Gesundheit statt Profite

Weg mit der Zwei-Klassen-Medizin

Krankenhäuser schließen, Praxen fehlen, der Rettungsdienst ist überlastet, immer mehr Pflegekräfte verlassen ihren Beruf und eine Besserung ist nicht in Sicht. Wenn einmal in der Presse über das Gesundheitssystem berichtet wird, sind es schlechte Nachrichten. Man erfährt von Einsätzen der Feuerwehr und Polizei in Pflegeheimen, weil die alleingelassene Pflegekraft die Gesundheit der Bewohner*innen nicht sichern kann. Man liest von steigenden Beitragssätzen für die gesetzliche Krankenkasse und den Milliarden, die die Krankenhausreform schlucken soll.

Von Anne Pötzsch, Pflegekraft und Medizinstudentin, Sol Dresden

Im Kreis Herford in NRW wird zum 01.02.2025 der kinderärztliche Notdienst eingestellt. Grund dafür ist der Personalmangel bei den Ärzt*innen. Eltern aus dem Landkreis in NRW können künftig am Abend, in der Nacht oder am Wochenende nur noch eine der wenigen überlasteten Kindernotaufnahmen aufsuchen. Als Kompensation möchte die Politik eine Videosprechstunde für besorgte Eltern anbieten. Wo das Personal für die Telemedizin herkommt, bleibt fraglich. Schließlich könnte dann dieses Personal auch direkt den Notdienst besetzen und adäquate Medizin vor Ort machen.

Der Kollaps ist schon längst da

Die Präsidentin des Deutschen Roten Kreuzes, Gerda Hasselfeldt, warnte Ende vergangenen Jahres vor einem bevorstehenden Kollaps in der Pflege. Es fehle an Personal und die Kosten für Pflegebedürftige stiegen immer mehr. Doch bereits seit Jahren fehlt es überall an Pflegepersonal – das noch tätige Personal gerät in Burnouts, Überlastung und verlässt den Beruf oft nach wenigen Jahren. Der Selbstanteil für die stationäre Pflege von Senior*innen beträgt im Schnitt 2600 Euro, weit oberhalb der durchschnittlichen Rente von 1550 Euro. Für Praxen, vor allem in Kleinstädten und Dörfern, finden die in Rente gehenden Ärzt*innen keinen Nachwuchs und müssen die Praxen schließen. Damit verlieren Menschen außerhalb von Ballungsgebieten immer mehr eine wohnortnahe Versorgung. Termine bei Fachärzt*innen bekommt man auch in Städten nur mit Wartezeiten von Monaten bis ein Jahr. Plätze für eine Psychotherapie sind für gesetzliche Versicherte oft überhaupt nicht erreichbar.

Profite sind das Problem

Durch Privatisierungen liefert der Staat die Gesundheitsversorgung der Profitgier aus. In dem Moment, wo die Fürsorge zum Erwirtschaften von Profit dient, gibt es keine Fürsorge mehr. Die Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen für Medikamente im Jahr 2023 lag bei fünfzig Milliarden Euro, die zweitgrößte Ausgabe für die GKV nach den Krankenhäusern. 2006 waren es noch 25 Milliarden Euro. Eine Verdopplung, die vor allem den Pharmakonzernen horrende Profite bringen. Konzerne machen durch Krankheit, Pflegebedürftigkeit und Tod jährlich Milliardengewinne, während für die Steigerung von Profiten die Qualität abgebaut und Personal reduziert werden.

Die Forderungen der Sol

Die Sozialistische Organisation Solidarität fordert eine vollständige und kostendeckende Finanzierung der Krankenhäuser und Heime. Die Fallpauschalen müssen vollständig abgeschafft werden. Profitmöglichkeiten und Privateigentum müssen vollständig aus dem Gesundheitswesen verschwinden. Alle privaten Einrichtungen, ob Krankenhaus oder Pflegeheim, müssen in öffentliches Eigentum überführt werden, ehemals städtische Krankenhäuser gehören rekommunalisiert. Zudem braucht es flächendeckende ambulante Gesundheitszentren.

Alle Einrichtungen gehören unter die demokratische Kontrolle und Verwaltung von Beschäftigten, Gewerkschaften, Kommunen und Patient*innen. Die gesetzlichen und privaten Krankenkassen müssen zu einer Kasse für alle zusammengeführt werden. Langfristiges Ziel sollte ein steuerfinanziertes öffentliches Gesundheitswesen sein, welches für jeden Menschen frei zugänglich ist.

Der Staat muss in Milliardenhöhe ins Gesundheitswesen investieren – anstatt in Rüstung und Krieg. Diese Investitionen können durch eine Wiedereinführung der Vermögenssteuer und eine höhere Besteuerung von Unternehmensgewinnen ermöglicht werden. Die Pharmaindustrie und Medizinforschung müssen in öffentliches Eigentum bei demokratischer Kontrolle und Verwaltung durch Beschäftigte, Gewerkschaften, Wissenschaftler*innen und Staatsvertreter*innen überführt werden. Das wäre die Voraussetzung dafür, dass alle notwendigen Medikamente auch in ausreichender Zahl hergestellt werden und der immer wieder auftretende Medikamentenmangel beendet wird, die Preise massiv gesenkt werden können und volle Transparenz über Wirkstoffe und mögliche schädliche Nebenwirkungen hergestellt wird.

Im Gesundheitswesen müssen in allen Bereichen mehr Stellen finanziert werden. Es braucht sofort eine Ausbildungsoffensive aller medizinischen Berufe – finanziert durch den Bund und die Länder. Die Arbeitsbedingungen müssen sich drastisch verbessern. Durch eine bedarfsgerechte gesetzliche Personalbemesssung und eine Reduzierung der Arbeitszeit bei vollem Lohn- und Personalausgleich, kann die Belastung der Arbeiter*innen im Gesundheitswesen deutlich reduziert werden.