt und damit ein mutiges Zeichen der Entschlossenheit der Arbeiter*innenklasse gesetzt. Die kämpferische koreanische Arbeiter*innenbewegung hat die Chance, den künftigen Ereignissen ihren Stempel aufzudrücken und in die sich vertiefende politische Krise der herrschenden Klasse und des koreanischen Kapitalismus einzugreifen.
Putsch gescheitert
Die Nationalversammlung tagte zum Zeitpunkt von Yoons Rede nicht, und Polizeibeamt*innen blockierten die Eingänge zum Gebäude, um die Abgeordneten an der Abstimmung über die Erklärung zu hindern. In sozialen Medien, die von Millionen Menschen verfolgt wurden, riefen Oppositionsführer*innen jedoch dazu auf, sich vor dem Gebäude der Nationalversammlung zu versammeln, um gegen das Gesetz zu protestieren. Auch die meisten Fernsehsender ignorierten das Dekret und berichteten weiterhin über die sich entwickelnde Mobilisierung. Als die Mitglieder des Parlaments eintrafen, stellten sich die Demonstrierenden der Polizei und den Spezialeinheiten der Armee entgegen und halfen den Abgeordneten, über die Zäune in das Gebäude zu klettern.
Schließlich schafften es genügend Abgeordnete in die Nationalversammlung, um eine Abstimmung abzuhalten, darunter auch Abgeordnete von Yoons Partei, die einstimmig für die Aufhebung des Kriegsrechts stimmten. Sechs Stunden nach der Erklärung hatte Yoon seine Niederlage eingeräumt und das Kriegsrecht selbst aufgehoben.
In der westlichen Presse wurden dieser Putschversuch und seine Folgen zumeist als eine Verirrung in der Entwicklung der Republik Korea zu einer Bastion der liberalen Demokratie in Asien behandelt – als Ergebnis eines politisch inkompetenten und unbeliebten Präsidenten, der frustriert war, weil er seinen Haushalt und wichtige politische Maßnahmen nicht durch die von der Opposition dominierte Nationalversammlung bringen konnte, und der gegen diese vorging, um sie daran zu hindern, eine Untersuchung gegen seine Frau wegen Korruption einzuleiten. Nach diesem Narrativ zeigt die Niederlage des Putsches die Widerstandsfähigkeit der südkoreanischen „Demokratie“. Ein singapurischer Fernsehsender erklärte sogar: „Der Kapitalismus ist der unbesungene Held der südkoreanischen Demokratie“. Diese Darstellung hat wenig mit der Realität zu tun. Andere Berichte erwähnen die politische Polarisierung zwischen der Regierungs- und der Oppositionspartei, die beide fest dem Kapitalismus verpflichtet sind, und ziehen oberflächliche Vergleiche mit der US-Politik, ignorieren aber wichtige Unterschiede. Was steckt hinter dem Putschversuch von Yoon und wie wird es weitergehen?
Eine lebendige asiatische Demokratie?
Auch wenn Südkorea heute ein entwickeltes kapitalistisches Land ist, ist es kaum ein typisches Land. Als ehemalige japanische Kolonie wurde Korea nach Japans Niederlage im Zweiten Weltkrieg zwischen 1950 und 1953 in einen Krieg verwickelt. Der Koreakrieg war der erste große Konflikt des Kalten Krieges zwischen den imperialistischen Mächten und der stalinistischen Sowjetunion. Aus dem Koreakrieg gingen im Norden ein Regime nach dem Vorbild von Stalins Russland und im Süden ein verarmter und autokratischer kapitalistischer Staat hervor. Die Demokratie musste durch Massenbewegungen des Volkes erkämpft werden, die mit brutaler Unterdrückung durch rechtsgerichtete, von den USA unterstützte Regime konfrontiert waren. Mit der Entwicklung der Industrie ab den 1970er Jahren spielten die Arbeiter*innenbewegung und unabhängige Gewerkschaften eine wichtige Rolle im Kampf für demokratische Rechte. Der Aufbau demokratischer, von den Unternehmen und dem Staat unabhängiger Gewerkschaften war ein großer Sieg für die Arbeiter*innen im Kampf um Demokratie, doch wurden sie dabei von den Kapitalist*innen auf Schritt und Tritt bekämpft.
