Berlin: Hunderte Beschäftigte bei Forderungsübergabe vor der BSR-Hauptverwaltung
Am 23. Januar 2025 trafen sich Kolleginnen und Kollegen aus vielen Berliner Betrieben vor der Hauptverwaltung der Berliner Stadtreinigung (BSR) in Tempelhof, Ringbahnstraße. Anlass war die Auftaktveranstaltung zu den diesjährigen Tarifverhandlungen im Öffentlichen Dienst, die am 24. Januar in Potsdam begannen.
von Georg Heidel, Berlin
Mehrere hundert Kollegen und Kolleginnen von der BSR, der Berliner Verkehrsgesellschaft (BVG) / BT, den Wasserbetrieben und der Krankenhausbewegung (Vivantes), sowie Aktivist*innen von „Berlin steht zusammen“ – einer Initiative, die die verschiedenen Berliner Tarifauseinandersetzungen unterstützen und ihre Forderungen im Wahlkampf politisch unterstützen wollen – waren vor Ort.
Dass die Versammlung in der Ringbahnstraße stattfand, hatte zwei Gründe:
Die BSR ist einer der am besten gewerkschaftlich organisierten Betriebe in Berlin und traditionell sehr kampfstark. Die Kollegen und Kolleginnen überreichten dem Personalvorstand der BSR (in anderen Betrieben Arbeitsdirektor genannt), Martin Urban, die Forderung aus den Reihen der BSR.
Besonders wichtig ist den Kolleg*innen eine deutliche Steigerung der Schicht- und Wechselschichtzulagen, die insgesamt bis zu 500 Euro ausmachen können. Die Forderung unterstützen weit mehr als die Hälfte aller Beschäftigten, zum Teil bis zu 70 Prozent allein von der Straßenreinigung. Die Gewerkschaft ver.di ging geschlossen mit der einheitlichen Forderung 8 Prozent Lohnsteigerung, mindestens 350 Euro monatlich am 24. Januar 2025 in die erste Verhandlungsrunde in Potsdam. Ein weiterer Grund für die Aktion war, dass der Personalvorstand der BSR eine zentrale Funktion auf der „Arbeitgeberseite“ bei den Tarifverhandlungen einnimmt und dort den KAV (Kommunalen Arbeitgeberverband) vertritt.
Die Stimmung war sehr gut und kämpferisch und die verlängerte Mittagspause dauerte fast zwei Stunden.
Die Kolleg*innen der Betriebe wiesen zu Recht darauf hin, dass sie es sind, die diese Stadt am Laufen halten und einen guten Job machen. Es geht in der Tarifrunde auch um die Sicherung der öffentlichen Daseinsvorsorge, die nicht zerstört werden soll.
„Ich glaube schon, dass genug Geld vorhanden ist und wir immer nur auf Sparflamme gehalten werden. Und wenn’s so weitergeht – immer nur Sparen, Sparen, Sparen – dann wird es diese Betriebe so irgendwann nicht mehr geben, weil wir zu Tode gespart worden sind“, so ein Teilnehmer aus der Versammlung.
„Hier in den Großstädten, da haben wir ja immer mit zu tun, dass mindestens ein Drittel des Einkommens für die Miete drauf geht.“
Der Zusammenhang von allgemeiner politischer Wetterlage und den Tariferwartungen wurde in fast allen Gesprächen deutlich. Es geht um mehr als bloße Einkommenssteigerungen, es geht auch um die Verteilung des Reichtums.
Die Reden auf der Versammlung griffen diesen Zusammenhang zum Teil auf. Die Beschäftigten sind es leid, dass ihre Einkommen schnell wegschmelzen. Sie wollen die Folgekosten einer desaströsen Politik und die Auswirkungen der kapitalistischen Wahnsinnsgerade der letzten Jahre (zum Beispiel extreme Rüstungsausgaben, Krankenhausschließungen, Wohnungsnotstand, marode Infrastruktur usw.) nicht mehr tragen wollen.
Dieser Zusammenhang muss ganz deutlich bei den Tarifauseinandersetzungen berücksichtigt werden. Der Autor dieser Zeilen wies in seinem Beitrag darauf hin, dass es nicht angehen könne, dass die Klasse der Lohnabhängigen, die Mehrheit der Bevölkerung, immer die Kosten für eine Politik für wenige da oben aufgehalst bekäme. Damit müsse Schluss sein.
Wer sich bei den anstehenden Verhandlungen auf einen „rein betriebswirtschaftlichen Argumentationsrahmen“ einlässt, der wird verlieren, weil ihm die Argumente ausgehen werden. Wesentlich ist: Die Forderungen sind finanzierbar, wenn die Super-Reichen und Banken und Konzerne zur Kasse gebeten werden. Und sie sind durchsetzbar, wenn die gesamte Kampfkraft der Beschäftigten in die Waagschale geworfen wird und das Mittel des Erzwingungsstreik nicht nur als Drohkulisse dient. Als Personalvorstand Urban sich bemühte, den Beschäftigten zu erklären, dass bisher noch nie eine gewerkschaftliche Forderung eins zu eins umgesetzt werde, rief ihm ein Kollege zurecht zu: „Es gibt immer ein erstes Mal!“
Es ist auch wichtig, dass die Forderungen der Kolleginnen und Kollegen in einen Zusammenhang gestellt werden: Wenn zum Beispiel die Rüstungsindustrie in Folge wieder extreme Gewinne verzeichnen kann, dann muss gefragt und gesagt werden, wer von solchen Verhältnissen profitiert. Wenn die Mieten einen Großteil des Einkommens zu Gunsten von Aktienhaltern aus Hedgefonds ausmachen, dann müssen die Gewerkschaften innerhalb und außerhalb der Betriebe dafür mobilisieren, dass diesen der Garaus bereitet wird.
Der Wind wird in den nächsten Jahren rauer, sorgen wir dafür, dass er diesmal den Profiteuren von sozialer Ungleichheit und Armut ins Gesicht weht. „Zusammen geht mehr!“