TVÖD: Für die volle Durchsetzung der Forderungen bei 12 Monaten Laufzeit

Stellungnahme des Netzwerks für eine kämpferische und demokratische ver.di

Wir veröffentlichen hier eine Stellungnahme des Netzwerks für eine kämpferische und demokratische ver.di zur Tarifrunde im Öffentlichen Dienst 2025.

Mitte Oktober beschloss die Bundestarifkommission von ver.di das Forderungspaket für die Tarifrunde im öffentlichen Dienst 2025. Aus Sicht von Kolleg*innen im „Netzwerk für eine kämpferische und demokratische ver.di“ sind die Forderungen zu bescheiden. Gerade deshalb ist aber eine volle Durchsetzung bei 12 Monaten Laufzeit wichtig. Dies wird voraussichtlich nicht ohne Arbeitskampf möglich sein.

Haushaltslöcher?

Die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeber (VKA) wird in jedem Fall beklagen, dass es keinen Spielraum für Lohnerhöhungen und mehr Freizeit gibt, weil die Kassen leer seien. Der Spardruck wird durch die Neuwahlen und die Aussicht auf eine wahrscheinliche CDU-geführte Regierung noch weiter ansteigen.

Dieser sogenannten Sachzwanglogik darf die ver.di-Führung nicht nachgeben. Hinter den so genannten Sachzwänge stecken klare politische Entscheidungen. Anstatt in den Ausbau eines öffentlichen Bildungs-, Gesundheits-, Verkehrswesens, werden Milliarden in Rüstung und andere sinnlose Dinge gesteckt. Deshalb muss die politische Forderung lauten: Stopp des teuren Rüstungsprogramms und Einführung einer Milliardärsabgabe sowie einer Millionärssteuer von 10 Prozent ab einer Million Euro, damit all die notwendigen Dinge endlich angepackt werden. Dafür sollte – auch ausgehend von Tarifkämpfen – eine gesellschaftliche Anti-Kürzungsbewegung aufgebaut werden, in der nicht nur für höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen gestreikt, sondern auch für den Ausbau des öffentlichen Dienstes demonstriert wird.

Sozialpartnerschaft adé

Die sogenannte Sozialpartnerschaft hat in den letzten Jahrzehnten nicht dazu geführt, dass es der Masse der arbeitenden Bevölkerung immer ein Stückchen besser geht, sondern im Gegenteil. Es wurden immer mehr Errungenschaften aus der Vergangenheit stückweise abgebaut. Jetzt, wo es mit der Wirtschaft erneut bergab geht, soll die arbeitende Bevölkerung für die Krise zahlen, während das reiche eine Prozent in der Gesellschaft weiter profitieren soll. Wir brauchen stattdessen eine kämpferische Gewerkschaftspolitik, um den Lebensstandard sowie den öffentlichen Dienst als solches verteidigen zu können.

Vorbereitung auf Streikbewegung

Schon jetzt müssten alle Vorbereitungen auf Hochtouren laufen, um in die Lage zu kommen, einen Erzwingungsstreik zu führen. Dies erfordert die Durchführung von Versammlungen auf allen Ebenen, angefangen in den Betrieben. Darüber hinaus sollte in der gesamten ver.di-Organisation eine Solidaritätskampagne vorbereitet werden. Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass die Arbeitgeberseite mit dem öffentlichen Dienst ein Beispiel setzen will, dass Beschäftigte nun wegen der Krise den Gürtel enger schnallen müssen – gepaart mit einer Medienhetze gegen den Streik, um auch eine Streikrechtseinschränkung vorzubereiten. Es muss einen Schulterschluss unter den DGB-Gewerkschaften geben, um gegenseitige Solidarität zu organisieren und gewerkschafts- und branchenübergreifend gemeinsame Kundgebungen zu organisieren.

Streikdemokratie

Die besten Mobilisierungen gibt es, wenn Kolleg*innen in den Betrieben selbst das Heft in die Hand nehmen und mit anderen über Streikziele und die nächsten Schritte diskutieren können. Dafür ist es nötig, auch innerhalb der Tarifauseinandersetzung demokratische Strukturen zu schaffen, damit die Streikenden selbst das Heft in der Hand haben. Zur Vorbereitung wäre es dafür gut, wenn in allen Betrieben und innerhalb derer in Abteilungen Streikdelegierte gewählt werden, die dann auf bezirklicher Ebene zu Versammlungen zusammen kommen, um den Arbeitskampf von Anfang an demokratisch von unten zu gestalten. Aus den bezirklichen Versammlungen sollten jeweils Delegierte für eine bundesweite Streikdelegiertenversammlung gewählt werden. Derartige Delegiertenstrukturen sollten sowohl über die Streikstrategie und nächste Schritte im Arbeitskampf beraten, als auch über alle vorliegenden Angebote der Arbeitgeberseite, um zu entscheiden, ob ein Angebot annehmbar ist oder nicht. Dies sollte für die Bundestarifkommission bindend sein.

Vernetzung für kämpferische Politik

Anstatt vorauseilender Kompromisse und Sozialpartnerschaft braucht es eine kämpferische Strategie. Um einen kämpferischen Kurs wie auch demokratische Streikstrukturen durchzusetzen, sollten sich kämpferischen Kolleg*innen und Betriebsgruppen untereinander systematisch vernetzen, um Initiativen wie zum Beispiel für die Zusammenführung von Streiks zu starten und auch langfristig um einen politischen und personellen Wechsel in ver.di kämpfen. Dazu bietet das „Netzwerk für eine kämpferische und demokratische ver.di“ einen ersten Ansatz. Wir sind dabei offen für die Zusammenarbeit mit anderen Vernetzungen und Initiativen. Meldet euch und beteiligt euch an unseren Diskussionsangeboten.

Forderungsbeschluss

8% bzw mindestens 350 Euro (200 Euro für Auszubildende)

Unser Kritikpunkt: Auf vielen Versammlungen wurden höhere Festgeldforderungen gestellt, was auch aus unserer Sicht nötig gewesen wäre. Gefordert wird außerdem ein Volumen von 8 Prozent, bzw. mindestens 350 Euro. Hier sollten auch Erhöhungen für verschiedene Schichtzulagen eingerechnet werden, die aber nicht alle Kolleg*innen bekommen.

Arbeitszeit

Es werden drei zusätzliche freie Tage (plus ein weiterer freier Tag für Gewerkschaftsmitglieder) gefordert. Das ist aus unserer Sicht zu wenig. Außerdem wird ein Wahl-Modell unter dem Namen „Meine-Zeit-Konto“ geben. Hier sollen Kolleg*innen sich Lohnerhöhungen als freie Zeit gutschreiben können, was sich einerseits nicht alle leisten können, andererseits Flexibilisierungstendenzen verstärken kann. Aus unserer ist das kein guter Weg, um die derzeitige Misere und den Personalmangel in den meisten Bereichen des öffentlichen Dienstes zu bekämpfen.

Stattdessen halten wir die Forderung nach einer 35h-Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich für notwendig. Denn hiermit könnte eine dringend nötige Entlastung für alle Kolleg*innen – von den überlasteten Ämtern bis hin zu den Kitas usw. geschaffen werden: weniger Arbeitszeit für alle, ohne Lohnverzicht und gleichzeitig mit der festen Vereinbarung, entsprechend weiteres Personal einzustellen.

Bei aller Kritik setzen wir uns für die volle Durchsetzung der Forderungen ohne Kompensationen ein. Vor allem muss es deshalb auch darum gehen, diese Forderungen bei 12 Monaten Laufzeit durchzusetzen.