Yoons Putsch mag zwar der erste offene Putschversuch seit fast vierzig Jahren gewesen sein, doch der heutige südkoreanische Staat trägt noch immer die Spuren seiner autokratischen Vergangenheit. Als der ehemaligen Präsidentin Park Geun-hye, der Tochter des ehemaligen Diktators Park Chung-hee, 2017 ein Amtsenthebungsverfahren drohte, tauchte ein Dokument auf, aus dem hervorging, dass Teile des Militärs Pläne zur Unterdrückung der Proteste gegen Park geschmiedet hatten. Der Vorfall wurde von der Moon-Regierung, die sie ablöste, untersucht, aber die Idee wurde von vielen belächelt. Associated Press sprach mit einer Gruppe von „Militärexperten“ und kam zu dem Schluss, dass ein Staatsstreich im Südkorea des einundzwanzigsten Jahrhunderts unmöglich sei.
Das 1948 kurz vor dem Koreakrieg eingeführte Gesetz über die nationale Sicherheit ist immer noch in Kraft und sieht bis zu sieben Jahre Haft für jeden vor, der „die Aktivitäten einer regierungsfeindlichen Organisation lobt, anstiftet oder propagiert“. Im Jahr 2013 löste das Verfassungsgericht die Vereinigte Fortschrittspartei auf, eine breite, vage linke Partei, die 13 von 300 Sitzen in der Nationalversammlung gewonnen hatte, weil sie angeblich „pro-nordkoreanische Ansichten“ vertrat. Amnesty International erklärte damals, dies werfe „ernste Fragen hinsichtlich des Engagements der Behörden für die Meinungs- und Vereinigungsfreiheit auf“. Obwohl Verfolgungen in jüngster Zeit seltener geworden sind, wird der Vorwurf, pro-nordkoreanisch zu sein, wie im Falle des Putschversuchs von Yoon immer noch benutzt, um autoritäre Maßnahmen gegen Linke zu rechtfertigen, die keine Verbindung zu Nordkorea haben. Führende Mitglieder der militanten KFTU wurden sowohl unter „liberalen“ als auch unter „konservativen“ Regierungen wiederholt unter verschiedenen fadenscheinigen Anschuldigungen verhaftet.
Politische Polarisierung
Beobachter haben auf die politische Polarisierung zwischen Yoons People Power Party (ein Name, der einen falschen Eindruck erweckt) und der oppositionellen Demokratischen Partei hingewiesen. Die Demokratische Partei hat zwar ihren Ursprung in der Demokratiebewegung, die in den 1980er Jahren die Militärherrschaft stürzte, ist aber eine prokapitalistische, breit aufgestellte Partei, der Personen angehören, die in den meisten Ländern als „Mitte-Links“ bis „Mitte-Rechts“ bezeichnet würden. Aufgrund der Unterdrückung, die die Organisierung linker Parteien erschwert hat, und eines gegen sie gerichteten Wahlsystems neigt ein Großteil der koreanischen Linken, einschließlich der Gewerkschaftsführer*innen, dazu, diese Partei als „kleineres Übel“ zu unterstützen. Die DKP-Regierungen haben jedoch stets ihre Versprechen nicht gehalten und die Arbeiter*innenbewegung verraten.
Yoon wurde ursprünglich vom ehemaligen DKP-Präsidenten Moon Jae-in zum Staatsanwalt für den Bezirk Seoul Central ernannt und hatte eine Rolle bei der Verfolgung früherer Präsidenten wie Park Geun-hye und einer Reihe ehemaliger Beamter und Führungskräfte aus der Wirtschaft gespielt. Als er versuchte, eine Reihe von DKP-Vertreter*innen strafrechtlich zu verfolgen, verschlechterte sich die Beziehung.
Yoon schloss sich daraufhin der konservativen PPP an und gewann knapp die Vorwahlen der Partei, um mit einem Programm des unregulierten Freier-Markt-Kapitalismus Präsidentschaftskandidat zu werden. Er lehnte die vom ehemaligen Präsidenten Moon eingeführte 52-Stunden-Woche ab und schlug stattdessen eine Höchstarbeitszeit von 120 Stunden vor! Nachdem er die anschließenden Präsidentschaftswahlen gewonnen hatte, versuchte er, die gesetzliche Höchstarbeitszeit von 52 auf 69 Stunden zu erhöhen, musste aber unter dem Druck der Bevölkerung einen Rückzieher machen. Er sprach sich auch für eine Deregulierung der Lebensmittelsicherheitsstandards aus und argumentierte, dass es „armen Menschen erlaubt sein sollte, minderwertige Lebensmittel zu niedrigeren Preisen zu essen“. Anschließend machte er Feminist*innen für den Geburtenrückgang in Korea verantwortlich und bestritt, dass bei der Atomkatastrophe in Japan in Fukushima Strahlung ausgetreten sei.
Außenpolitik
Der unmittelbare Auslöser für den Staatsstreich von Yoon war wahrscheinlich die Untersuchung gegen seine Frau wegen Korruption. Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass der Putsch bis zu sechs Monate zuvor geplant wurde. Abgesehen von den „persönlichen Faktoren“, die die kapitalistischen politischen Parteien spalten, gab es innerhalb der südkoreanischen Eliten wesentlichere Differenzen. Der Putschversuch legte sehr reale politische Spaltungen innerhalb der herrschenden Klasse offen.
Der Aufstieg Chinas zu einer Großmacht und der Krieg in der Ukraine haben zu Veränderungen in der Außenpolitik geführt. Korea liegt an einer der Bruchlinien der, wie der IWF es nennt, „sich verschiebenden geopolitischen tektonischen Platten“ der Welt. Obwohl Südkorea fest in das US-Bündnissystem integriert ist und über 27.000 US-Truppen auf seinem Territorium stationiert sind, haben seine Eliten eine grundsätzlich pragmatische Außenpolitik verfolgt. Dazu gehört auch das Streben nach einer möglichen Wiedervereinigung der koreanischen Halbinsel, was ein Engagement sowohl mit China als auch mit Russland erfordert. Die südkoreanische Wirtschaft hat zwischen 2003 und 2023 enorm vom Handel mit China profitiert, welches zum größten Handelspartner des Landes wurde. Erst in den letzten zwei Jahren, als die Handelskonflikte zwischen den USA und China zunahmen, haben sich die Beziehungen verschlechtert, und Südkorea hat eine Politik des „De-Risking“ verfolgt und sich nach alternativen Exportmärkten und Investitionsmöglichkeiten in Südostasien umgesehen.
Ironischerweise verfolgte Yoon, der gerade einen Militärputsch gestartet hatte, um demokratische Rechte auszusetzen und politische Rivalen zu verhaften, eine Politik der „Wertediplomatie“. Sie betonte den Aufbau engerer Beziehungen zu Ländern, die „gemeinsame Werte“ mit der Republik Korea teilten. In seiner Antrittsrede verwendete Yoon etwa 35 Mal das Wort „Freiheit“. Obwohl viel von einer „von Regeln geleiteten internationalen Ordnung“ die Rede ist, bedeutet dies in Wirklichkeit eine viel härtere Gangart in den Beziehungen zu Nordkorea und China sowie eine engere Beziehung zu den USA und, was für Yoon besonders problematisch ist, zu Japan.
Die herrschende Klasse Südkoreas hat sich in der Vergangenheit mit einem antijapanischen Nationalismus überzogen, um zu versuchen, die Klassenunterschiede zu überwinden. Als ehemalige Kolonialmacht gibt es viele historische und andere Streitigkeiten zwischen Südkorea und Japan, darunter die Frage der sexuellen Sklaverei durch das Militär während des Krieges, die Entschädigung für die Zwangsarbeit von Koreaner*innen und anderen, sowie die territoriale Frage der umstrittenen Inseln Dokdo und Takeshima und der sie umgebenden Felsen, die zwischen Japan und der Republik Korea liegen.
Sozialist*innen sind zwar Internationalist*innen und treten für die größtmögliche Einheit der koreanischen und japanischen Arbeiter*innen ein, aber sie sind nicht gleichgültig gegenüber den Qualen derjenigen, die unter der Kolonialherrschaft gelitten haben. Das japanische Militärregime, das in Korea und anderen japanischen Kolonien Verbrechen beging, war auch der Feind der japanischen Arbeiter*innenbewegung. Yoons Politik fiel mit der Förderung von Bündnissen gegen China durch die Biden-Regierung zusammen und wurde daher mit Begeisterung aufgenommen. Dies führte zu einer trilateralen gemeinsamen Erklärung der drei Länder im November 2024, in der Nordkorea, China und Russland scharf kritisiert wurden.
Für Yoon bedeutete der Wunsch nach einem engeren Bündnis mit Japan, die koreanische Geschichte neu zu schreiben. Er förderte umstrittene Persönlichkeiten der koreanischen „Neuen Rechten“, die argumentieren, dass die japanische Besatzung ein positiver Faktor für die Modernisierung Koreas war. Im Jahr 2024 ernannte er umstrittene Persönlichkeiten der Neuen Rechten zum Direktor und Vorsitzenden der Unabhängigkeitshalle Koreas und löste damit Proteste der Korean Liberation Association (einer Organisation zum Gedenken an die koreanische Unabhängigkeit) und anderer aus. Seine „Lösung“ in der Frage der Zwangsarbeit, nachdem japanische Unternehmen von koreanischen Gerichten dazu verurteilt worden waren, die betroffenen Opfer zu entschädigen, beinhaltete, dass koreanische Unternehmen stattdessen die Entschädigung zahlen sollten, was Empörung und Kritik in breiten Bevölkerungsschichten auslöste.
Wie wichtig die Frage der Beziehungen zu Japan ist, zeigt sich daran, dass die von der DKP ausgearbeitete und am Samstag der Versammlung vorgelegte Amtsenthebungsresolution folgenden Absatz enthält: „Darüber hinaus hat Yoon unter dem Deckmantel der sogenannten ‘Wertediplomatie’ das geopolitische Gleichgewicht vernachlässigt, indem er Nordkorea, China und Russland gegen sich aufbrachte, eine bizarre, auf Japan konzentrierte Außenpolitik verfolgte und pro-japanische Persönlichkeiten in Schlüsselpositionen der Regierung ernannte, was zu einer Isolierung in Nordostasien führte und eine Kriegskrise auslöste, wobei er seine Pflicht zum Schutz der nationalen Sicherheit und des Volkes vernachlässigte.“
Der Krieg in der Ukraine hat weitere Probleme für Yoons Außenpolitik mit sich gebracht. Der Krieg hat Elemente eines Stellvertreterkriegs zwischen dem Norden und Süden angenommen. Der Norden hat versucht, seine Isolation zu durchbrechen, indem er engere Beziehungen sowohl zu Russland als auch zu China aufbaute, und hat Truppen in den Kampf auf russischer Seite geschickt. Südkorea, das über eine der am weitesten entwickelten Rüstungsindustrien der Welt verfügt, hat die Ukraine mit Schutzwesten und medizinischen Hilfsgütern unterstützt, hat aber bisher Ersuchen des ukrainischen Selenskyj-Regimes um die Lieferung von Artillerie und Luftabwehrsystemen abgelehnt. Yoon hat sich geweigert, die Lieferung dieser Waffen auszuschließen, und macht dies davon abhängig, was Nordkorea und die Russen in Zukunft tun werden. Er stand unter starkem Druck der öffentlichen Meinung im eigenen Land, dies nicht zu tun. Eine kürzlich durchgeführte Meinungsumfrage ergab, dass 82 Prozent der Bevölkerung gegen Waffenlieferungen an die Ukraine sind. Dies ist nicht auf Sympathie für das Putin-Regime zurückzuführen, sondern auf die Befürchtung, dass es Vergeltung üben würde, indem es den Norden mit Waffen und Technologien beliefert, einschließlich solcher, die mit seinem Atomprogramm zusammenhängen.
Wie geht es jetzt weiter?
Das Drama, das sich in der letzten Woche in Nordkorea abgespielt hat, ist definitiv noch nicht zu Ende. Yoon hat zwar die Verhängung des Kriegsrechts rückgängig gemacht, ist aber immer noch an der Macht. Trotz des massiven Drucks der Bevölkerung hat eine Meinungsumfrage ergeben, dass 72 Prozent für ein Amtsenthebungsverfahren sind. Am Samstag, dem 7. Dezember, boykottierte die regierende PPP die Abstimmung über die Amtsenthebung, sodass die Versammlung nicht beschlussfähig war. Die Demonstrant*innen vor der Nationalversammlung, die nach Angaben der Organisatoren mehr als eine Million Menschen umfassten (die Polizei schätzte die Zahl auf 150.000), brachten ihre Wut zum Ausdruck.
Kim Min-seok, ein Abgeordneter der Demokratischen Partei, der belächelt wurde, als er im August darauf hinwies, dass Yoon einen Staatsstreich vorbereite, erklärte in einem Interview mit der liberalen Zeitung Hankyoreh: „Die Erklärung des Präsidenten [des Kriegsrechts] war nur zwei oder drei Stunden lang gültig. Aber das ist wahrscheinlich nur die erste Welle. Die Glut ist noch nicht erloschen.“ Ein zweiter Putschversuch ist zwar nicht die wahrscheinlichste Entwicklung, kann aber nicht ausgeschlossen werden. Die Opposition hat recht, wenn sie fordert, dass Yoon sofort gehen muss.
Die PPP fürchtet ein Amtsenthebungsverfahren gegen Yoon, weil die Präsidentschaftswahlen, die dann innerhalb von sechzig Tagen abgehalten werden müssten, für sie wahrscheinlich ein katastrophales Ergebnis bedeuten würden. Die Partei versucht wahrscheinlich, die Wahlen bis nach der Berufung des DKP-Vorsitzenden Lee Jae-myung zu verschieben, der auch der wahrscheinliche Präsidentschaftskandidat der DKP ist. Der Parteivorsitzende der PPP, Han Dong-hoon, hat von einem „geordneten Rücktritt“ gesprochen. Doch als jemand, der während des Staatsstreichs verhaftet wurde, treibt er ein gefährliches Spiel. Er hat behauptet, dass Yoon seine Befugnisse über die Armee entzogen wurden und dass er und der Premierminister die Kontrolle haben. Doch nur wenige trauen den Versprechungen, die Yoon Han gemacht hat, nämlich dass er zu einem Zeitpunkt zurücktreten wird, den die Partei selbst bestimmt.
Die Opposition hat zu Recht darauf hingewiesen, dass es keine Rechtsgrundlage für eine im Grunde genommen außergesetzliche Machtergreifung durch die Regierungspartei gibt, und hat versprochen, diese Woche weitere Anträge zur Amtsenthebung vorzulegen. Sie hat sich auch gegen andere Möglichkeiten ausgesprochen, Yoon abzusetzen, z.B. durch ein Gesetz zur Verkürzung seiner Amtszeit.
Die Kapitalist*innenklasse, sowohl in Südkorea als auch international, befürchtet, dass der Versuch von Yoon und der Regierungspartei, sich an der Macht zu halten, zu einer Vertiefung der Bewegung und ihrer Radikalisierung führen wird. Ein von der Eurasia Group am 8. Dezember veröffentlichter Bericht warnte, dass neben der Zunahme der Demonstrationen auch „Streiks und gewaltsamere Formen des Unmuts“ wahrscheinlich seien. Es ist unwahrscheinlich, dass die Volksbewegung nachlässt, und Enttäuschung kann schnell in Wut umschlagen.
In seiner jüngsten Erklärung fordert der KCTU die Auflösung der Regierungspartei PPP. Doch wer wird dies durchsetzen, das Verfassungsgericht? Wie soll das erreicht werden? Der KCTU hat seine Mitglieder dazu aufgerufen, sich an den Lichterdemonstrationen für den Sturz von Yoon zu beteiligen. Die Arbeiter*innenklasse muss sich auf ihre eigenen Kräfte stützen. Die Arbeiter*innenbewegung kann sich auch nicht auf die Oppositionsführer*innen verlassen. In der gegenwärtigen Situation sollten die Gewerkschaften die Initiative zur Bildung von Volkskomitees ergreifen, die sich auf die Betriebe stützen, aber auch Anwohner*innen und Bürger*innengruppen einbeziehen, um der Bewegung eine Richtung zu geben, Yoons Absetzung sicherzustellen und mit dem Aufbau einer wirklich sozialistischen Alternative – nicht der totalitären Karikatur im Norden – zu den prokapitalistischen politischen Parteien zu beginnen, deren Verteidigung des Profitsystems sie unfähig macht, demokratische Rechte konsequent zu verteidigen, unabhängig davon, welche Positionen sie zu Yoons versuchtem Staatsstreich eingenommen haben mögen.
Indem der KCTU die Initiative und die Führung im Kampf für die Verteidigung demokratischer Rechte übernimmt, könnte er die Grundlage für die Schaffung einer echten Massenpartei der koreanischen Arbeiter*innenklasse schaffen. Das würde die Ausweitung des Kampfes und das Aufstellen zusätzlicher Forderungen erfordern, die die Abschaffung des Nationalen Sicherheitsgesetzes und aller undemokratischen Aspekte der gegenwärtigen Verfassung Südkoreas einschließen könnten. Weit davon entfernt, dass der Kapitalismus „der unbesungene Held der südkoreanischen Demokratie“ ist, können demokratische Rechte in Korea nur dadurch gesichert werden, dass sich die organisierte Arbeiter*innenklasse an die Spitze der Massenbewegung stellt und einen entscheidenden Bruch mit dem Kapitalismus und der Macht der kapitalistischen Konglomerate vollzieht, die die Wirtschaft der Republik Korea beherrschen.
Abkürzungen:
ROK – Republic of Korea (Republik Korea)
DKP – Democratic Party (Demokratische Partei)
PPP – People Power Party (Volkskraft-Partei)
KCTU – Korean Confederation of Trade Unions (Koreanischer Gewerkschaftsbund)
KFTU – Korean Federation of Trade Unions (Koreanischer Gewerkschaftsverband)
IWF – International Monetary Fund (Internationaler Währungsfonds)
Dieser Artikel erschien am 10. Dezember 2024 auf www.socialistworld.net